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Stand: 17. Dezember 2015

Ein Weg zum Marathon

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Fünfter Teil:  Regeneration im Marathontraining

Regeneration im Marathontraining

1. Von der Bedeutung der Erholung im Marathontraining

2. Maßnahmen und Verhalten zur Unterstützung der Regeneration

3. Von der Bedeutung des Schlafs im Marathontraining

4. Ohne Mampf kein Kampf – Ernährung beim Marathontraining

5. Fit auf den Punkt – die Tapering-Phase

6. Carboloading – Kohlenhydrate bunkern bis der Arzt kommt?

Regeneration im Marathontraining

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Alternative Begriffe für Regeneration: Erholung, Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit

Trainingspläne bestehen aus zwei Arten gegensätzlich wirkender Elemente, die dennoch beide dasselbe Ziel verfolgen. Der Trainierende richtet sein Augenmerk auf die belastenden Anteile, die Laufeinheiten. Die nicht minder wichtigen Bausteine der Erholung nimmt er nur am Rande wahr. Als eindeutig regenerativ können auch nur Vermerke wie „Ruhetag“ oder „Laufpause“ im Plan identifiziert werden. Verschiedentlich wurde bereits angerissen wie Erholung darüber hinaus eingeflochten wird: Durch minder belastende Einheiten nach anstrengenden, oder durch regenerative Läufe; über alternative Bewegung mit geringer Intensität und Erholwochen mit reduziertem Umfang.

Welche Vorstellungen löst das Wort „Lauftraining“ bei dir aus? Wahrscheinlich erinnerst du dich unwillkürlich an anstrengende Kilometer und Ströme von Schweiß. Warum denkst du bei „Lauftraining“ nicht an die Couch, auf der du dich hernach ausruhst? An Mahlzeiten nach dem Lauf, an Ruhestunden oder -tage, die dein Körper braucht, bis du ihm abermals Ausdauer abfordern kannst? Ebenso einfach wie wichtig: Ohne Erholung nach der Belastung gibt es keinen Leistungszuwachs! Faulenzen mit System verbessert die Ausdauer. Ehrgeizig beim Laufen noch eins draufsetzen verschlechtert sie. Belastung und Erholung müssen sich die Waage halten.

Die für ein beabsichtigtes Ziel notwendigen Belastungen sind im Grunde rasch und einfach festzulegen. Ausreichend Erholung zwischen den Belastungen sicherzustellen ist dagegen weitaus komplizierter. Beides nehmen dir Schöpfer von Trainingsplänen ab. Damit ist jedoch nicht garantiert, dass du dich tatsächlich auch ausreichend erholst! Und noch weniger, dass du zur nächsten Laufeinheit jeweils in bestmöglicher Verfassung antrittst! Um das zu gewährleisten sind bestimmte Verhaltensweisen unmittelbar nach dem Lauf, aber auch während der kompletten Ruhephase, unabdingbar. Darüber hinaus gibt es Möglichkeiten die Geschwindigkeit des körperlichen Wiederaufbaus zu beschleunigen. Davon steht aber nichts in Trainingsplänen. Kein Wort. Dich in dieser Hinsicht aufzuklären und in der Trainingspraxis anzuleiten ist Absicht der folgenden Erörterungen.

1. Von der Bedeutung der Erholung im Marathontraining

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„Im modernen Leistungstraining ist die Regeneration fast genauso bedeutsam wie das Training selbst.“ Dieser Satz stammt aus einem aktuellen Werk zum Ausdauertraining und wissenschaftlich renommierter Feder. An diesem Zitat stimmt mich vor allem nachdenklich, dass es den Übergang von überkommenen Vorstellungen der Trainingslehre zu heutigen Maßstäben noch nicht ganz vollzogen hat. Denn Training und Regeneration sind gleich wichtig; ohne Regeneration ist Training unmöglich! Das Yin und Yang der Trainingslehre lautet:

Du läufst eine Stunde in mittlerem Tempo, danach bist du erschöpft. Was brächte eine weitere Trainingseinheit, die diesem Lauf in Bälde folgt? Natürlich nichts! Du wärst gar nicht in der Verfassung ein zusätzliches Intervalltraining, ein Fahrtspiel oder auch nur einen ähnlich belastenden Dauerlauf zu absolvieren. Dein Körper braucht jetzt Zeit, um sich zu erholen. Folgt die nächste Belastung zu früh, so ergeben sich daraus zwei Nachteile. Zum einen steigt das Verletzungsrisiko, zum anderen trifft die Belastung auf einen nicht ausreichend wiederhergestellten Organismus und verpufft wirkungslos. Bleibt das ein Einzelfall, vermögen die aufbauenden Systeme deines Körpers den Schnitzer auszubügeln. Wer sich jedoch vielfach oder dauerhaft überschätzt – etwa einen zu harten Trainingsplan wählt – fordert von seinem Organismus zu häufig Leistungen, die er in der verfügbaren Erholzeit nicht verkraftet.

Die nebenstehenden Grafiken sollen das notwendige Gleichgewicht zwischen Belastung und Erholung veranschaulichen. Im Bild oben kompensiert ausreichend Erholung die soeben beendete Laufbelastung. Bis zum nächsten Training wird ein Zustand guter Erholung erreicht. Deshalb bleibt auch die Belastung des nächsten Trainings unter dem Niveau der Überlastung. Das Verletzungsrisiko ist gering.

Im unteren Bild vernachlässigt der Läufer seine Regeneration. Er geht mit hoher Restermüdung ins nächste Training und überlastet sich. Damit schadet er seinem Trainingsziel und bringt sich in einen Zustand erhöhter Verletzungsgefahr.

Neben der Notwendigkeit ausreichender Erholung vor erneuter Belastung, ist der Fokus allerdings auch auf die bestmögliche zu richten. Denn ein Trainingsreiz wird umso nachhaltiger wirken, je besser deine Startverfassung ist. Und die hängt nun einmal maßgeblich davon ab, wie weit die Regenerationsprozesse seit dem letzten Lauf vorangekommen sind. Hochgerechnet auf drei Monate Marathontraining mit 50 oder mehr Trainingseinheiten ergibt sich ein markanter Unterschied zwischen dem, was du erreicht hast und jenem, was dir mit optimalem Regenerationsverhalten vergönnt gewesen wäre.

Nebenstehende Grafik soll verdeutlichen was mit ausreichender und bestmöglicher Erholung vor einer Laufeinheit gemeint ist:

Die Belastbarkeit von Läufern, die ihre Erholung aktiv unterstützen, weil sie um die Bedeutung der Regeneration für Gesundheit und Trainingserfolg wissen, folgt ungefähr der blauen Kurve im Bild. Wenn du zu diesen Sportlern gehörst, isst und trinkst du dem Training angepasst, schläfst ausreichend und beherzigst ein paar andere kostenneutrale, weiter unten erwähnte Regeln. Damit erreicht deine Belastbarkeit zum nächsten Training ein hohes Niveau (C). Nach nur 24 Stunden stellt dein Körper eine Leistungsfähigkeit bereit, die ein schlecht regenerierender Läufer (rote Kurve) erst nach einem weiteren Tag erreicht (C).

Läufer, die sich um den Verlauf ihrer Erholung nicht kümmern und deshalb schwerwiegende Fehler übersehen, gehen nach 24 Stunden zu wenig erholt in die nächste Einheit (rote Kurve, Belastbarkeit erreicht nur Niveau A). Als einmalige oder seltene Sünde verträgt der Körper dergleichen wahrscheinlich folgenlos. Wer jedoch regelmäßig seine Nächte vor Trainingseinheiten in der Disco oder am PC verbringt, Pizza, Hamburger und „Pommes rot-weiß“ als Super-Laufdiät bevorzugt, nur trinkt, wenn er Durst hat und auch sonst gedankenlos „vor sich hin regeneriert“, gefährdet zumindest seinen Trainingserfolg. Verfügt er nicht über einen robusten Organismus, dann steht auch seine Gesundheit auf dem Spiel.

