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Stand: 25. Januar 2020

Laufsport und Immunsystem

Laufsport und Immunsystem

1. Instanzen des Immunsystems

2. Reaktion des Immunsystems auf Ausdauersport

3. Maßnahmen zur Stärkung des Immunschutzes


Verwendete Literatur

Bildnachweis

Laufsport und Immunsystem zum Seitenanfang

Vielfach wirst du lesen, dass Sport im Allgemeinen und Ausdauersport im Besonderen zur Stärkung der körpereigenen Abwehr beiträgt. Andererseits machen Läufer nicht selten die Erfahrung, sich infolge Intensivierung ihres Trainings oder nach hartem Wettkampf eine Erkältung „einzufangen“. Wie geht das zusammen? Die nachstehenden Abschnitte verfolgen die Absicht diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen. Am Anfang steht eine (knapp gefasste) Vermittlung von Basiswissen zum „Schutzschild“ des menschlichen Körpers. Auf dieser Grundlage lassen sich die „Antworten“ des Immunsystems auf sportliche Belastungen verstehen. Den abschließenden Schwerpunkt bilden Hinweise zur Vermeidung von Infekten, um von der behaupteten Festigung der Krankheitsabwehr durch Ausdauersport tatsächlich profitieren zu können.

Es ist im Rahmen dieser Darstellung weder möglich, noch für die Zwecke von Läufern notwendig, die hochkomplexen „Mechanismen“ der Immunabwehr in allen Einzelheiten, ihrer gegenseitigen Verflechtung und Wirkungsweise zu erläutern. Gleichwohl solltest du den grundsätzlichen Aufbau des Immunsystems kennen, um dich als Läufer beim Training, wie auch im übrigen Leben vor Erkrankungen schützen zu können. Wo möglich wird bei der Schilderung der Sachverhalte auf medizinisches „Fachchinesisch“ verzichtet.

1. Instanzen des Immunsystems zum Seitenanfang

Der menschliche Organismus hat sich der ständigen Invasion von Bakterien, Viren und Pilzen aus der Umwelt zu erwehren. Dabei befindet er sich in einem labilen Gleichgewichtszustand, der über Gesundheit und Krankheit entscheidet. Um Eindringen und Ausbreitung fremder Substanzen abzuwehren, steht dem Körper ein System aus hintereinander gestaffelten und gleichzeitig wirkenden Abwehrinstanzen zur Verfügung.

1.1 An der Front: Haut und Schleimhäute als Bollwerk gegen Keime zum Seitenanfang

Als sehr wirksame Barriere blockieren Haut und Schleimhäute – die so genannten Grenzflächen – den Weg ins Innere des menschlichen Körpers. Schleimhäute weist der Organismus in den Atemwegen (Nase, Mund, Rachen, Luftröhre, Lunge) auf, im Magen-Darmbereich sowie im Urogenitaltrakt. Für die Gesundheit von Sportlern scheinen vor allem die Schleimhäute der Atemwege bedeutsam, weil Infektionen in diesem Bereich zu den häufigsten Ursachen von Trainingspausen gehören.

Die Abwehr von Keimen erfolgt an den Grenzflächen durch dreierlei Taktiken:

Physikalisch abwehren bedeutet: Unverletzte menschliche Haut bildet einen sehr effektiven, mehrere Zellschichten dicken Panzer, den die meisten Mikroben nicht durchdringen können. Mechanische Schutzmaßnahmen hält der Körper auch im Bereich der Atemwege bereit: Schleim und Flimmerhärchen können eingedrungene Fremdkörper abfangen und wieder nach draußen befördern. Dieselbe Absicht verfolgt das Nervensystem mit dem Hustenreflex.

Zur chemischen Abwehr überzieht sich die Haut mit einem über die Schweißdrüsen gespeisten Säuremantel, der die Ansiedelung von Mikroorganismen hemmt. In Nasensekret, Speichel und Tränenflüssigkeit schaffen vom Körper selbst produzierte Wirkstoffe ein „vergiftetes Klima“, in dem das Andocken feindlicher Keime unterdrückt wird.

Als biologisch verteidigende „Armee“ erlaubt der Körper harmloseren Keimen die Besiedelung der Haut. Diese willkommenen Mikroorganismen leben auf toter organischer Substanz (z.B. abgestorbene Hautschuppen) und fressen potenziell gefährlichen Feindmikroben die Nahrung weg.

1.2 Doppelstrategie des Körpers gegen eingedrungene Feinde zum Seitenanfang

Gelingt es Bakterien, Viren oder Pilzen den äußeren Abwehrschild – die Grenzflächen – zu überwinden, so stemmt sich ihnen ein hochkomplexes Wirksystem aus chemischen „Kampfstoffen“ und Fresszellen entgegen. Dabei gilt es zwischen unspezifischen (angeborenen) und spezifischen (erworbenen) Abwehrkräften zu unterscheiden.

Das unspezifische Immunsystem wird genetisch übermittelt, steht infolgedessen ohne vorherige Infektion jedem Menschen von Geburt an zur Verfügung*. Es wirkt gegen die ganze Bandbreite von Mikroorganismen, die den menschlichen Organismus bedrohen. Überstandene Infektionen führen zu keiner Verbesserung der Widerstandsfähigkeit (Resistenz) der unspezifischen Abwehr.

Das spezifische Immunsystem richtet sich gegen bekannte Eindringlinge. Anlässlich erstmaligen Kontakts entwickelt es eine genau auf den Erreger abgestimmte Abwehrtaktik. Als ein Ergebnis bilden sich hierbei die so genannten Antikörper. Voraussetzung für das Funktionieren der spezifischen Immunantwort ist eine (abgeklungene) Infektion mit dem betreffenden Erreger. Folglich ergibt sich eine Verbesserung der Resistenz nach wiederholter Infektion. Für jeden besiegten Typ von Krankheitskeimen werden Gedächtniszellen erzeugt, die bei erneuter Infektion mit demselben Erreger eine rasche spezifische Immunreaktion auslösen und so den Ausbruch der Krankheit stoppen.

Die getrennte Darstellung von angeborener und erworbener Abwehr ist nur auf dem „Papier“ möglich. Im Körper unterstützen sich die Abwehrsysteme gegenseitig. Erst die Verflechtung ihrer Strategien gewährleistet einen raschen, erfolgreichen „Feldzug“ gegen Körperfeinde. Das unspezifische Immunsystem bildet für etwa 96 Stunden die erste innere Verteidigungslinie gegen unbekannte Keime. In dieser Zeit schafft es die Voraussetzung für den Einsatz der spezifischen Abwehr, die danach zusätzlich einsetzt. Wie in den weiterführenden Abschnitten beschrieben, dämpfen (sportliche) Ausdauerbelastungen in erster Linie die unspezifische und damit die „Sofort-Anwort“ des Immunsystems.

Am Verlauf eines Infekts der oberen Atemwege (Erkältung ohne Fieber) lässt sich die erfolgreiche „Arbeit“ des eigenen Immunsystems in ihren Phasen gut verfolgen: In den ersten vier Tagen flammt die Infektion im Rachen auf und greift danach von der Rachenschleimhaut („Halsschmerzen“) ggf. auf die Nasenschleimhaut über („Schnupfen“ oder „laufende Nase“). Nach 4 bis 5 Tagen zeigt sich eine durchgreifende Besserung der Symptome bis hin zum völligen Verschwinden aller Beschwerden nach ungefähr einer Woche.

Dass eine Immunisierung gegen Erkältungen nicht dauerhaft anhält, liegt an der Wandelbarkeit der Erreger, die ihr Genmaterial durch Mutation verändern. Eine hierdurch entstehende neue Erregerpopulation ist dem Körper unbekannt.


*) Das unspezifische Immunsystem reift in den ersten Lebensjahren zu voller Stärke heran. In der frühkindlichen immunologischen „Unerfahrenheit“ oder „Unreife“ ist der Grund für häufige Infekte von Kleinkindern zu sehen.

1.3 Chemische und biologische Kriegführung gegen Keime zum Seitenanfang

Das „Waffenarsenal“ beider Immunantworten (spezifisch und unspezifisch) ist enorm vielfältig. Es lässt sich in das humorale Immunsystem und Immunzellen unterteilen.

Humoral bedeutet, dass es sich um chemische Stoffe handelt, die in Blut und Lymphflüssigkeit gelöst sind. Diese Stoffe richten sich entweder als Gifte direkt gegen den Erreger, um ihn abzutöten (z.B. Antikörper) oder sie stellen Botenstoffe dar, die andere Teile der Abwehr aktivieren.

Immunzellen – von denen es diverse Arten gibt – umschließen den Erreger entweder und „fressen“ ihn auf, oder sie stellen Kontakt her, um ihn abzutöten. Das „Auffressen“ hat eine Zerlegung in unschädliche Fragmente zum Ziel. Bekannter sind Immunzellen unter den Begriffen „weiße Blutkörperchen“ oder „Leukozyten“.

Die folgende (unvollständige) Tabelle 1 listet Immunzellen auf, deren Reaktion auf sportliche Belastungen im nächsten Abschnitt betrachtet werden:

Zellart Aufgabe Spezialisierung?
Neutrophile Granulozyten (kurz: Neutrophile) „Auffressen“ von Bakterien, Viren und Pilzen im Blut Nein: unspezifisch / angeboren
T-Lymphozyten u.a. Abtötung infizierter Körperzellen Ja: spezifisch
Natürliche Killerzellen (NK) Abtöten von Körperzellen, die von Viren befallen sind Nein: Unspezifisch / angeboren

Tabelle 1: Abwehrzellen des Immunsystems

2. Reaktion des Immunsystems auf Ausdauersport zum Seitenanfang

Welches Verhalten in welcher konkreten Situation ist der Läufergesundheit förderlich? Die Frage soll auf der Grundlage gesicherter medizinischer Erkenntnisse beantwortet werden. Die Forschung konzentriert sich dabei auf die Sofortreaktion des Immunsystems bei einsetzender Belastung, das Abwehrverhalten der Immunzellen nach dem Training und die langfristige Veränderung der Körperabwehr eines dauerhaft Sporttreibenden.

2.1 Immunantwort während und nach der Trainingseinheit zum Seitenanfang

„Akute Phase“ nach Beginn der Trainingseinheit

Binnen weniger Minuten nach Beginn eines Trainingslaufs steigt die Konzentration von Immunzellen (= weiße Blutkörperchen) im Blut dramatisch an (Bild 1). Ausgelöst wird dieser Vorgang einerseits von steigenden Werten für Blutdruck und Herzfrequenz. Verursachend sind weiterhin die jetzt vermehrt vom vegetativen Nervensystem ausgeschütteten Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Die Stresshormone erfüllen nicht nur ihre Hauptaufgabe – Herstellen der körperlichen Leistungsfähigkeit –, sie alarmieren auch das Immunsystem. In Ruhe patrouilliert etwa die Hälfte der Immunzellen mit dem Blut im Körper. Die andere Hälfte „klebt“ als „Kampfreserve“ an den Wänden der Blutgefäße. Durch den Anstieg des Stresshormonspiegels lösen sich die meisten der an den Gefäßwänden „geparkten“ Reservezellen und mischen sich in den Blutstrom. Davon sind alle Arten der Immunzellen betroffen, also auch Neutrophile (blaue Kurve in Bild 1) sowie natürliche Killerzellen und T-Lymphozyten (orange Kurve in Bild 1)*. Neben der Zellmobilisierung werden diverse Botenstoffe des Immunsystems freigesetzt (nicht im Bild dargestellt). Insgesamt wird der sportlich geforderte Körper in einen Abwehrzustand versetzt, wie er ihn auch bei akuten Entzündungen einnimmt. Das Immunsystem stellt „volle Kampfbereitschaft“ her, um negative Auswirkungen der Belastung (bestimmte Stoffwechselprodukte und geschädigte Gewebe) ausräumen oder reparieren zu können. Je länger die Belastung anhält, umso höher steigt die Konzentration der Immunzellen im Blutstrom (Bild 1). Neben der Trainingsdauer ist die Zellkonzentration auch sehr stark von der Trainingsintensität (= Lauftempo) abhängig (strichpunktierte Linien in Bild 1).

Die vehement ansteigende Zahl von Immunzellen im Blut darf nicht als krankhaft oder Eingehen eines unnötigen Risikos missverstanden werden. Der Organismus mobilisiert auf diese Weise seine Abwehr gegen körpereigene Schadstoffe, die während der Belastung vermehrt anfallen. Dies geschieht infolge aller Ausdaueranstrengungen, von denen Sport nur eine Variante darstellt.


*) Hinweis: Die in Bild 1 blau und orange dargestellten Zellkonzentrationen sind zueinander nicht im korrekten Maßstab wiedergegeben. Die Kurven verdeutlichen lediglich Vermehrungstendenzen.

Nachbelastungsphase

Schließt der Läufer seine Trainingseinheit ab, dann endet auch die vermehrte Hormonausschüttung. Die Blutwerte der Stresshormonkonzentrationen sinken innerhalb weniger Minuten auf Normalmaß ab. Auch Herzfrequenz und Blutdruck fallen rasch ab. Das Immunsystem beendet infolgedessen seinen „Alarmzustand“, die Abwehrzellen docken nach und nach wieder an die Gefäßwände an. Ungefähr eine halbe Stunde nach Abbruch der Belastung erreicht die Konzentration der Abwehrzellen im Blut den Anfangszustand (Bild 1).

Durch die Langzeitwirkung vor allem des Cortisols kommt es jedoch alsbald zu einem neuerlichen Anstieg der Neutrophilen. Dabei handelt es sich um Zellen, die verzögert (ca. 2 Stunden) aus dem Knochenmark einströmen (Bild 1). Zugleich vermindert sich die Zahl der übrigen Abwehrzellen unter Normalmaß (orange Kurve). Darüber hinaus ist von einer Reduzierung der Beweglichkeit und Wirksamkeit der Abwehrzellen insgesamt auszugehen. Die Summe dieser Effekte wird als „Open Window Effekt“ zusammengefasst. Das „offene Fenster“ bezeichnet eine Schwächung der Abwehrbereitschaft des Körpers. Sie beginnt kurz nach Trainingsende und währt mehrere Stunden (je nach Belastung durch die Trainingseinheit bis zu zwei Tagen). So lange diese „Bresche in der Immunmauer klafft“ haben es Keime leichter sich im Organismus krankhaft einzunisten.

Nimmt ein Läufer während des Trainings Kohlenhydrate zu sich (z.B. im Getränk), dann fällt die Immunantwort des Körpers weniger überschießend aus (Bild 1, gestrichelte blaue Linie während der Regeneration). Doch nicht nur das Ausmaß des Neutrophilenanstiegs verringert sich, auch die angesprochene Einschränkung der Wirksamkeit der Abwehrzellen fällt nicht so stark aus. Um im Bild zu bleiben: Mit Kohlenhydratgenuss beim Training öffnet sich das „Open Window“ nach dem Training nur einen Spalt breit, ohne Kalorienzufuhr steht es dagegen sperrangelweit offen.

Immunsystem bei längeren Belastungen

Dauert eine Trainingseinheit länger als etwa zwei Stunden, kommt es nach Belastungsende zu keinem raschen Abfall der Neutrophilen mehr (blaue Kurve in Bild 2). Ursächlich dafür ist die oben beschriebene Mobilisierung von Neutrophilen im Knochenmark, die in diesem Fall bereits vor Trainingsende einsetzt. An den sonstigen Verhältnissen, insbesondere dem Einsetzen des so genannten „Open Window“ ändert sich nichts.

Anstieg der Zellkonzentration während der Belastung

Wie in Bild 1 und 2 erkennbar, hängt der Anstieg der Abwehrzellen stark von der Trainingsdauer ab. In Bild 1 ist zudem angedeutet, dass der Anstieg der Zellkonzentrationen bei weniger intensivem Training (= geringerem Tempo) flacher verläuft (gestrichelte Kurven während der Belastungsphase). Am Beispiel der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) verdeutlicht Bild 3 diese Abhängigkeit genauer. Mehr Tempo hat eine vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen zur Folge (gelbe und lila Balken), woran sich auch die Zahl der Abwehrzellen im Blut orientiert (rote Balken links).

Erläuterung der Darstellung: In Bild 3 sind die Blutwerte bei 80, 100 und 110 % der „individuellen anaeroben Schwelle“ (IAS)* dargestellt. Wer nicht weiß, was es mit der IAS auf sich hat, kann sich an folgender Tempozuordnung orientieren:

80 % IAS:  extensiv, lockerer Dauerlauf 
100 % IAS:  intensiv, schneller Dauerlauf  
110 % IAS:  hochintensiv, Tempodauerlauf (z.B. 5 km-Wettkampf) 

Die Balkendiagramme in Bild 3 zeigen, dass die immunologische Belastung – kenntlich am Anstieg der NK-Zellen – den Werten der Stresshormone folgt. Darüber hinaus machen sie deutlich, dass hochintensive Tempodauerläufe und Wettkämpfe (110 % IAS) das Immunsystem überproportional beanspruchen.