Schon der Verzicht auf grob fahrlässiges Verhalten und das Einhalten von Regeln, die kaum oder gar keine Mühe bereiten, bringen eine Menge – bringen den Läufer aus dem roten Bereich. Er erholt sich wenigstens so weit, dass der jeweils nächste Lauf einen befriedigend ausgeruhten Körper fordert (orange Kurve, Belastungsniveau B nach einem Tag).

Genetisch bestens zur Regeneration ausgestattete Menschen, die darüber hinaus alle möglichen Register ziehen, um den Fortschritt der Erholung optimal zu unterstützen, erreichen in derselben Zeit ein deutlich höheres Belastungsniveau (D). Zu dieser Gruppe gehören weder du noch ich, noch irgendein anderer Freizeitläufer. Uns fehlen Zeit, Geld und Anleitung, die den richtigen Zeitpunkt für eine regenerative Maßnahme festlegt oder Nachlässigkeiten durch Kontrolle ausmerzt.

Verstehe die Grafik bitte als Botschaft: Durch aufwands- und kostenneutrales, die Regeneration begünstigendes Verhalten, kann jeder Läufer zum Trainingserfolg beitragen. Er erholt sich rascher und steigert dadurch seine Belastbarkeit vor dem nächsten Lauf.

Hinweis: Obige Bilder versuchen den überaus komplexen Vorgang der Erholung nach verrichteter Ausdauerleistung zu visualisieren, um Verständnis für das wahre Regenerationsgeschehen zu wecken. Die dargestellten Kurven und Pegel sind nicht messbar. Sie bilden sich also nicht direkt in Körperparametern ab, die man etwa einem Blutbild entnehmen könnte.

1.1 Wann kann ich wieder laufen?

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Ein zielorientiert trainierender, ehrgeiziger Läufer stellt seinem Trainer die Frage nach der Regeneration so: „Wann kann ich wieder laufen?“ Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort, denn der sinnvolle Zeitpunkt für den Beginn des nächsten Trainings hängt von individuellen Faktoren ab:

  1. Veranlagung (genetische Disposition) bezüglich der Erholfähigkeit des Körpers
  2. Veranlagung hinsichtlich der Belastungsverträglichkeit
  3. Trainingszustand, Grad der Ausdauertrainiertheit
  4. Restermüdung von länger zurückliegenden Einheiten
  5. Inhalt der letzten absolvierten Einheit (Welches Funktionssystem der Energiebereitstellung war hauptsächlich betroffen?)
  6. Grad der Beanspruchung durch den letzten absolvierten Lauf
  7. Inhalt und Grad der Beanspruchung der bevorstehenden Einheit

Diese Aufzählung klingt recht theoretisch, hat aber fundamentalen Einfluss auf dein Training. Dazu folgende Erläuterungen:

Zu 1., 2. und 3.: Wie rasch dein Organismus regenerieren kann, hängt wie so vieles von der Veranlagung, vom genetisch programmierten Code deines Körpers ab. Manche Menschen erholen sich schneller nach Ausdauerleistungen, andere langsamer. An die Weltspitze gelangen heute nur noch Athleten mit auch in dieser Hinsicht hervorragender Begabung. Eine wichtige Rolle spielen die Gene auch bei der Belastungsverträglichkeit: Wie reagiert dein Körper, wenn abermals eine massive Belastung auf teilerholte Organsysteme trifft?

Ausdauer definierte man in der Vergangenheit meist als „Ermüdungswiderstandsfähigkeit“. Heute weiß die Forschung, dass eine Beurteilung der Ausdauertrainiertheit auch die Regenerationsfähigkeit einschließt, weil sie mittrainiert wird. Sie verbessert sich mit den Laufleistungen. Im Idealfall halten verbesserte Ausdauer und Verkürzung der Erholzeit miteinander Schritt. Dadurch wird verständlich, weshalb man einem Laufeinsteiger dazu raten muss mindestens einen Ruhetag zwischen den Läufen einzuhalten. Und, um das andere Ende der Leistungsskala zu betrachten, wieso Spitzenathleten dermaßen fix regenerieren, dass sie sogar zwei Laufeinheiten pro Tag verkraften können: Eine am Vormittag und eine mit abweichendem Inhalt am Nachmittag.

Zu 4.: Eine Stunde Dauerlauf gleicher Intensität – zum Beispiel 75% von Hfmax – wirst du an einem Tag spielerisch leicht bewältigen, während es dir bei anderer Gelegenheit als Knochenarbeit vorkommt. Neben tagesaktuellen Einflüssen liegt das vor allem an der Trainingsvorgeschichte: Wie belastend waren die Einheiten davor? Wie groß ist die dem Vorprogramm zuzuschreibende Restermüdung? Wenn du nach Trainingsplan läufst, nutzt du über 12 Wochen einen Körper, der dir nie seine Ressourcen zu 100% bereitstellen kann. Es wird ihm nicht gestattet diesen luxuriösen Zustand zu erreichen, weil das jeweils nächste Training vor der endgültigen Wiederherstellung aller Teilbereiche beginnt. Erst kurz vor dem Marathonstart führt dich der Trainingsplan zur vollständigen Erholung.

Zu 5., 6. und 7.: Ein Fahrtspiel strapaziert dich anders als ein gleich langer, mittelschneller Lauf in konstantem Tempo. Nach langen Läufen über mehrere Stunden empfindest du eine andere Art von Müdigkeit in den Beinmuskeln als nach einem harten Intervalltraining: Nicht einfach nur ausgeprägter sondern auch irgendwie „anders“. Jede Trainingsform beansprucht die am Laufen beteiligen Funktionssysteme auf ihre Weise. Beim langen Lauf verliert der Organismus am meisten Körperwasser und Elektrolyte. Zusätzlich werden fast alle in der Muskulatur vorrätigen Kohlenhydrate verbraucht. Würde man danach im Labor ein Blutbild anfertigen, so wären deutlich andere Werte festzustellen, als etwa nach einem 10 km-Wettkampf. Mit einiger Lauf- und Trainingserfahrung kann man diese Unterschiede spüren. Für den Trainingsaufbau bedeutet das, keine ähnlich belastenden Einheiten unmittelbar aufeinander folgen zu lassen: Dem Intervalltraining folgt sicher weder ein weiteres Intervalltraining noch ein Fahrtspiel oder ein Testwettkampf. Und an den beiden Tagen nach dem immens auslaugenden langen Lauf werden dich unsere Trainingspläne regelmäßig mit regenerativen oder moderaten Dauerläufen belohnen.

1.2 Regeneration genauer betrachtet

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Die Belastungen eines Trainingsplans folgen in so kurzen Abständen, dass die Regeneration nie vollständig erfolgt. Das ist gewollt und sogar Voraussetzung für die weiter voranschreitende Anpassung des Körpers in Richtung besserer Ausdauerleistung. Zu vollständiger Erholung führt dich ein ausgewogener Trainingsplan erst kurz vor Schluss: Am Marathonsonntag, beim Start zum erträumten Finish. Volle Regeneration während des Trainings ist aber nicht nur nicht gewollt, sondern auch nicht möglich. Denn Erholung setzt sich aus mehreren Teilprozessen mit unterschiedlichem Zeitbedarf zusammen (siehe Tabelle).

Teilbereich der Erholung Dauer der Erholung
Rückkehr zu Normalwerten von Herzfrequenz und Blutdruck Kurz nach Trainingsende abgeschlossen
Wiederherstellung der einwandfreien Steuerung der Muskulatur über die Nervenzellen Bis zu 6 h
Abbau der Milchsäure (Laktat) 1 – 3 h (Halbwertszeit 15 min)
Ausgleich des erlittenen Flüssigkeits- und Elektrolytdefizits theoretisch: 6 h; der Praktiker weiß: Nach massiver Dehydrierung auch länger.
Kompensation verbrauchter Kohlenhydrate (Wiedereinlagerung von Glykogen in der Arbeitsmuskulatur) 1 bis 2 Tage (nach Marathon deutlich länger)
Einlagerung von Fetten in die Muskelzelle 6 – 36 h
Ausgleich verlorener Muskelenzyme nach hoch intensiven oder sehr langen Läufen 48 – 60 h
„Reparatur“ kleinerer Defekte in der Muskelstruktur 6 – 36 h
Regeneration von Binde- und Stützgewebe 6 – 36 h

Auflistung unvollständig

Ein Trainingsplan muss den verschieden schnell voranschreitenden Erholungsprozessen Rechnung tragen. Nach den belastendsten Einheiten (Long Jogg und Übungen mit hohen Intensitäten), folgen daher lauffreie Tage oder sogar regenerationsfördernde Einheiten mit leichter, alternativer Bewegung.