Fasst man alle bisher vorliegenden Forschungsergebnisse zusammen, so lässt sich für die in Tabelle 2 aufgelisteten Trainingsgeschehen eine besondere immunologische Belastung prognostizieren:

Belastung Trainingsform / Wettkampf
Erschöpfende Dauerläufe von mehr als 1,5 bis 2 Stunden Langer Trainingslauf, Halbmarathon-, Marathon- oder Ultrawettkampf
Dauerläufe mit hoher Intensität Tempodauerläufe im Training, Wettkämpfe 3 bis 10 km
Längere Belastungen mit hoher anaerober Komponente Intensives Intervalltraining oder Fahrtspiel

Tabelle 2: Trainingsformen mit negativer Wirkung auf das Immunsystem


*) Für Interessierte: Definition und Bedeutung der IAS (oft auch als „IANS“ bezeichnet) sind auf unserer Seite unter der Thematik „Laktattest und andere Leistungsanalysen“ zu finden.

2.2 Langzeitwirkung (Stärkt Ausdauersport das Immunsystem?) zum Seitenanfang

Grundsätzlich stärkt maßvolles Ausdauertraining die Widerstandsfähigkeit des Organismus. Übersteigt der Trainingsaufwand eines Sportlers jedoch die gewohnte und damit gut verträgliche Belastung über längere Zeit, dann wächst auch das Infektrisiko. Untersuchungen an wenig aktiven Menschen, Freizeit- und Leistungssportlern haben diesen als so genannte „J-Kurve“ bekannt gewordenen Zusammenhang nachgewiesen (siehe Bild 4).

„Es zeigt sich, dass wenig aktive Personen eine höhere Zahl an Erkältungskrankheiten aufweisen als Freizeitsportler, aber weniger als Elitesportler. … Die erhöhte Infektanfälligkeit von Leistungssportlern ist, nach den Verletzungen des Bewegungsapparates, die zweithäufigste Ursache für Trainings- und Wettkampfausfälle.“ [1, Seite 240]

Die geringere Infektanfälligkeit in der Gruppe der Freizeitsportler ist auf die regelmäßige Stimulation des Immunsystems infolge moderater Trainingsbelastung zurückzuführen. Die in Bild 4 tendenziell dargestellten Forschungsergebnisse beziehen sich zwar nur auf Erkrankungen der oberen Atemwege (Erkältungen, grippale Infekte). Es ist jedoch davon auszugehen, dass die gestärkte körpereigene, spezifische und unspezifische Abwehr auch gefährlichere Erkrankungen (z.B. Krebs) eher in Schach halten kann.

Die höhere Infektanfälligkeit bei hoher Trainingsbelastung erklären Buhl und Weber mit dem erschöpfenden Energieverbrauch der Arbeitsmuskulatur. Energie, die danach dem „Antrieb“ der aktiven Zellen des Immunsystems fehlt.

„Die Energie wird für die laufende Belastung benötigt, dann steht sie der Immunabwehr nicht zur Verfügung. Damit muss mit entsprechenden Abstrichen bei der Abwehrfunktion gerechnet werden.“

Im weiteren Verlauf desselben Textes:

„Glutamin ist die zweite wichtige Energiequelle der sich rasch teilenden und vermehrenden Leukozytenpopulationen. Bedeutender Syntheseort für Glutamin ist aber die Muskulatur. Im Falle intensiver körperlicher Leistungen verbraucht der Muskel sowohl Glukose als auch Glutamin. Beide Substrate fehlen daher den Zellen des Immunsystems und können als Ursache für eine erhöhte Infektanfälligkeit … infrage kommen.“

Auch der bei Langzeitausdauerbelastungen (Marathon, Ultrawettkämpfe) auftretende Eiweißmangel hemmt das Immunsystem. Deshalb sollte bei häufigen, längeren Belastungen auf den Genuss von Lebensmitteln geachtet werden, in denen ausreichend hochwertiges Eiweiß enthalten ist.

Lauftraining des Freizeitsportlers

Die Kategorie „moderate bzw. maßvolle Trainingsbelastung“ lässt sich nicht für alle Menschen/Sportler in Form von Trainingstagen pro Woche, Laufdauern und Lauftempi vereinheitlichen. Sie ist nicht einmal bezogen auf einen bestimmten Läufer in gegebener Lebenssituation festlegbar. Das liegt vor allem daran, dass sich Immunität und der Zustand „Gesundheit“ nicht in Messwerten angeben lassen. Holger Gabriel schreibt dazu:

„Eine für alle Altersgruppen und alle Lebensumstände einheitliche Empfehlung für das Maß an optimaler körperlicher Aktivität ist nicht möglich. Ausgehend von gesunden … Menschen kann für Schulkinder und Jugendliche gelten: Möglichst mehr als eine Stunde pro Tag …, möglichst in Naturverbundenheit, körperlich aktiv zu sein. Prinzipiell gilt dies auch für Erwachsene. … ein Optimum für Sporttreibende (liegt) bei der Verbrennung von 1200 – 2000 kcal pro Woche.“ [5, Seite 414]

Erhebt sich die Frage, wie jemand laufen muss, um 1.200 bis 2.000 kcal pro Woche umzusetzen. Darauf gibt es viele Antworten, denn der wöchentliche Kalorienverbrauch durchs Laufen hängt von der Anzahl der Joggs, dem dabei eingeschlagenen Tempo, der Geländebeschaffenheit, der Laufdauer und nicht zuletzt vom Körper selbst ab (Gewicht, Größe, u.a.). Holger Gabriel legt sich hinsichtlich der Wiederholungen und Laufdauer so fest:

„… an den meisten Tagen der Woche zwischen 30 und 45 Minuten …“ (5, Seite 415)

Ein Beispiel:

Eine 40jährige Frau ist 170 cm groß und wiegt 60 kg. Joggt sie mit etwa 6 min/km, dann verbraucht sie ungefähr 300 kcal pro halbe Stunde. Mit 4 x 30 min pro Woche läge die Dame folglich am unteren Rand des oben zitierten „Optimums für Sporttreibende“. 1.800 kcal Energie setzte die Frau frei und bliebe damit immer noch unter dem oberen Richtwert, wenn sie 4 x 45 min laufend unterwegs wäre.

Absolviert dieselbe Frau ihre Läufe bei schnelleren 5 min/km, dann erhöht sich ihr Energieumsatz auf ca. 350 kcal pro halbe Stunde. Zum Vergleich: Ein Mann setzt unter diesen Bedingungen etwa 20 kcal pro halbe Stunde mehr um.

Um dir etwaige Schlussfolgerungen hinsichtlich deiner Laufplanung zu erleichtern, hier noch ein paar Hinweise:

Lauftraining des Leistungs- und Spitzensportlers

Die „immunologische Grundausstattung“ eines Menschen, also auch diejenige von extrem leistungsorientiert trainierenden Sportlern, ist genetisch festgelegt. Wie häufig jemand erkrankt, ergibt sich also zunächst aus seinem individuellen „Immunschutzfaktor“, der sich jedoch nicht beziffern lässt. Neben den für jedermann hinzunehmenden Ursachen für Infekte (z.B. die Ansteckung anlässlich unumgänglicher sozialer Kontakte) lassen sich für die erhöhte Anfälligkeit von Leistungs- und Spitzensportlern folgende Gründe aufzählen (siehe auch [1], Seite 242):

Erkranken Leistungs- oder vermehrt laufende Freizeitsportler zwangsläufig häufiger als moderat trainierende oder Nichtsportler?

Die von der J-Kurve (Bild 4) transportierte Wahrheit ist eine statistische Wahrheit. Nach Untersuchung entsprechend großer Personengruppen, die gar nicht, moderat oder viel trainieren, ergaben sich die in Bild 4 dargestellten Häufigkeiten von Erkrankungen. Wie ein bestimmter Mensch – beispielsweise du! – immunologisch reagiert, lässt sich nicht vorhersagen. Deshalb werden weiterhin moderat trainierende – also in dieser Hinsicht gesund lebende – Sportler an Infekten erkranken, während mancher Sportmuffel oder exzessive Ultraläufer sich einer eher unanfechtbaren Gesundheit erfreut.

An mir selbst habe ich über mehrere Jahrzehnte als Freizeitläufer und zuletzt im Leistungsport folgende „Gesetzmäßigkeiten“ wahrgenommen:

3. Maßnahmen zur Stärkung des Immunschutzes zum Seitenanfang

Niemandes Gedanken sollten und brauchen ständig um die Vermeidung von Krankheiten zu kreisen. Zumal das Ziel gesund zu bleiben die Aufgabe der körpereigenen Abwehr ist, die sie üblicherweise gut erfüllt. Die folgenden Abschnitte wollen daher nicht „disziplinieren“ noch in irgendeiner Weise verunsichern. Sie sollen lediglich jenen Läufern, die mit ihrem Immunschutz unzufrieden sind, Hilfestellung leisten, um immunologisch kritisches Verhalten erkennen und vermeiden zu können. Darüber hinaus wenden sich die Hinweise vor allem an fordernd trainierende Läufer, die das Risiko von Infekten – insbesondere in den letzten Wochen vor dem Wettkampf – senken wollen.

3.1 Gesundheitsbewusst leben zum Seitenanfang

Die Immunität des Organismus wird durch vielerlei Verhaltensweisen in der Lebensführung gestärkt oder geschwächt. Manche der im Sinne des Abwehrschutzes „schlechten“ Angewohnheiten lassen sich relativ einfach abstellen, so etwa zu schlampiges Händewaschen. Wo es einer grundsätzlichen Korrektur der Lebensweise bedarf, sind allerdings vermehrte Anstrengungen und möglicherweise harte Kämpfe mit sich selbst erforderlich.

Ernährung und Schlaf

Das gilt zum Beispiel für

beides von grundlegender Bedeutung für den Schutz vor Erkrankungen. Oft fehlt die Einsicht und damit der Antrieb zu Veränderungen, weil Infekte nicht als unmittelbare Folge einer schlechten Ernährungssituation oder verzögerter Regeneration mangels Schlaf erlebt werden können. Darüber hinaus wird sich eine spürbare Verbesserung des Immunschutzes infolge Verhaltensänderung kaum eher als mittel- oder langfristig einstellen. Erst rückblickend, nach vielen Monaten oder mehreren Jahren, kann ein Mensch am eigenen Leib feststellen, dass er Bakterien und Viren weniger häufig zum Opfer gefallen ist als in der Zeit vor der Veränderung seiner Lebensverhältnisse.

„Gesunde Ernährung“ meint eine bedarfsgerechte Zusammensetzung der Mahlzeiten, die den Sportler mit allen Nährstoffen – Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße, Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und Wasser (!) – in ausreichender Menge versorgt. Insbesondere wertvolle Eiweiße und Mikronährstoffe werden zur Bildung von Abwehr- und Botenstoffen, sowie zur stetigen Neuproduktion von Immunzellen benötigt.

Angenommen, ein Sportler ernährt sich vollwertig und damit gesund, dann ist der Tageskalorienbedarf, also die übliche Ernährung, ausreichend, um seinen Körper mit allen Nährstoffen in ausreichender Menge zu versorgen. Eine Nahrungsergänzung mit Vitaminpräparaten oder Mineralstoffen ist lediglich von umfänglich trainierenden Läufern ins Auge zu fassen, die beispielsweise mehr als 100 Wochenkilometer abspulen. Marathonläufer im Freizeitbereich gehören in aller Regel nicht zu diesem Personenkreis.

Bedarfsgerechte Ernährung wird auf unserer Seite unter folgendem Link näher erläutert:

„Ausreichend Schlaf“ braucht der Organismus, weil bestimmte Regenerationsprozesse nur im Schlaf ungestört ablaufen können. Zudem produziert der Körper das Wachstumshormon „Somatropin“ überwiegend in bestimmten Schlafphasen. Somatropin benötigt der erwachsene Körper unter anderem zur Reparatur von Zell- und Gewebeschäden. Schadereignisse, die bei sportlich aktiven Menschen vermehrt vorkommen. Dieser Sachverhalt erklärt den nachgewiesenen Zusammenhang zwischen vermehrter Verletzungsanfälligkeit eines Sportlers und chronischem Schlafmangel.

Hygiene und Gesundheitsvorsorge

Häufig schaden wir uns infolge Nachlässigkeit, Zeitmangel oder auch irreführender Werbung durch Unterlassen oder Übertreiben. Achten solltest du insbesondere auf:

Vermeidung übertriebener Hygiene

Dein Immunsystem kommt mit der „verkeimten Umwelt“ sehr gut zurecht. Mehr noch: Es braucht die Attacken von Bakterien, Viren und Pilzen in gewissem Umfang als ständiges Training. Dieses Immuntraining ist vor allem für Kinder wichtig, deren spezifischer und unspezifischer Schutz sich in den ersten Lebensjahren weiter aufbaut und vervollkommnet. Im Sinne eines hohen Immunschutzes im Erwachsenenalter ist es kontraproduktiv, ja ungesund, Kindern und dem bereits ausgereiften Menschen die Immunstimulation infolge peinlichst betriebener Hygiene vorzuenthalten. Kinder müssen draußen spielen und sollen sich dabei schmutzig machen. Sie sollen mit Keimen in Berührung kommen. Das gilt auch für ihr Zuhause. Entgegen verdummender Werbeaussagen haben Desinfektionsmittel bei der Reinhaltung der Wohnung nichts zu suchen. Sie gehören weder ins Wischwasser, noch als so genannte „Hygienespüler“ in die Waschmaschine. Auch eine desinfizierende „Sonderbehandlung“ des Toilettenbereiches ist nicht nur überflüssig, sondern schädlich. Übliche Reinigungsmittel genügen vollkommen, um den hygienischen Anforderungen im Haushalt Rechnung zu tragen.

Auch die Körperhygiene kennt Übertreibung. Wie unter „1.1 … Haut und Schleimhäute …“ dargestellt, bewahrt ein Säuremantel die Haut vor Ansiedlung von Keimen. Menschen mit Waschzwang – gleich, ob an den Händen oder durch zu häufiges Duschen/Baden – zerstören den Hautschutz und erleichtern so Bakterien und Viren das Eindringen in den Körper.

Situationsgerechte Hygiene

Während man die Hygiene im häuslichen Bereich gerne übertreibt, kommt sie unterwegs infolge Hektik, Schludrigkeit oder Unwissenheit oft zu kurz. Wo mehrere (viele?) Menschen dieselben Einrichtungen nutzen (Arbeitsplatz, Gaststätte, usw.), ist Händewaschen mehrmals am Tag eine sinnvolle Maßnahme, auch wenn das dem grundsätzlichen Gebot Hygiene nicht zu übertreiben scheinbar widerspricht. Das gilt übrigens nicht nur nach dem Besuch von Toiletten, sondern überall da, wo Geräte (Kopierer?) oder Vorrichtungen (Teeküche?) gemeinsam benutzt werden oder Hände zur Begrüßung geschüttelt werden. Also außerhalb der eigenen vier Wände häufiger die Hände waschen. Und das …

… wirklich gründlich: 20 bis 30 Sekunden einseifen, auch zwischen den Fingern, sorgfältig abspülen und abtrocknen. Wo angeboten, sollte man ausnahmsweise desinfizierende Lösungen/Gele nach dem Waschen nutzen. Außerhalb, wo angeboten, „ja“, zu Hause „nein“. Wer in der kalten Jahreszeit Handschuhe ohnehin dabei hat, sollte sie auf dem kompletten Weg „von-nach“ anbehalten, also beispielsweise im Lift oder in öffentlichen Verkehrsmitteln, um Hautkontakt mit verkeimten Oberflächen beim Festhalten oder Bedienen zu vermeiden.

Besonders wichtig ist Händewaschen vor dem Essen! Immer und überall!

Ansteckungsrisiken meiden

Erreger werden nicht nur durch direkten Kontakt, sondern auch durch die Luft übertragen. Das gilt insbesondere für die lästigen Infekte der Atemwege. Doch wie geht man Ansteckungsrisiken aus dem Weg? Überspitzt formuliert: Halte dich nie mit Kranken im selben Zimmer auf. Geselle dich nicht zu Menschenansammlungen, auch im Freien nicht. Nutze keine öffentlichen Verkehrsmittel, meide überhaupt jeden Ort, wo man mit Menschen zusammentrifft. – Natürlich lassen sich diese Vorschläge nicht kompromisslos umsetzen, weil dabei wichtige soziale und ökologische Prinzipien oder Notwendigkeiten des Alltags ausgehebelt würden. Wenn ein Mitglied der Familie einen Schnupfen hat, wirst du dich kaum ausquartieren können. Mit den Öffentlichen zur Arbeit zu fahren kann aus mehreren Gründen sinnvoll oder unerlässlich sein. Und Menschen generell zu meiden, um sich nicht anzustecken, entspräche dem Ende aller sozialen Kontakte. Deshalb dienen oben stehende Vorschläge nur der Sensibilisierung. Betrachte es vielleicht so: Wer im April einen Marathon laufen will, muss es im März ja nicht unbedingt übertreiben mit Partys, Konzertbesuchen und anderer Zwischenmenschlichkeit. Mit wachem Bewusstsein wirst du dich beispielsweise blitzschnell abwenden, wenn jemand niest und in öffentlichen Verkehrsmitteln Abstand zu Mitfahrern halten.

Fachgerechte Versorgung aller Verletzungen der Haut

Wie oben erörtert, bilden Haut und Schleimhaut ein sehr wirksames Bollwerk gegen das Eindringen von Krankheitserregern und Pilzen. Deshalb sollte man jede noch so kleine Hautverletzung (Abschürfung, Mückenstich, oberflächliche Schnittwunde, Einriss am Nagelbett, etc.) zumindest mit einem Pflaster abdecken, wenn nötig die Arbeit des Immunsystems mit einer Wund- und Heilsalbe unterstützen.