Für einen Freizeitläufer folgt aus alledem:

2. Maßnahmen und Verhalten zur Unterstützung der Regeneration

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2.1 Auslaufen

Die Uhr der knappen Erholungszeit beginnt zu ticken, wenn die Belastung der aktuellen Trainingseinheit abflaut; also zum Beispiel nach der letzten Wiederholung im Intervalltraining. Der Puls beruhigt sich, der Blutdruck sinkt, der Körper beginnt von Leistung auf Erholung umzuschalten. Diesem Umschalten entsprechen tatsächlich zwei vom vegetativen Nervensystem gesteuerte Körperzustände, die nicht zugleich vorherrschen können (anabole und katabole Stoffwechselsituation). Je schneller du von Leistung auf Regeneration umschalten kannst, umso besser wirst du dich bis zum nächsten Lauf erholt haben. 5 bis 10 Minuten langsamer Auslauftrab erleichtern dem Nervensystem den Übergang in den Wiederaufbau. Auslaufen beschleunigt die Normalisierung der Körperfunktionen und den Abbau von Milchsäure.

Zum Thema „Ein- und Auslaufen“ findest du auf unserer Seite eine umfangreiche Darstellung unter diesem Link.

2.2 Regeneratives Training

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Jede Form regenerativen Trainings steigert die Herzfrequenz und verbessert damit die muskuläre Durchblutung. Dem Muskelgewebe werden vermehrt Nährstoffe angeboten, zugleich können Stoffwechselprodukte rascher abtransportiert werden. Insgesamt verkürzt sich auf diese Weise die Erholzeit.

Dieser Effekt lässt sich durch regenerative Läufe erreichen. Dazu trabst du mit einer Herzfrequenz unter 70% und maximal 30 Minuten. Wer intensiver oder länger läuft, vertieft die bestehende Erschöpfung und verlängert die Regenerationsphase, statt sie zu verkürzen.

Ernst zu nehmende Stimmen1 raten Freizeitläufern grundsätzlich auf regenerative Läufe zu verzichten. Nach ihrer Auffassung stellt jeder Jogg eine Belastung für den Bewegungsapparat dar; ganz gleich wie langsam du ihn ausführst. Marathontraining belastet den Organismus massiv. Deshalb schließen wir uns dieser Auffassung zumindest in unseren Trainingsplänen für die moderateren Zielzeiten an.

Regeneratives Training, insbesondere am Tag nach dem langen Lauf, steigert jedoch die Verträglichkeit der Einheiten in der Folgewoche. Deshalb solltest du auf alternative Sportarten ausweichen. Am besten eignet sich Schwimmen. Wer das nicht mag, kann schnelles Gehen, Radfahren, Skaten und im Winter Langlauf praktizieren. Dabei sollte der Puls nur soweit erhöht sein, dass der alternative Sport die Erholung fördert, dich aber nicht fordert! Für die in unseren Trainingsplänen eingearbeiteten Schwimmeinheiten bedeutet das: Nicht „Dauerbaden“, aber auch keine merklich erhöhte Atemfrequenz.

1Zum Beispiel Dr. Matthias Marquardt in seinem für gesundes Laufen werbenden Buch „Die Laufbibel“.

2.3 Sauna

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Wem Saunaerfahrung fehlt, der sollte sie nicht unbedingt mitten im harten (Marathon-) Trainingsgeschehen erwerben! Zum Saunafreund – das ist ein Mensch, der Saunaanwendungen als wohltuend empfindet – wird man nicht unbedingt geboren. Die Umstände des Saunierens, also zum Beispiel Nacktheit, übermäßiges Schwitzen und vor allem Hitze, machen vielen Einsteigern zu schaffen. Das könnte sich auf dein Marathontraining negativ auswirken. Wer sich daran gewöhnt hat, kann von der Saunaanwendung vier positive Wirkungen erwarten: Körperliche und mentale Entspannung, Beschleunigung der Regeneration und langfristig eine Verbesserung der Schweißsekretion. Die Saunahitze steigert rasch die Körperkerntemperatur und auf diesem Umweg die Herzfrequenz. Alle Körperbereiche, vor allem jedoch die hautnahen Schichten, werden stärker durchblutet. Sowohl die gesteigerte Versorgung mit Nährstoffen, als auch der intensivierte Abtransport von Stoffwechselendprodukten verbessern die Regeneration. Zusätzlich wirkt die obenflächennahe Erwärmung des Muskelgewebes entspannend. Wer sich in der Sauna rundum wohl fühlt, kann die sich einstellende körperliche Entspannung auch mental genießen.

Die Verbesserung der Schweißsekretion sei hier nur der Vollständigkeit wegen erwähnt. Mit beschleunigter Regeneration hat sie nichts zu tun. Alle schweißtreibenden Tätigkeiten, eben auch regelmäßiges Saunabaden, verbessern die Fähigkeit des Körpers sich zu kühlen. Die Menge abgesonderten Schweißes erhöht sich. Zugleich sinkt die Konzentration der mit dem Schweiß ausgeschiedenen Salze. Letztlich kommt das „Hitzetraining“ dem Marathoni zu Gute, weil ein besser gekühlter Körper im Wettkampf länger voll leistungsfähig bleibt.

Einige allgemeine Tipps zum Saunabad:

Und hier einige Tipps zur Wechselwirkung zwischen Lauftraining und Saunieren:

Meine persönliche Saunaerfahrung während harter Trainingsperioden ist durchweg positiv. Die muskuläre Entspannung half mir harte Trainingsläufe und -phasen besser zu verkraften. Sauna versetzt mich immer in einen angenehmen körperlichen und mentalen Zustand. Trainingseinheiten am Tag nach einem Saunabesuch fielen mir allerdings meist schwerer als gewöhnlich.

2.4 Warmwasserbad

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Warme Wannenbäder entwickeln einen ähnlich wohltuenden Einfluss auf den erschöpften Körper wie Saunabäder. Die Wärme des Wassers wirkt unmittelbar entspannend auf den Bewegungsapparat (Abschwächung des Muskeltonus), steigert die Durchblutung der Gewebe und erleichtert dem vegetativen Nervensystem die Überleitung in den Erholungszustand.

Besonders nach langen Läufen lasse ich Wannenbäder in für mich gerade noch erträglicher Temperatur ein. Nach zehn bis zwanzig Minuten hat sich die Körpertemperatur so weit erhöht, dass ich die Wanne wieder verlassen muss. Danach schwitzt der Körper 5 bis 10 Minuten nach, die ich in einem kühlen Raum (bei uns das Schlafzimmer) verbringe. Während der ganzen Zeit – Heimkommen vom Lauf, Einlaufen des Badewassers, Entspannen im Bad, Ruhen zum Auskühlen – trinke ich! Du solltest darauf vorbereitet sein nach hartem Trainingslauf, Wannenbad und Imbiss in einen Zustand totaler Ermüdung zu fallen. Mehr als einmal nickte ich danach beim Lesen oder am PC im Sitzen ein.

Falls du ein (kostengünstiges?) warmes Thermalbad in deiner Nähe kennst, bietet sich ein Besuch dort als besonders angenehme Regenerationsmaßnahme an. Bereits zweimal nahm ich am Thermenmarathon in Bad Füssing (Bayern, Anfang Februar) teil. Mit der Startgebühr erhält man die Berechtigung eines Thermenbesuchs nach dem Lauf. Das Thermalwasser bereitete mir einen wahren Rausch von Wohlbefinden. Ursächlich dafür war vor allem die Schwerelosigkeit im Wasser und die langsam in den Körper eindringende, Muskelschmerzen vertreibende Wärme.