Möglichst „infektionsfreie“ Lebensführung

Jede bereits bestehende Infektion beschäftigt das Immunsystem und schmälert dessen Reaktionsfähigkeit gegen neu eindringende Keime. Sportler sollten daher im eigenen Interesse jedem Infektionsgeschehen Aufmerksamkeit widmen und Entzündungsherde rasch sanieren (lassen). Typische Beispiele hierfür: Bei Zahnschmerzen – auch leichten – sofort zum Arzt. Unwohlsein, Schmerzen, erhöhte Temperatur nicht längere Zeit aussitzen, sondern einem Arzt vorstellen.

Angepasste Bekleidung

Infekte der Atemwege sind die Folge sich sprunghaft in Nasen- und Rachenschleimhäuten vermehrender Viren. Dem geht häufig eine reduzierte Durchblutung der Schleimhäute infolge Auskühlung voraus. Ziel muss deshalb sein, unter keinen Umständen für längere Zeit zu frieren. Sich der Witterung angepasst zu kleiden gelingt nicht jedem. Richtschnur dafür sollte das eigene Kälteempfinden sein und nicht das Vorbild anderer. Die Bedingungen, unter denen Menschen zu frieren beginnen, sind recht unterschiedlich ausgeprägt.

Übersehen wird häufig die so genannte reflektorische Minderdurchblutung der Schleimhäute als Auslöser einer Erkältung. Diese „Fernsteuerung“ passiert unbemerkt, wenn du am Unterleib, an Füßen oder Händen frierst. Die Empfindung kalter Füße oder Hände kann sich auch in normal temperierten Zimmern einstellen. Ein Effekt, von dem vor allem Frauen, ihres speziellen Stoffwechsels wegen, betroffen sind.

An kalten und/oder windigen Tagen gehören Halstuch, Handschuhe und Kopfbedeckung zum Außer-Haus-Standard. Insbesondere über die unbedeckten Hautflächen des Kopfes geht viel Wärme verloren. Bei Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt sollte das Tragen einer Sturmhaube (Skimaske) erwogen werden, um auch das Gesicht vor Auskühlung zu schützen. Wichtig ist auch den so genannten Windchill (Windkühle) bei der Bekleidung zu berücksichtigen. Darunter versteht man den Unterschied zwischen der gemessenen und der gefühlten Temperatur als Folge der Windgeschwindigkeit. Im Wind können sich ein paar Grad über Null durchaus wie Frost anfühlen und auch so wirken.

Ausreichende Pflege der Schleimhäute

Von Austrocknung bedrohte Schleimhäute sind für Viren gleichfalls angreifbar. Die Gefahr zu trockener Umgebungsluft besteht vor allem im Winter durch die Raumheizung. Mehrmaliges Stoßlüften schafft hier Abhilfe und reduziert außerdem die Virenkonzentration in der Raumluft. Zugleich solltest du darauf achten ausreichend zu trinken, um den „Wasserstand“ deines Körpers konstant hoch zu halten.

Manche Menschen leiden unter klimatisierten Bedingungen (Büro, Schule, Auto, Flugzeug, usw.) mehr als andere an den Symptomen austrocknender Schleimhäute. In diesen Fällen werden ärztlicherseits Salzwassernasensprays oder Nasenduschen mit Salzlösung mehrmals täglich empfohlen.

Bekämpfung von Psychostress

Auf die Frage „Wie genau wirkt sich die Psyche auf das Immunsystem aus?“ [7] antwortet Prof. Dr. Kolassa:

„Traumatischer Stress … führt dazu, dass ein proentzündlicher Zustand entsteht. Die Zellen unseres Immunsystems altern dann schneller. Es kommt zu DNA-Schädigung in unseren Immunzellen. Auch die Anzahl der Immunzellen verändert sich – die regulatorischen T-Zellen etwa werden reduziert, das erhöht das Risiko, irgendwann einmal eine Autoimmunerkrankung zu entwickeln.“ [7]

In diversen Studien wurde zweifelsfrei nachgewiesen, dass Dauerstress im beruflichen oder familiären Umfeld das Risiko zu erkranken signifikant steigert. Anhaltende psychische Anspannung geht mit einer vermehrten Hormonproduktion einher, die das Immunsystem schwächt. Ärger und Gezänk lassen sich natürlich nicht immer vermeiden. Und Differenzen grundsätzlich nicht auszufechten – „alles Runterschlucken“ – mündet irgendwann gleichfalls in Stress. Doch vielfach ist negativer Stress „hausgemacht“ und ließe sich bei etwas Einsicht reduzieren. Für einen in Beruf oder Familie Gestressten klingt diese Aussage sicher wohlfeil. Dennoch: Im Falle häufiger Erkrankungen sollte man seine psychischen Lebensumstände und die eigene Art damit umzugehen auf den Prüfstand stellen.

In besonderem Maße fragwürdig erscheint in diesem Zusammenhang, persönlichen Ehrgeiz ungebremst auf die schönste „Nebensache der Welt“ des Hobbyläufers zu übertragen. Ehrgeiz wirst du natürlich brauchen, um deine Laufziele zu erreichen. Du solltest dich jedoch nicht durch Rückschläge im Trainingsverlauf oder bei Wettkämpfen unter Druck setzen lassen. Dazu heißt es bei Buhl/Weber:

„Die positiven und negativen Emotionen, wie zum Beispiel Erfolg, Freude, Glück beziehungsweise Angst, Ärger, Wut oder Niedergeschlagenheit, die ja im Sport eine überragende Rolle spielen, wirken ganz erheblich auf das Immunsystem und beeinflussen nachhaltig den Gesundheitszustand beziehungsweise die Leistungsfähigkeit des Sporttreibenden.“ ([2] Seite 134)

3.2 Erkrankungsrisiko in Training und Wettkampf senken zum Seitenanfang

Läufer gehen zunächst zusätzliche Erkrankungsrisiken ein. Wer sich vor, beim und nach dem Trainingslauf richtig verhält, kann diese Risiken jedoch nicht nur neutralisieren, sondern sein Immunsystem mittel- bis langfristig sogar stärken. Die nachfolgend dargestellten (Vorsorge-) Maßnahmen kreieren eine Art Checkliste, um bisheriges Verhalten zu hinterfragen:

Überlastung durch zu wenig Erholung vermeiden

In der Vorbereitung auf Wettkämpfe neigen ehrgeizige Sportler dazu ihr Trainingspensum zu überziehen (überharter Trainingsplan, Trainingslager, usw.). Unter solcher Überlast schafft es der Körper regelmäßig nicht, sich bis zum Beginn der nächsten Trainingseinheit ausreichend zu erholen. Der Läufer gerät in einen Kurz-Zeit-Übertrainingszustand (Overreaching)*, der die Immunabwehr des Körpers schwächt. Zur Vermeidung von Überlastungsphasen solltest du deinen Trainingsplan sorgfältig, auf Basis einer realistischen Selbsteinschätzung auswählen. Falls du deine Trainingsplanung selbst erstellst, solltest du besonderes Augenmerk auf den Belastungs-Entlastungs-Rhythmus legen: Ein Verhältnis von 3:1 (oder 2:1 bei robuster Konstitution) ist dabei einzuhalten. „3:1“ bedeutet: Auf drei Belastungswochen folgt eine Regenerationswoche, in der die Trainingsbelastung um 20 bis 50 % reduziert wird.

Wie man Regeneration im Training sicherstellt, wird auf unseren Seiten unter folgenden Links eingehend erläutert:


*) „Kurz-Zeit-Übertraining (Overreaching)“ gilt als – vergleichsweise – harmlose Vorstufe von wirklichem „Übertraining“ (Medizin: Übertrainingssyndrom). Während die Folgen von Overreaching durch ein paar Ruhetage, eventuell einer Regenerationswoche kompensiert werden können, erleiden der Organismus und/oder die Psyche bei Übertraining krankhafte Veränderungen, die Wochen oder gar Monate der Schonung und ärztliche Behandlung erfordern. Nach Gabriel bilden Infektionen, insbesondere der oberen Atemwege, nicht selten den Ausgangspunkt für Übertraining bei Leistungssportlern ([4] Seite 227).

Überlastung durch Unwucht im Trainingsaufbau vermeiden

Unter „Unwucht im Trainingsaufbau“ verstehe ich einerseits die sprunghafte Belastungssteigerung, wenn ein Läufer nach bisher moderatem Training in einen fordernden Trainingsplan einsteigt. Deutlich mehr Kilometer, zumeist verknüpft mit mehr Intensität (Tempo) von einer Woche zur nächsten, verkraftet das Immunsystem vielfach nicht. Um Sprünge zu vermeiden, sollte die Belastung während einer Übergangszeit von 4 Wochen – als 3:1 Zyklus – schrittweise erhöht werden. Davon drei Wochen steigende Belastung, zuletzt eine Woche Entlastung um 20 bis 50 %, dann Einstieg in den eigentlichen Trainingsplan.