2.5 Massagen

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Bisher wurden nur solche Regenerationsmaßnahmen erörtert, deren positive Wirkung ich am eigenen erschöpften Leib erfuhr und die für jedermann mit wenig Aufwand nachvollziehbar sind. Auf Vollständigkeit bedacht erwähne ich noch Massagen.

Massagen – genauer Wiederherstellungsmassagen – helfen dem Stoffwechsel auf die Sprünge, senken den Muskeltonus und leiten in den aufbauenden Zustand des vegetativen Nervensystems über. Regelmäßige Massagen werden gewiss die finanziellen und zeitlichen Ressourcen der meisten Freizeitläufer übersteigen. Massagen setzen Abkömmlichkeit und Planung voraus, um im geeigneten Moment auf der Pritsche beim Masseur des Vertrauens zu liegen. Zudem werden die meisten langen Läufe – nach denen du eine Entmüdungsmassage am nötigsten hättest – sonntags fällig, wenn alle Praxen geschlossen sind.

Viele Veranstalter von Marathonläufen bieten Massagen nach dem Lauf an (meist im Startgeld enthalten). Von dieser Möglichkeit solltest du dir nicht zu viel versprechen. Nach Marathonläufen war ich oft zu erschöpft oder fror in feuchten Klamotten, als dass mich eine Massageliege hätte reizen können. Außerdem musst du mit Wartezeiten rechnen. Je nach Laufzeit und Größe der Veranstaltung bilden sich lange Schlangen vor den Massagezelten. So lange du nicht frierst (Trockenes Shirt überstreifen? Wärmende Jacke anziehen?) und ausreichend kohlenhydrathaltiges Getränk mitführst, kann das Warten auch eine regenerative Wirkung ausüben.

3. Von der Bedeutung des Schlafs im Marathontraining

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„Welchen Wert ausreichender Schlaf im Trainingsprogramm hat, ist allein daraus ablesbar, dass im Schlaf das Wachstumshormon, dem beim Erwachsenen für die Regeneration und das Zellwachstum große Bedeutung zukommt, ausgeschüttet wird. Schlafstörungen können … die Ausschüttung dieses Hormons und damit die Erholungsfähigkeit beeinträchtigen …“(aus: Jürgen Weineck, „Optimales Training“).

Ausreichend Schlaf bedeutet während des zeitlich ausgedehnten (Marathon-) Lauftrainings unabwendbar mehr Schlaf! Du erschöpfst deinen Körper tiefgreifender als zuvor. Nur logisch, dass sich dadurch auch die nächtliche Wiederherstellungszeit verlängert. Von besonderem Gewicht ist die im Zitat angesprochene Ausschüttung des Wachstumshormons. Der Körper produziert es zu drei Vierteln im Schlaf und davon überwiegend in der Tiefschlafphase. Dieses Hormon dient nicht nur der allgemeinen Zellerneuerung. Auch die Reparatursysteme des Körpers benötigen es, um kleinste Verletzungen im Bewegungsapparat zu heilen. Defekte, die du nicht spürst, weil sie keine Beschwerden hervorrufen. Kleinstverletzungen, die bei jedem Läufer auftreten, der sich mit hoher Intensität oder sehr langen Läufen fordert. Zu wenig Schlaf bewirkt einen zu geringen Ausstoß des Wachstumshormons mit der Folge mangelhafter Ausheilung von Muskeldefekten. So entstehen „Sollbruchstellen“ für spätere ernsthafte Verletzungen. Vergleiche dies mit der Arbeit eines schlechten Schweißers: Das Metall wird unter Belastung dort reißen, wo es miserabel geflickt wurde. Nach zu wenig Schlaf gehst du nicht nur müde in einen Lauf, was die Trainingseffizienz in Frage stellt. Du wirst längerfristig auch verletzungsanfälliger!

Es ist schwierig die Wirkung von zu wenig Schlaf an sich selbst nachzuweisen. Die Auswertung von Trainingserfahrungen wird von Erfolg oder Misslingen beeinflusst, auch wenn ich um Objektivität ringe. Dennoch bin ich sicher in jenen Trainingsperioden, die meinen Sub3h-Versuchen vorausgingen, zu wenig geschlafen zu haben. Dauernde Müdigkeit und eine (für meine Verhältnisse) hohe Verletzungsanfälligkeit führe ich auf ein permanentes Schlafdefizit zurück. Daraus zog ich Lehren: Während der Vorbereitungen auf Ultraläufe blieb mir gar nichts anderes übrig, als auch in dieser Hinsicht meinem Körper sein Recht zuzubilligen und länger zu schlafen.

4. Ohne Mampf kein Kampf – Ernährung beim Marathontraining

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Zur richtigen Ernährung allgemein und für Sportler unterschiedlicher Disziplinen und Beanspruchungsniveaus füllen kompetente Menschen Bücher. In einem notwendigerweise kurzen Abriss die Thematik „Ernährung“ erschöpfend abhandeln zu wollen wäre vermessen. Stattdessen soll gesunde Ernährung in Form des anerkannten Standards kurz umrissen und dann durch konzentrierte und praktisch anwendbare Hinweise zu abweichendem Ess- und Trinkverhalten eines Ausdauerathleten ergänzt werden. Klingt dir „Ausdauerathlet“ zu hochtrabend? Doch genau das bist du. Immerhin hast du die Absicht bald eine 42.195 Meter lange Strecke ohne Unterbrechung zu laufen!

4.1 „Richtig“ essen

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4.1.1 Nährstoffbedarf bei umfangreichem Ausdauertraining

Menschen ernähren sich oft ungesund: Zu viele „falsche“ Fette und „schlechte“ Kohlenhydrate; zu wenig Lebensmittel, die lebenswichtige Proteine, Vitamine und Mineralstoffe in hoher Konzentration enthalten. Alle Menschen sollten sich ausgewogen ernähren; umso mehr gilt das für Freizeitsportler, die ihrem Körper ein merkliches Quantum Leistung abverlangen. Und erst recht für jemanden, der sich dazu versteigt ein monatelanges, alle Organe über die Maßen beanspruchendes Marathontraining zu absolvieren. Soll Marathontraining gesund bleiben, dann bildet die „richtige“ Ernährung eine unverzichtbare Voraussetzung!

Von Fehlernährung geht nicht nur langfristig eine Gefahr aus. Was und wie du isst, hat maßgeblichen Einfluss auf das Tempo mit dem du regenerierst und auf das erreichbare Ausdauerniveau. Sich falsch zu ernähren, macht einen Teil des Trainingsaufwands zunichte.

Wie isst ein Marathon-Trainierender „richtig“? Zunächst einmal ähnlich ausgewogen wie ein sich gesund ernährender Nichtsportler. Wie „Otto Nichtsportler“ Mangel- oder Fehlernährung vermeidet, kann nicht Gegenstand dieser Erörterung sein. Hier muss der Hinweis auf allgemein anerkannte Standards, visualisiert in Form der Ernährungspyramide, genügen. Wessen Nährstoffbilanz dramatisch von der im Bild dargestellten abweicht, sollte sein Essverhalten zunächst grundsätzlich überdenken und die Marathonbelastung erst einmal zurück stellen.

Die Ernährungspyramide gibt Menschen in normaler Lebenssituation Auskunft in welchem Mengenverhältnis zueinander diverse Lebensmittel genossen werden sollten. Für kranke oder eben auch in besonderer Weise aktive Menschen ist das Mengenverhältnis anzupassen. Marathontraining, also eine Gesamtlaufstrecke von 50 bis über 100 Kilometer pro Woche, erzeugt einen erheblichen Mehrbedarf von Kalorien in abweichender Zusammensetzung.

Hinweis: Unausgesetztes, weltweites Forschen verändert laufend den Erkenntnisstand, welche Nahrungszusammensetzung der menschlichen Natur am besten bekommt. Derzeit kursieren verschiedene Versionen der Ernährungspyramide. Bei vielen rangieren Getreideerzeugnisse beispielsweise noch eine Stufe tiefer als Gemüse und Obst. Obschon überholt, kann diese Reihenfolge für Ausdauersportler durchaus beibehalten werden.