Eine andere Form der „Unwucht“ kann sich ergeben, wenn du deine Trainingstage (oder den größten Teil des Laufpensums) aus organisatorischen Gründen dauerhaft auf einen Teil der Woche konzentrierst. Beispiel: Vier Trainingstage, davon nur einer am Mittwoch, die drei übrigen in der Wochenendfreizeit, also Freitag, Samstag, Sonntag. Solche Ungleichgewichte solltest du dir nur ausnahmsweise zumuten!

Die herausragende Bedeutung ausreichender Regeneration ist auf unserer Seite unter folgenden Links eingehend dargestellt:

Vorsicht bei immunologisch außergewöhnlich belastenden Trainingseinheiten

Tabelle 2 in Abschnitt 2.1 „Immunantwort während und nach der Trainingseinheit“ bezeichnet Trainings, die auf die Immunzellen einen unterdrückenden und lähmenden Einfluss nehmen. Teilweise schon während, vor allem aber nach solchen Einheiten gilt es, sich besonders vorzusehen und alle bereits diskutierten und noch folgenden Gesichtspunkte der immunologischen Vorsorge konsequent zu beachten! Ein weit offen stehendes „open window“ ist zu erwarten nach:

Je belastender ein Wettkampf oder eine Trainingseinheit, umso länger bleibt der „open window Effekt“ und damit das Risiko eines Infekts bestehen. Auch zwei Tage nach der Belastung kann die Körperabwehr noch geschwächt sein! Zusätzliche Risiken ergeben sich bei allen langen Läufen in Verbindung mit schlechter Witterung: Schon während des Laufes besteht die Gefahr der Auskühlung infolge durchnässter Kleidung. Sofern die Randbedingungen (Streckenwahl, Helfer, Wettkampfreglement, Kleidertransport durch den Veranstalter, usw.) es zulassen, solltest du Wechselkleidung (auch Strümpfe, Schuhe, Handschuhe und Mütze) unterwegs und im Ziel deponieren.

Vorsicht bei immunologisch außergewöhnlich belastenden Trainingsumfängen

Nicht nur einzelne, ausgesprochen anstrengende Trainings erfordern Vorsicht, auch hohe Dauerbelastungen reduzieren die Reaktionsfähigkeit der Immunzellen. So bei ...

Hohe Umfänge, Häufungen von intensivsten Belastungen und Trainingspläne, mit dem Ziel persönliche Bestleistungen zu erzielen, stellen immer eine Gratwanderung dar. Das gilt sowohl für die Gesundheit des Bewegungsapparats, als auch für die Immunabwehr. Auch wenn lange Zeit kein Infekt zu verzeichnen war, solltest du dich vorsehen. Schon ein zusätzlicher, strapaziöser oder nachteiliger Umstand – vielleicht die Auskühlung nach unvorsehbarem Wolkenbruch – könnte das Fass zum Überlaufen bringen …

Bedarfsgerechte, der Trainingsbelastung Rechnung tragende Ernährung

Beim Ausdauersport verbraucht der Körper „spürbar“ Wasser und Energie. Der Flüssigkeitsmangel erzeugt Durst, den Kalorienverbrauch signalisiert dein Organimus durch mehr Hunger. Also trinkt und isst ein Läufer (auch) als unmittelbare Folge seines Trainings. Mit dieser Nahrung füllt er überdies jene essentiellen Körpervorräte wieder auf, deren Schrumpfen normalerweise unbemerkt bleibt – vor allem hochwertige Eiweiße, Vitamin- und Mineralstoffe. Betrachtet man Essen und Trinken aus dem Blickwinkel der Ausdauertrainingslehre, so handelt es sich dabei um einen unverzichtbaren Teil der Regeneration! So lange du dich gesund ernährst, werden Kalorien-, Wasser- und sonstiger Nährstoffbedarf ausreichend gedeckt. Bei Abweichungen vom bedarfsgerechten Essverhalten kann jedoch die Waage aus Nährstoffzufuhr und -verbrauch aus dem Gleichgewicht geraten. Eine unzureichende Aufnahme von Nährstoffen wäre denkbar bei …

Laufen und gleichzeitiges Hungern verhalten sich zueinander wie Feuer und Wasser. Das Fehlen der Kalorien spürt der Läufer als Kraftlosigkeit/Müdigkeit/schwere Beine, wenn er seinen Jogg beginnt oder spätestens nach ein paar Minuten. Bereits dieser Energiemangel dämpft die Reaktionsfähigkeit der Körperabwehr. Der zugleich eingegangene Mangel an Mineralstoffen, Vitaminen und lebenswichtigen Eiweißen – allesamt wichtige „Rohstoffe“ zur Produktion von Zellen und „Kampfstoffen“ der Immunabwehr – macht sich dagegen nur indirekt bemerkbar. Und Hand aufs Herz: Wer stellt schon zwischen einer Erkältung und der wenige Wochen zuvor begonnenen Hungerdiät einen Zusammenhang her? Viel eher wirst du geneigt sein den „ach so“ anstrengenden Laufeinheiten die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben …

Wer hungert, schwächt sein Immunsystem mit Vorsatz. Selbstverständlich gilt das auch für jede andere Form von „Essstörungen“, so sie zu einem länger anhaltenden Nährstoffmangel führen.

Wie und warum sich Läufer, insbesondere Marathonaspiranten mit hohem Trainingspensum, bedarfsgerecht ernähren, ist auf unserer Seite unter diesem Link eingehender erläutert:

Auskühlen vermeiden

Nach Abbruch einer Trainingseinheit produziert die Laufmuskulatur keine überschüssige Wärme mehr, der Körper beginnt rasch auszukühlen. Bei kühler Witterung beginnst du alsbald zu frieren. Und genau dazu sollte es nicht kommen! Kluge Läufer planen nicht nur den Inhalt ihrer Trainingseinheit, sondern alle mit ihr verbundenen Randbedingungen. Wenn der Lauf nicht an der Haustür endet, solltest du sofortigen „Rückzug“ gewährleisten, überdies trockene und warme Bekleidung zum Wechseln bereithalten.

Das Tempo der Auskühlung hängt nicht zuletzt von der beim Lauf getragenen Bekleidung ab. Zu warme Bekleidung – ein häufiger Fehler im Herbst oder Frühjahr – lässt dich übermäßig schwitzen und führt zum völligen Durchnässen der Rücken- und Brustpartie. Die Nässe bildet Kältebrücken, vor allem nach dem Training, möglicherweise aber auch schon bei langen Läufen.

Frieren führt (wie unter 3.1 erläutert) zu reflektorischer Minderdurchblutung der Schleimhäute, worunter deren Abwehrbereitschaft gegen Keime leiden kann. Etwa 15 bis 30 Minuten nach Ende der Trainingseinheit beginnt zudem – wie unter „2.1 Immunantwort …“ erklärt, der „Open Window Effekt“, also die generelle Schwächung der Immunabwehr. Spätestens ab diesem Zeitpunkt solltest du Frieren zuverlässig vermeiden!

Bei kühlem/kaltem Laufwetter hilft die „Zwiebelmethode“, um während jeder Phase eines Trainingslaufs passend gekleidet zu sein: Während des Einlaufens wärmt dich eine Jacke. Danach kehrst du kurz zur Haustür oder zum Auto zurück, streifst das überflüssige Kleidungsstück ab und deponierst es am „Stützpunkt“.

Wer welche Bekleidung und unter welchen Bedingungen braucht, lässt sich nicht allgemeingültig festlegen. Es kommt auf das individuelle Kälte- bzw. Wärmeempfinden an, das von Mensch zu Mensch stark abweicht. Letztlich kann nur Lauferfahrung unter verschiedenen Witterungsbedingungen gewährleisten, sich nicht zu warm und selbstverständlich auch nicht zu „luftig“ zu kleiden. Zuerst und bevorzugt frieren Läufer am Kopf und den Händen; also an Mütze und Handschuhe denken (bei eisigen Bedingungen eine Sturmhaube überziehen!)!

Bisweilen gehen Läufer auch vor dem Training das Risiko ein auszukühlen. Zu langes Warten am Lauftreff, (ganz und gar überflüssige!!) Dehnübungen im Freien, Nachbarn, die einen in ein Gespräch verwickeln, … die Liste möglicher Verzögerungen ließe sich fortsetzen. Achte darauf, das Training unverzüglich zu beginnen, nachdem du dich den Unbilden des Wetters ausgesetzt hast!

Gemeinsame Nutzung von Geräten und Einrichtungen minimieren

Zumindest in Vereinen oder Lauftreffs organisierte Läufer sind mit zusätzlichen Ansteckungsmöglichkeiten konfrontiert. Zunächst, weil hier viele Menschen dieselben Einrichtungen (Duschen, Toiletten, Sporthallen, Aufenthaltsräume bei Trainingslagern, usw.) nutzen. Eher „peinlich genau“ betriebene Hygiene bietet zumindest in diesem Zusammenhang gute Gewähr, die Übertragungskette von Keimen zu unterbrechen. Weitere Hygiene-Sünden kann man begehen, wenn Durst und Kameradschaft zusammentreffen und du zur spontan angebotenen fremden (Trink-) Flasche greifst. Die gemeinschaftliche Nutzung von Küchengeräten bei Trainingslagern wäre als weiteres Ansteckungsrisiko zu nennen. Einerlei, ob diese Beispiele deine Situation treffen oder nicht: Lass dich von ihnen im Hinblick auf mögliche Übertragungswege von Krankheiten sensibilisieren, denen du als Läufer zusätzlich ausgesetzt bist.

Kohlenhydrate während der Trainingseinheit konsumieren

„Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, kann durch eine … Gabe von Kohlenhydraten vor, während und nach der sportlichen Belastung die Schwächung des Immunsystems verringert und damit einer Infektion effizient vorgebeugt werden.“ ([1] Seite 241, vergleiche auch mit [4], Seite 246, letzter Abschnitt)

Diesem durch entsprechende Forschungen in jüngerer Zeit nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Kohlenhydraten beim Training (z.B. in der Trinkflasche) und einem sich weniger weit öffnenden „Open Window“ kommt nur bei langen Läufen praktische Bedeutung zu. Lange Läufe (> 2 h), wie sie etwa für Marathon- oder Ultratraining typisch sind, denen ein ausgeprägter Open Window Effekt folgen wird. Anlässlich kurzer und mittellanger Einheiten reichen ein paar Schlucke aus der mit Kohlenhydraten angereicherten Trinkflasche unmittelbar vor dem Training.

3.3 Trainingsbegleitende Maßnahmen zur Verbesserung des Immunschutzes zum Seitenanfang

Wie dargestellt, basiert wirkkräftiger Immunschutz auf einer Vielzahl von Faktoren, von denen wir die meisten durch eine gesunde Lebensweise oder die Vermeidung von Fehlern steuern können. Dennoch bleiben Unwägbarkeiten. Deshalb ist jede Maßnahme mit dem Ziel einer zusätzlichen Intensivierung der Körperabwehr willkommen. Dies kann anlasslos geschehen, als dauerhafte Änderung der Gewohnheiten, aber auch in Zeiten tatsächlicher oder vermeintlicher Lücken in der Abwehrbarriere. Im Gespräch sind:

Saunabäder

Saunabäder (finnische Sauna) galten schon lange vor der Bestätigung durch moderne Forschung als probates Mittel, um die Immunität vor allem gegen Erkältungskrankheiten zu verbessern. Voraussetzung dafür ist allerdings die richtige Anwendung von Saunabädern. Wie das geschieht, darüber gibt unter anderem der am Ende dieses Abschnitts genannte Link auf unsere Seite Auskunft. Dort richtet sich der Fokus jedoch auf die Unterstützung der Regeneration. Darum seien an dieser Stelle die zur Stärkung des Immunschutzes wesentlichen Verhaltensweisen beim Saunieren herausgestellt:

Saunabaden zur Verbesserung der Regeneration nach Ausdauerleistungen, ist auf unserer Seite unter diesem Link erläutert:

Sonstige Warm-Kalt-Anwendungen zur Abhärtung

Die immunologisch wirksamen Warm-Kalt-Wechsel des Saunabades liegen auch anderen Anwendungen zur Stimulierung der Körperabwehr zu Grunde. Möglich sind beispielsweise:

Wechselduschen folgen auf die Körperreinigung. Dabei geschehen die Temperaturwechsel im 15 Sekunden-Takt, werden nach Gusto mehrfach wiederholt und mit einer Kaltphase beendet. Der abschließende kalte Guss aktiviert die Körperwärme, bietet folglich Gewähr nach dem Abtrocknen nicht so rasch zu frieren. Natürlich sind auch Trainingssituationen denkbar, nach denen Wechselduschen kontraproduktiv bis schädlich sein können: Wer nach einem winterlichen langen Lauf vollkommen durchgefroren unter die Dusche steigt, sollte die Auskühlung nicht noch mit kaltem Wasser fördern. Auch in akuten Erschöpfungszuständen, die nicht selten mit Frieren oder gar starkem Zittern/Schüttelfrösten einhergehen, verbieten sich derlei Wasserspiele.

Zur Anwendung von Kneippgüssen verweise ich auf einschlägige Literatur oder Links im Internet.

Tautreten kann – dem Wortsinn gehorchend – morgens barfuß in nassen Gras erfolgen. Dieselbe Wirkung erzielst du jedoch auch im Schnee oder in nur knöcheltiefem Wasser. Nach zwei, drei Minuten feuchtem Kältereiz trocknest du die Füße ab und versorgst sie mit warmen Socken. Achte darauf, dass sie sich nach der Anwendung tatsächlich erwärmen, um keiner reflektorisch ausgelösten Erkältung (siehe oben) Vorschub zu leisten. Barfußschritte in kaltem Tau, Schnee oder Wasser fördern nicht nur die Körperabwehr. Damit verbunden ist auch eine Kräftigung der Füße, die raschere Regeneration von Muskulatur und faszialem Gewebe im Fuß, eine Vorbeugung gegen typische Läuferfußbeschwerden und die Festigung der Haut.

Nahrungsergänzung

Wie oben erläutert, deckt die von Vielfalt geprägte, gesunde Ernährung (andere Begriffe: Vollwertorientierte Ernährung, bedarfsgerechte Ernährung) den kompletten Nährstoffbedarf eines Läufers. Das gilt für fast alle Freizeit-/Hobby-/Gesundheits-/Spaß-an-der-Freude-Läufer. Lediglich sehr umfangreich und ehrgeizig trainierende Freizeit- oder Leistungssportler sollten Vitamin- und Mineralstoffpräparate zur Nahrungsergänzung in Betracht ziehen. Dies kann in Ausnahmesituationen auch für andere Läufer gelten, etwa dann, wenn über einen längeren Zeitraum die Nahrungsmenge eingeschränkt werden soll oder muss.

Empfohlen werden in solchen Fällen Pro-Vitamin A, Vitamin C und E, die die Arbeit des Immunsystems unterstützen und die Regeneration fördern. Eine vorsorgliche Gabe dieser Vitamine lehnen Ärzte allerdings ebenso ab, wie die breitbandige Einnahme anderer Substanzen. Bei Überdosierung, etwa der für die Immunabwehr wichtigen, jedoch potenziell giftigen Spurenelemente Selen, Zink und Kupfer, besteht die Gefahr einer Schädigung des Organismus. Falls dir die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln angezeigt scheint, solltest du den Weg zu einem Sportarzt nicht scheuen (ausnahmsweise auch der Hausarzt, wenn der auf solche „Luxusprobleme“ positiv reagiert). Die Qualität angebotener Präparate ist ebenso vielfältig, wie deren Preis. Einen Weg aus diesem „Dschungel der Substitution“, im Sinne einer sinnvollen Prophylaxe oder der Behebung eines vermuteten Mangels, findest du nicht ohne „Medizinmann“! Rundherum abzulehnen ist das unüberlegte „Einwerfen“ simpler Nährstoffpräparate, wie man sie in jedem Super- oder Drogeriemarkt kaufen kann. Wie schwierig es tatsächlich ist, Nahrungsergänzung effektiv zu betreiben, erkennst du bereits am Beispiel der Vitamine: Da gibt es welche, die wasser- und solche die fettlöslich sind. Ergo müssen die einen mit ausreichend Flüssigkeit, die anderen in Zusammenhang mit Mahlzeiten (die eigentlich immer Fette enthalten) eingenommen werden …

Immunstimulanzien

Unter „Immunstimulanzien“ versteht man Substanzen, die die Aktivität vor allem des geschwächten Immunsystems steigern. Der Markt von angeblich oder tatsächlich die Abwehrkräfte stimulierenden Mitteln ist noch weniger über- und durchschaubar, als derjenige der Nahrungsergänzungsmittel. Es ist davon auszugehen, dass es im Hinblick auf die Wirkung drei Arten von Präparaten gibt:

Zu manchen Stoffen liegen (unabhängige!) Forschungsergebnisse vor, die durchaus auch zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Wirksamkeit kommen. Umstritten ist – um nur ein weithin bekanntes Beispiel aufzuführen – auch die Wirkung von „Echinacea“ (Echinacin), dem von Erkältungskrankheiten betroffene Menschen Segensreiches nachsagen. Darüber hinaus sind Mittel verfügbar, deren Wirksamkeit nur in wenigen Studien oder gar nicht untersucht wurde.