Zunächst eine Beispielrechnung: Verglichen werden ein Nichtsportler und ein (Marathon-) Läufer, der 60 km in der Woche (= Laufumfang für eine Zielzeit von 3:59 h) absolviert. Beide sind männlichen Geschlechts und wiegen 70 kg.

Nichtsportler:

Läufer:

Der Mehrbedarf an Kalorien ist im rechten Balkendiagramm enthalten: Der Läufer muss, um ausreichend regenerieren zu können, etwa 35 bis 40% Kalorien mehr zu sich nehmen als der Nichtsportler. Außerdem verschieben sich die Anteile von Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten (KH) in der Nahrung: Während die absolute Menge benötigter Fettkalorien annähernd gleich bleibt, wächst der Bedarf an Eiweißen und vor allem Kohlenhydraten. Bei üblicher, gesunder Mischkost (linke Säule im Bild) dauern Regenerationsprozesse bis zu 48 Stunden. Ausdauersportler mit deutlich erhöhtem KH-Anteil im Essen (rechte Säule im Bild), können die Zeit zur Wiederherstellung ihrer Kraftdepots auf 24 Stunden (Spitzensportler noch weniger) verkürzen.

Unbestritten gibt es auch beim Nährstoffbedarf individuelle (= genetisch bedingte) Unterschiede. Aber der erhebliche Mehrbedarf, vor allem an Kohlenhydraten, ist durch kein Argument wegzudiskutieren. Der Schweizer Ueli Steck lebt als Profisportler und klettert Geschwindigkeitsrekorde in gigantischen Wänden der Alpen (z.B. Eiger) und im Himalaya. Er meint dazu: „Ich weiß … inzwischen, dass das bewusste Essen Teil des Trainings und der Erholung ist. Und gesund essen heißt nicht wenig essen!“ Zitat aus „Panorama", Magazin des Deutschen Alpenvereins, 6/2009, Seite 60).

Wer bisher unausgewogen gegessen und getrunken hat – beispielsweise zu viel Fett und Alkohol – und nun als Vielläufer lediglich seine Portionen vergrößert, deckt zwar den schieren Kalorienbedarf, rutscht jedoch noch tiefer in diverse Mangelsituationen. Den aufbauenden Prozessen seines Körpers fehlen Eiweiße, Mineralstoffe, Vitamine und wertvoller „Treibstoff“ in Form von Kohlenhydraten.

„Ist die Ernährung während der Trainingsperiode bzw. nach den jeweiligen Belastungen unterkalorig oder nicht im erforderlichen Nährstoffverhältnis, dann kann es zu einem Abfall des Leistungsvermögens bzw. zum Zustand des Übertrainings kommen …" (aus „Optimales Training", Jürgen Weineck, Seite 981).

4.1.2 Ernährungshinweise

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So einsichtig diese Sätze auch sein mögen, ihre praktische Umsetzung verlangt Überlegung und Konsequenz. An einigen Beispielen – nimm sie lediglich als Denkanstöße – ist zu zeigen, wo und wie du den Hebel ansetzen kannst:

Die Pasta ist schlechter als ihr Ruf in Läuferkreisen: Nudelgerichte gelten als Klassiker, als reines „Ausdauerbenzin“. Nudelgerichte assoziieren Läufer unkritisch mit 100 Prozent bester Kohlenhydrate. Wie auch nicht, wo doch obligatorische „Pastapartys“ vor Marathonläufen genau dies suggerieren. Genauer hinsehen! Erstens gibt es durchaus wertvollere KH-Lieferanten als die Nudel; vor allem Kartoffeln. Zweitens: Nudel ist nicht gleich Nudel. Vollkornprodukte – wenn du sie magst – sind vorzuziehen und auch der Ei-Anteil in der Pasta spielt eine Rolle. Drittens beschreibt das Hauptproblem ungebremsten Pasta-Konsums: Sicher würgst du deine Nudeln nicht ohne Soße runter. Also bedeuten mehr Nudeln nicht nur mehr Kohlenhydrate, sondern auch mehr Fett in oft schweren Soßen. Ein Blick in die Speisekarte deines Lieblingsitalieners wird zeigen, dass ein Großteil seines Angebots als Läufernahrung mit Note „ungenügend“ durchfällt. Von „Spaghetti Carbonara“ bis „Lasagne“ versinken die eigentlichen Kohlenhydrate, die Nudeln, in einem Ozean von Fett. Du nimmst bei diesen Gerichten nicht weniger Fett- als KH-Kalorien zu dir.

Was tun beim Pastakonsum?

Essen mit Überlegung: Die Tochter/der Sohn trainiert Marathon und muss was „Anständiges“ essen!!! Deswegen lädt dich Mama nach sonntagvormittäglichem langen Lauf mit der ganzen Familie zum Mittagstisch. Und dann legt sie vor: Vier Scheiben leckerster Schweinebraten, von dem dir sonst zwei genügen. Sie meint es ja nur gut! Ob du die Kraft so zu handeln mit Rücksicht auf mütterliche Fürsorge und knurrenden Magen aufbringen wirst, weiß ich nicht, aber sinnvoll wäre Folgendes: Fleischportion nur leicht vergrößern (Fleisch enthält Eiweiß, davon brauchst du auch mehr), dafür einen reichlichen Nachschlag von den angebotenen Beilagen: Kartoffeln, Klöße, Nudeln. Aber Achtung! Fettaugen lügen nie: Ihre Anwesenheit auf sämiger Soße kündet von herrlichem Geschmack, aber auch von unerwünschten, gesättigten Fettsäure-Kalorien.

Was tun?

Ist Alkohol tabu? Alkohol, zumindest in größeren Mengen genossen, gilt als Leistungskiller und hat dehydrierende Wirkung. Daher sollte der Konsum während des Marathontrainings und in bestimmen Situationen zumindest eingeschränkt werden.

Wie war’s bei mir? Bier und Wein schmeckten mir schon immer. Bisweilen auch Hochprozentiges. Nun gehörte ich beileibe nicht zu den trinkfesten Zeitgenossen, gelangte aber zur Überzeugung, dass ich meinen Alkoholkonsum reduzieren sollte. Dergleichen geht nur mit konkreten Handlungsrichtlinien, die bisherige Gewohnheiten aufbrechen. Ein allgemeines Ich-werde-weniger-Bier-trinken lässt sich nicht umsetzen. Also erlaubte ich mir fortan noch ein Bier oder ein Glas Wein an jedem Abend des Wochenendes. Zusätzlich war klar, dass ich anlässlich von Gaststättenbesuchen oder im Biergarten auch unter der Woche nicht bei Wasser sitzen würde. Schnäpse sind seitdem tabu. Vor wichtigen Wettkämpfen (Bestzeitenversuche oder Saisonhöhepunkte) halte ich einen Tag Abstinenz. Nach dieser Maxime richtet sich auch heute noch mein Alkoholkonsum.

Was tun?

4.1.3 Marathontraining zum Abnehmen?

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Viele Menschen fanden Zugang zum Laufsport, weil sie Abnehmen wollten. Dies ist nicht der Ort über Sinn oder bestmögliche Umsetzung des Abspeckzieles durch sportliche Betätigung zu reden. Dies ist die Stelle entschieden auszusprechen, dass Marathontraining nicht den geeigneten Zeitraum darstellt, um fix den Traum vom schlanken Körper zu realisieren! Diese Aussage mag dich irritieren, da du wahrscheinlich während der 12-wöchigen Marathonvorbereitung etwas Gewicht verlieren wirst. Um folgenden Sachverhalt geht es: Nachhaltig Abnehmen erfordert vor allem anders essen und meist auch weniger essen. Also jenes Verhalten zu ändern, das dir den „Rettungsring“ bescherte. „Anders zu essen“ stellt sicher keinen Zielkonflikt mit dem Marathontraum dar. „Weniger essen“ dafür ganz bestimmt. Außerdem verlangen beide Träume – der vom schlanken Körper und der vom Marathon – deine komplette Kraft und Konzentration. Du solltest also das Ziel „ausgewogene Ernährung“ schon vor dem Marathontraining realisiert haben.

Was überhaupt nicht geht ist Hungern während des Lauftrainings. Aus früheren Selbstversuchen (nicht mehr in meiner Marathonzeit) weiß ich wie sich Hungern plus Laufen anfühlt: Körperliche Schwäche begleitet jeden Schritt! Jedes Training wird zur Qual! Zu wenig Kohlenhydrate führen nur zur teilweisen Wiederauffüllung verbrauchter KH-Reserven. Ob und wie schädlich dergleichen sein kann, soll nicht diskutiert werden. Dafür das: Mit solchem Essverhalten setzt du unter Garantie einen Großteil deines Marathontrainings in den Sand! Wenn du hungerst, wirst du keinesfalls die erhoffte Ausdauer erreichen.

Meine Erfahrung mit dem Körpergewicht beim Marathontraining: Während harter Trainingsperioden sinkt mein Körpergewicht, um in der anschließenden Regenerationsphase wieder ein paar Kilo zuzulegen. Das liegt jedoch nicht an unzureichender Ernährung im harten Vorwettkampfgeschehen, sondern daran, dass ich mein Essverhalten hinterher, dem deutlich reduzierten Umfang (= geringerer Kalorienbedarf) zu wenig anpasse. Diesen Luxus leiste ich mir, da zwei, drei Kilo mehr weder zu sehen, noch zu spüren sind und beim nächsten Griff nach dem Lorbeer wieder verschwinden.

4.2 Rasches Wiederauffüllen der Kraftreserven

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Vorsicht Wiederholung: Vor dem nächsten Lauftraining muss verbrauchte Energie ersetzt werden. Startest du mit zu geringem Ausdauervorrat, wird dir auf der zweiten Hälfte des Laufes die Kraft ausgehen. Dann ringst du dir Kilometer ab, die dich lediglich organisch und orthopädisch belasten. Das Trainingsziel wird nicht erreicht, deine Kraft verpufft sinnlos. Wenn das häufiger geschieht, schliddert ein Läufer in den Zustand fortwährender Überforderung: Das Training schlägt nicht mehr an, er fühlt sich ständig müde, lustlos und häuft Zweifel über Zweifel. Darüber hinaus steigt die Verletzungsanfälligkeit: Wo Schwäche regiert, schwindet die Konzentration, werden Unfälle wahrscheinlicher. Fehlende Kraft schleift auch unsaubere Bewegungsabläufe ein. Strukturen im Bereich der Sehnen und Gelenke unterliegen der Überbeanspruchung. Mittel- bis langfristig machen sich Beschwerden bemerkbar.

Marathontraining erfordert mindestens vier Trainingstage pro Woche. Damit stehen zur Regeneration 48 Stunden, manchmal aber auch nur ein Tag zur Verfügung. Die Wiedereinlagerung von Glykogen (Kohlenhydrate) in der Muskulatur muss unmittelbar nach Belastungsende einsetzen. Je früher und rascher das geschieht, umso besser präpariert stehst du morgen, spätestens übermorgen wieder in deinen Laufschuhen.

„Wichtig ist, dass kohlenhydratreiche Getränke … möglichst schnell im Anschluss an das Training … aufgenommen werden, da unmittelbar nach der Belastung die Aktivität der glykogenaufbauenden Enzyme … am höchsten ist." (aus: Jürgen Weineck, „Optimales Training").

Um verbrauchte Energie schnell und vollständig zu ersetzen, spielt also der Zeitpunkt der Kalorienaufnahme eine wichtige Rolle. Leider stellt sich bei vielen Läufern – dazu gehöre ich auch – unmittelbar nach dem Training kein Hungergefühl ein. War die Einheit hart, empfinde ich in der ersten halben Stunde sogar einen starken Widerwillen gegen feste Nahrung. In solchen Fällen helfen kohlenhydrathaltige Getränke, zum Beispiel Apfelschorle oder andere mit Fruchtsäften versetzte Wässer. Du brauchst also keineswegs zu den oft teuren Sportdrinks zu greifen. Sobald sich die Lust auf Kalorien in fester Form einstellt, solltest du ihr intensiv nachgeben. In der ersten, sicher auch noch der zweiten Stunde nach der Belastung ist die richtige Zeit für Sünden! Jetzt nützen alle Speisen mit hohem glykämischem Index. Darunter versteht man solche Nahrung, die eine große Menge Glukose freisetzt, also vorübergehend zu einem hohen Anstieg des Blutzuckerspiegels führt (Hinweis: Beim glykämischen Index geht es nicht um die Geschwindigkeit der Nährstoffaufnahme). Die Tabelle zeigt einige Beispiele von Lebensmitteln mit hohem glykämischem Index (GI, Höchster Index normalerweise 100).

Welch’ frohe Kunde: Kuchen oder ein Schokoriegel – kurz nach dem Training stellen sie nicht nur eine lässliche Sünde dar, sie helfen sogar schneller zu regenerieren. Wem das einfach zu ungesund ist, der greift zu Kartoffeln in jeder Form, Brötchen oder einer Banane. Bitte beachten: Es geht nicht darum sich mit weniger wertvollen Lebensmitteln nach dem Training voll zu stopfen! Vielmehr ist beabsichtigt dem Organismus alsbald nach dem Training derlei in maßvollem Umfang anzubieten.

Um verdaute Kohlenhydrate in ihre muskuläre Speicherform Glykogen umzuwandeln, braucht dein Körper weitere Stoffe: Wasser und Kalium. Da Kalium in vielen Lebensmitteln enthalten ist und sich Marathonis sicher gesundheitsbewusst ernähren, kommt es selbst bei erhöhtem Trainingseinsatz zu keiner Unterversorgung. Anders sieht das mit Wasser aus. Der Indikator „Durst“ reicht in der Regel nicht aus, um sich ausreichend Getränke zuzuführen. Neben dem massiven Schweißverlust im Training sollten dich vor allem folgende Zahlen beeindrucken: Um 1 g Glykogen im Muskel einzulagern, werden 3 g Wasser benötigt! Jene Läufer sind gut beraten, die ständig eine Trinkflasche bei sich haben, um immer wieder einen Schluck nachzutanken.

Hier noch einmal in Stichworten richtige Verhaltensweisen für die schnelle Glykogen-Regeneration:

4.3 „Richtig“ trinken!

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Die Thematik wurde unter der Überschrift „Was und wie trinken?“ bereits unter diesem Link auf unserer Seite abgehandelt. Da dort neben allgemeinen Tipps die Bedürfnisse des Marathonläufers im Mittelpunkt stehen, wird das Thema „Trinken“ hier nicht weiter besprochen.

5. Fit auf den Punkt – die Tapering-Phase

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Noch zwei Wochen bis zum Marathon! Zehn harte Trainingswochen liegen hinter dir. Mitunter wurde die Trainingsbelastung reduziert, um deinem Körper ein „Durchschnaufen“ zu ermöglichen und ihn nicht zu zermürben. Wirklich voll erholt warst du jedoch zu keinem Zeitpunkt. Nicht mal vor den Testwettkämpfen. Was an Langzeitausdauer und Tempohärte zu erreichen war – jetzt ist es erreicht! Gleichgültig, ob alle Trainingseinheiten absolviert wurden oder Teile des Plans wegen Verhinderung, Krankheit, Verletzung ausfallen mussten – ab jetzt trainierst du nicht mehr auf Ausdauergewinn. In den beiden verbleibenden Wochen lautet das Trainingsziel „Leistung halten, Erholung vervollständigen!“ Die hierzu praktizierte Form reduzierten Trainings nennt man „Tapering“.