Auch im Hinblick auf Immunstimulanzien möchte ich dir eine ärztliche Beratung bei deinem Haus- oder Sportarzt ans Herz legen. Und wenn nicht das, dann solltest du nur solche Präparate nachfragen, die in Apotheken erhältlich sind. Das bietet zwar keine Garantie für deren Wirksamkeit, schützt aber immerhin vor gesundheitlichen Schäden (mögliche Nebenwirkungen sind damit nicht gemeint!). Ob eine Substanz den Immunschutz verbessert oder nicht, hängt nicht zuletzt von deiner Einstellung zu diesem Präparat ab. Bekanntermaßen helfen Placeboeffekte auch da, wo der klinische Beweis einer Wirksamkeit nicht gelingt.

Außerhalb jeder Diskussion stehen Arzneimittel, die nicht frei verkäuflich erhältlich sind. Dabei handelt es sich häufig um Substanzen, die das funktionstüchtige Immunsystem in ausreichender Menge selbst produziert und die der behandelnde Arzt in Fällen diagnostizierter Immunschwäche zur Heilung verordnet.

3.4 Laufen bei sich anbahnendem oder bestehendem Infekt zum Seitenanfang

Sich anbahnender Infekt

Viele Läufer kennen ihren Körper gut und entdecken rechtzeitig Anzeichen eines sich anbahnenden Infekts. In diesem Fall sollten sie das Training sofort für einige Tage unterbrechen, damit das Immunsystem alle Kraft auf die Abwehr der Krankheitskeime konzentrieren kann. Möglicherweise bliebe eine nicht so erschöpfende Trainingseinheit folgenlos. Doch wie will der Läufer abschätzen, was gerade noch geht und was nicht mehr? Leistungsorientiert trainierende Läufer sollten ihr aufkeimendes „schlechtes Trainingsgewissen“ damit beruhigen, dass ein „entschärfter“ Lauf ohnehin keinen wirksamen Trainingsreiz zur Folge hätte und sich ebenfalls für eine Laufpause entscheiden.

Akuter Infekt oder sonstige Erkrankungen

Ist der Infekt bereits ausgebrochen (Halsschmerzen, Schnupfen, Husten, Kopfschmerzen, Schwächegefühl), kann die einzig sinnvolle Reaktion nur eine Laufpause sein. Sie sollte so lange andauern, bis der Körper alle Erkältungsfolgen überwunden hat und die Atemwege wieder frei sind. Bei anderen als Erkältungskrankheiten sollte der Wiederbeginn des Lauftrainings auf jeden Fall mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Dabei solltest du dir auch Trainingsempfehlungen für Laufdauer, Tempo, Anzahl der Trainingstage und Pensum während der ersten Tage des Wiederbeginns geben lassen!

Kein Sport bei Einnahme von Antibiotika

Nicht selten befallen an sich harmlose Schnupfenerreger Stirn- oder Nasennebenhöhlen. Insbesondere dann, wenn der Kranke nicht auf Ausdauersport verzichtete. Häufig werden gegen sich verfestigende Entzündungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich Antibiotika eingesetzt. Während der Einnahme (eine Woche oder mehr) muss auf Sport verzichtet werden. Das gilt natürlich auch, wenn solche Medikamente gegen massive andere Entzündungen verordnet wurden, beispielsweise infolge eines entzündeten Zahns. Wenn du glaubst trotzdem laufen zu müssen, solltest du dir in jedem Fall die Freigabe von deinem behandelnden Arzt holen.

Buhl und Weber kommentieren Sport während andauernder Infekte und die Einnahme von Antibiotika wie folgt:

„…Einigkeit besteht darüber, dass zum Beispiel bei akuten Infekten beziehungsweise bei Infektionen, die mit Antibiotika behandelt werden, in dieser Zeit das Training nicht stattfinden und auch nach Rückgang des Infekts ein Training im niedrigen Intensitätsbereich begonnen werden sollte. Das gilt besonders für den Freizeit- und Gesundheitssportler. Hier sollte bereits bei leichten Infektionen, besonders der oberen Luftwege, einige Tage mit dem Training ausgesetzt werden …“ ([2] Seite 137)

Sportverbot bei erhöhter Temperatur

In keinem medizinischen Ratgeber steht, wie ein ehrgeiziger Läufer damit umgehen sollte, wenn der Infekt kurz vor oder am Tage des Wettkampfs ausbricht. Natürlich wäre die medizinisch sinnvolle Reaktion den Wettkampfstart abzusagen! Das bringen jedoch viele nicht übers Läuferherz, weil sie es als Verlust mehrmonatiger Trainingsarbeit empfinden oder den Lauf aus sportlich „zwingenden“ Gründen (Qualifikation, Staffelteilnehmer, Mannschaftswertung, usw.) unbedingt durchführen wollen. Ein Wettkampfstart ist grundsätzlich möglich, jedoch nur, wenn der Infekt ohne erhöhte Temperatur* verläuft! Die absolute Grenze hierfür ist eine Körperkerntemperatur von 38,5 °C (bei Kindern 38°C). Die Messung sollte rektal erfolgen, weil alle übrigen Körperstellen niedrigere Werte liefern.

Der Grund für das generelle Sport- bzw. Anstrengungsverbot bei erhöhter Temperatur ist eine drohende Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Unter Schonungsbedingungen schaffen es Erreger nicht, den Herzmuskel zu befallen. Bei erhöhter Förderleistung des Herzens, wie sie für sportliche Aktivitäten typisch ist, besteht die Gefahr, dass sich der Herzmuskel entzündet, was bei schwerem Verlauf zum Tode führen kann. Gefährlich ist jedoch auch ein moderater Verlauf der Myokarditis, wenn deren Symptome als Erkältungsfolgen missverstanden werden. Die Entzündung hinterlässt Narbengewebe im Herzen, das bei späteren Ausdauerleistungen scheinbar ansatz- und erklärungslos zum Herztod führen kann. Bei vielen Läufern, die während eines Wettkampfes zusammenbrechen und versterben, wurde nachträglich eine unerkannte, unzureichend ausgeheilte Myokarditis als Ursache festgestellt.


*) Auf den gängigen Begriff „Fieber“ wird hier absichtlich verzichtet, weil er in der Vorstellungswelt vieler Menschen einem Zustand absoluter Bettlägerigkeit entspricht. Bei 38,5°C würden jedoch die meisten Menschen noch zur Arbeit gehen, sich demzufolge als nicht wirklich „krank“ bezeichnen.

3.5 Checkliste zur Stärkung der Immunabwehr zum Seitenanfang

Die nachfolgende Checkliste packt die umfangreichen Erörterungen immunologischer Vorsorgemaßnahmen der Ziffern 3.1 bis 3.4 so knapp wie möglich in Fragesätze. Wer die Liste als Gedächtnisstütze im Alltag nutzen möchte, kann sie durch Klick auf den Text oder nebenstehendes pdf-Symbol downloaden:

Aspekte der Lebensführung

Aspekte der Risikominimierung für Läufer

Zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Immunabwehr

Sport bei sich anbahnender oder bestehender Infektion

 


Verwendete Literatur zum Seitenanfang

  1. Jürgen Weineck: Sportbiologie (2010), Seiten 223 – 247
  2. Hermann Buhl und Klaus-Michael Weber: Sport und Immunsystem (Umwelt & Gesundheit 4/2004), Seiten 134 – 137
  3. Jürgen Scharhag: Standards der Sportmedizin, Belastungsleukozytose (Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Jahrgang 55, Nr. 2, 2004), Seiten 57 – 58
  4. Holger Gabriel: II Sport und Immunsystem (Kompendium der Sportmedizin, 2004, Chapter 13), Seiten 227 – 250
  5. Holger Gabriel: Auswirkungen von Sport auf das Immunsystem (Notfall & Hausarztmedizin) 2006; 32 (8+9), Seiten 411 – 415
  6. Olympiastützpunkt Bayern: Gesund durch den Winter (Rundbrief, 2012, leider nicht mehr verfügbar)
  7. Prof. Dr. Iris-Tatjana Kolassa: Kann man sich gesund denken? (Augsburger Allgemeine, 6.11.2015, leider nicht mehr kostenfrei verfügbar)
  8. Matthias Marquardt: Die Laufbibel (2005), Seiten 185,190 – 191, 195 – 197
  9. Neumann, Pfützner, Berbalk: Optimiertes Ausdauertraining (2007), Seiten 107 – 112

 


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