5.1 Wie tapern?

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Der grundlegende Aufbau der Tapering-Wochen ist nicht schwer zu verstehen: In der vorletzten Woche vor dem Marathon (Woche 11 in unseren Trainingsplänen) wird der Kilometerumfang auf 50 – 70 % der letzten, harten Trainingswoche (Woche 10) reduziert. Bis zum Marathon gibt es nun keine langen Läufe mehr. Allerdings bleibt die Intensität nahezu unverändert hoch. Dauerläufe enden mit drei bis fünf Steigerungen (danach natürlich noch Auslaufen). Ihre Aufgabe ist die „Reanimation“ des Bewegungsmusters für einwandfreies Laufen. Immerhin hast du viele hundert Kilometer Training hinter dir, davon etliche in müdem Schlappschritt. Außerdem helfen diese harten Kurzzeitbelastungen dem Verlust von Ausdauer vorzubeugen.

Für die Marathonwoche selbst (Woche 12 unserer Trainingspläne) empfiehlt sich folgender Trainingsaufbau:

Falls du die letzte Einheit am Tag vor dem Marathon wegen Anreise oder warum auch immer sonst streichen musst, dann mach dir darüber keine großen Gedanken. Sie ist sinnvoll, da entspannend; mehr Wirkung geht von ihr kaum aus. Manchmal, zum Beispiel nach langer Fahrt und in unbekannter, reizvoller Umgebung, versetzte mich so ein kurzes Abschlussläufchen in richtige Hochstimmung. Der Monaco Marathon fällt mir hierzu ein: Laue Abendluft, duftende Gärten, das nahe Meer – schon auf diesen Metern war ich sicher tags darauf nur gewinnen zu können … Aber auch das schiere Gegenteil kenne ich: Vor dem Flug nach Florenz, sehr früh am Morgen, meinte ich mir noch den allerletzten Schliff holen zu müssen. Was mir widerfuhr war ein grauenvoller Jogg, abscheulich und sinnlos, als düstere Vorahnung von Scheitern. Eine Torheit ohne Not! Schon damals konnte ich meine Körperreaktionen recht gut einschätzen: Frühmorgens tauge ich zu wenig, am wenigsten aber zu ausdauerndem Laufen …

5.2 Kann man das Tapering verkürzen?

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Wer glaubt die Tapering-Phase verkürzen und stattdessen zusätzliche, harte Laufeinheiten abspulen zu können, begibt sich auf einen Irrweg. Zuweilen berichten erfolgreiche Marathonis in Internet-Läuferforen von Bombenzeiten, die sie trotz oder gar wegen gestutzten Taperings abgeliefert haben. Man darf ihnen ohne Zögern entgegnen, dass sie vollständig erholt eine noch bessere Zeit erkämpft hätten.

Trotzdem lohnt der Fokus auf dergestalt unkluges Verhalten. Was veranlasst Läufer die rechtzeitige und notwendige Drosselung der Laufkilometer zu unterlassen? Wieso meinen sie sich bis kurz vor Tag X umfangreich belasten zu müssen? Vielleicht sammelten sie bei früheren Gelegenheiten unbefriedigende Tapering-Erfahrungen ähnlich meinen. Von reduzierten Umfängen erwartest du spürbare, von Tag zu Tag wachsende Erholung, zunehmende Leichtfüßigkeit in den verbleibenden Trainings. Leichtfüßigkeit, die sich nur sehr zögerlich einstellen will. Dazu kommen Lampenfieber und Unruhe, die mit jedem Tag wachsen und gegen die du nur noch beschränkt antrainieren darfst. Zur Erinnerung: Marathon läufst du auch mit dem Kopf! Der täuscht auf einem der kurzen Läufe in Woche 11 und 12 auch gerne mal schwache Beine vor, um deine Skepsis zu nähren. Mit der kompletten Palette solcher Empfindungen schlug ich mich immer herum, wenn eine Bestzeit oder harte Ultra-Herausforderungen bevorstanden.

Lass dich davon nicht beirren: Genau so muss (oder zumindest: kann) es sein! Lass mich deinen Zweifeln zwei aus einer Reihe ähnlicher Erfahrungen entgegensetzen:

Berlin, September 2002, mein erster Marathon: Ich irre durch die Marathon-Messe-Hallen und fühle mich … deplatziert! Tausende drahtiger Gestalten um mich her, die natürlich alle schon diverse Marathonstrecken unter den Sohlen hatten. Ich keine einzige. In welches Gesicht ich auch schaue, welchen athletischen Körperbau ich auch verstohlen mustere: Alle wirken sie stark, voll austrainiert und entschlossen. Ich spüre keine Schwäche. Das nicht. Aber eben auch nicht, was ich zu spüren hoffte: Endlos Kraft. Ich bin entsetzlich verunsichert und voller Zweifel. Kann das gut gehen? … Am Tag darauf laufe ich meinen ersten Marathon, Zielzeit 3:45 h. Nicht mal im Endspurt, den ich etwa einen Kilometer vor dem Ziel anziehe, nehme ich das geringste Zeichen von Schwäche wahr. Mit 3:42:xx unterbiete ich mein Zeitziel deutlich. Und es wäre mehr drin gewesen, wenn mir Vorsicht und Disziplin schon vor Kilometer 25 ein höheres Tempo erlaubt hätten. Und doch war diese Taktik genau die richtige, weil sie mir im Finish einen Glückstaumel ohnegleichen bescherte. Folge: Ich will, ich muss wieder Marathon laufen!

Wieder Berlin, 12. Juli 2008, diesmal kein Marathon: Um 9 Uhr, stehe ich an der Anmeldung und fühle mich … deplatziert! Nun müsste ich es allmählich besser wissen: Gut trainierte Ausdauer kann man erst fühlen, wenn man sie abruft! Nicht schon in der Anmeldeschlange und auch nicht auf den ersten Kilometern. Und doch: Vor meiner schwersten Prüfung habe ich die Hosen gestrichen voll und fühle mich eher schwach. Und das nach 20 Marathons zur Vorbereitung, darin sogar einige Ultraläufe. Um es abzukürzen: Danach absolviere ich einen 24-Stundenlauf, laufe in dieser Zeit über 219 km, werde in meiner Altersklasse Deutscher Meister und mit 55 Jahren vierter im Gesamtklassement. Das zeigt wie absurd und irreal Zweifel und körperliches Missempfinden vor dem Start sein können!

Beide Erzählungen zeigen einen Läufer in für ihn neuer Situation: Vor einer für seine jeweiligen Maßstäbe überaus harten Prüfung. Unruhe, Unsicherheit, große Zweifel angesichts scheinbarer körperlicher Schwäche, Ängste – bei ehrgeizigen Menschen vor allem zu versagen – sind vor großen Herausforderungen völlig normal. Mancher mag dem Tapering, der relativen Untätigkeit der letzten Tage, die Schuld für seine Unruhe geben. Verständlich. Er mag auch glauben, dass Gefühle von Schwäche vermeidbar wären, wenn er die Laufumfänge später verkürzt hätte. Auch verständlich, aber genauso falsch.

Fast bin ich versucht das Tapering als kritischsten Zeitraum des Marathontrainings zu markieren. Körperlich stimmt das insofern, als die Trainingseinheiten jetzt nicht mehr dem Ausdauergewinn, sondern hundertprozentiger Erholung dienen. In den letzten beiden Wochen mehr zu laufen als vom Trainingsplan vorgegeben ist ein Terroranschlag auf die vollständige Regeneration! Das Trainingsgeschehen in deinen Beinen wird in den Tapering-Wochen flauer, jenes im Kopf gewinnt an Dynamik: Nur noch ein paar Tage trennen dich vom Marathon! Ein Gedanke, der dir immer öfter in den Sinn kommt. Unsicherheit und Adrenalinstöße wie vor wichtigen Prüfungen in der Schulzeit bescheren dir unruhige Tage. Du solltest dir vorab darüber klar werden, wie du mit solch einer Situation klar kommst. Manchen macht das nichts aus, andere leiden schauerlich. Es gibt Möglichkeiten mentale Belastungen zu kompensieren: Yoga, autogenes Training, oder andere Techniken. Ich möchte in dieser Hinsicht keine Empfehlung aussprechen, weil jeder auf seine Weise mit der Psyche klarkommen muss. Fest steht, dass der bevorstehende Marathon eine hohe, seelische Belastung darstellen kann. Mir hat das zum Glück nie Probleme verursacht. Anders Ines: Während des Taperings vor ihrem Marathon-Debüt erkrankte sie an einer Nebenhöhlenentzündung. Es gibt keine Gewissheit in solchen Dingen; dennoch waren wir uns einig, dass übergroße Aufregung, Druck, Lampenfieber, Furcht vor der langen Strecke – nenne es wie du willst – die Barriere ihres Immunsystems senkte.

Ich will dir nichts einreden, was dich nicht betrifft. Falls du dich allerdings als sehr sensibel reagierenden Menschen kennst, solltest du Vorkehrungen treffen, um zur Ruhe zu kommen. Apropos Ruhe: In der Tapering-Phase, insbesondere in der letzten Woche vor dem Marathon, hast du plötzlich wieder mehr Zeit. Zeit, in die du nicht all jene Vorhaben packen solltest, die zuletzt zu kurz kamen. Nichts kannst du jetzt weniger brauchen als zusätzlichen Stress durch einen überfüllten Terminplan, der dich aus der Bahn wirft. Mit einer Woche Urlaub vor dem Marathon sicherte ein Läufer seinen Start. Beim ersten Anlauf holte ihn eine Kette schlimmer Geschehnisse während des Taperings aus den Laufschuhen und warf ihn aufs Krankenlager ... Noch einmal: Das muss dich nicht betreffen. Aber es ist wichtig auf die besondere seelische Situation während des Taperings vorbereitet zu sein.

Fazit: Marathon ist auch Kopfsache! Ausgerechnet in einer Situation wachsenden Lampenfiebers, wenn du den Trainingserfolg gerne testen würdest, darfst du genau diesen Knopf nicht mehr drücken. Was die verstärkt aufwallende Skepsis zerstreuen könnte, langes, schnelles, hartes Laufen, ist tabu! Nimm diese unbefriedigende und oftmals von körperlichen Falschmeldungen begleitete Situation möglichst gleichmütig hin. Unnormal ist sie nicht. Erinnere dich an diese Zeilen, wenn es soweit ist … Du wirst es schaffen!

6. Carboloading – Kohlenhydrate bunkern bis der Arzt kommt?

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Auf dem unbekannten „Weg zum Marathon“ wirst du versucht sein jedes noch so kleine Zeichen als richtungsweisend zu betrachten. Wo geboten, haben wir versucht die Bedeutung solcher „Zeichen“ zurechtzurücken: Wichtiges wurde mit fettem Ausrufezeichen versehen, eher Nebensächliches allenfalls erwähnt. Carboloading – so viel vorweg – gehört sicher nicht zu den Taktiken, denen ein gut austrainierter Marathon-Aspirant übermäßig Aufmerksamkeit schenken sollte. Von einer bestimmten Form des Carboloading solltest du sogar die Finger lassen, die Folgen könnten verheerend sein.

Carboloading – das Aufladen mit Kohlenhydraten (KH) – bezeichnet eine Ernährungstaktik, die Ausdauersportler in den letzten Tagen vor einem Wettkampf zur Maximierung der Glykogenvorräte (KH-Vorräte) in der Muskulatur anwenden. Ziel ist die Aufstockung dieser Depots über das bereits von hartem Training maximierte Maß hinaus. Erfolgreiche Kohlenhydratmast – so lautet ein weiteres Synonym – soll die Ausdauerleistung um 2 – 3% verbessern können. Dies allerdings nur für lange Ausdauerwettkämpfe jenseits von 90 Minuten Dauer.

Das Aufladen mit Kohlenhydraten geschieht während der letzten 2 bis 4 Tage vor dem Marathon. Du erhöhst in dieser Zeit den Anteil der Kohlenhydrate in der Nahrung. Dafür werden die Anteile von Fetten und Eiweißen entsprechend gesenkt. Carboloading meint also keine Zusatzkalorien! Den größten Teil des Tagesbedarfs in Form von Kohlenhydraten zu sich zu nehmen heißt anhand von Nährwerttabellen ziemlich ausgewählt zu essen. Gaststättenverpflegung wird dem sicher nicht gerecht; außer man verzichtet weitgehend auf Fleisch, Wurst, Soßen und Ähnliches.

Du kannst die Wirkung des Carboloading unterstützen, wenn du vor Beginn der „Ladephase“ einen intensiven, jedoch nicht zu langen Lauf zur Teilentleerung der Glykogenvorräte einplanst. Hierfür bietet sich der Dauerlauf im Marathontempo (MRT) an, den dir unsere Trainingspläne fünf Tage vor dem Wettkampf abverlangen.

Das Synonym „Kohlenhydratmast“ klingt nicht nur schauerlich – was sich positiv auswirkt, wenn du es als Warnung begreifst – es verführt zu falschem Vorgehen. Als „Mast“ bezeichnet man das übermäßige und höchst ungesunde Vollstopfen mit Nahrung. Wem fallen da nicht die bedauernswerten, von Tierquälern gemästeten Gänse ein? Unablässig und zwangsweise mit Futter gestopft leben sie zum Hauptzweck eine abartig vergrößerte Leber zu entwickeln. Und genau das, übermäßiges Mästen mit Kohlenhydraten, meint Carboloading nicht! Um es zu wiederholen: Du isst beim Carboloading nicht wesentlich mehr, sondern anteilig anders.

Die richtig durchgeführte Aufladung mit Kohlenhydraten führt möglicherweise zur vorübergehenden Gewichtszunahme von bis zu 2 kg. Mit jedem Gramm zusätzlich gehorteten Glykogens nimmt der Körper auch einige Gramm Wasser auf.

Eine Brutalform das Carboloading, nach heutigem Stand der Forschung zumindest umstritten und für Freizeitsportler wegen ihrer Unwägbarkeiten für den Magen-Darm-Trakt auf jeden Fall abzulehnen, ist die Saltin-Diät. Dabei entleert man die Glykogen-Speicher des Körpers über mehrere Tage durch unvermindertes Training bei weitgehender Reduzierung des Kohlenhydratanteiles in der Nahrung. Man nimmt während dieser Zeit überwiegend Fette und Eiweiße zu sich. Den entstehenden Mangel bekommst du als ausgeprägte Schwäche zu spüren. Wer zuvor noch nicht verunsichert war, ob er den Marathon erfolgreich bestehen kann, die künstlich herbei geführte Schwäche macht eine hübsche Vor-Marathon-Depression wahrscheinlich … Dem KH-Entzug folgt dann die Kohlenhydrataufladung. Nun werden dem Körper ausschließlich Kohlenhydrate angeboten, nach denen er seit Tagen lechzt und die er sich nun über die Maßen einverleibt. So weit die Theorie. Ich erwähne die Saltin-Diät nur der Vollständigkeit halber und um dir davon abzuraten: Lass den Unfug sein! Die Wissenschaft meint inzwischen den Beweis führen zu können, dass einfaches Carboloading, wie oben dargestellt, denselben Effekt erzielt. Außerdem besteht die große Gefahr sich wenige Tage vor dem ersehnten Marathonlauf den Bauch zu verkorksen. Und ein Marathonlauf mit unaufgeräumtem Unterleib gestaltet sich gar nicht lustig … doch davon später.

Die Pastaparty, gängiges Ritual zumindest bei größeren Marathons, ist als Schlusspunkt des Carboloading gedacht. Häufig beim Abholen der Startnummer bieten Veranstalter ein gemeinsames Nudelessen an. Auch diesem Detail solltest du wenig Bedeutung beimessen. Wie bereits erläutert bieten sich Kartoffeln als bessere KH-Quelle an und oft werden zur Pasta zu fette Soßen gereicht. Andererseits macht es einfach Laune unter Hundertschaften Gleichgesinnter zu sitzen und mit Vorfreude auf den Lauf Nudeln zu spachteln. Bisweilen nimmt die Pastaparty auch regionalen Charakter an. Noch heute läuft Ines und mir das Wasser im Mund zusammen, wenn wir an unsere Läufe in Wien zurück denken (siehe Bild oben). Dort tischte man uns anstelle profaner Nudeln einen höchst köstlichen Kaiserschmarren auf!

Wenn möglich genieße ich das Pastaangebot des Veranstalters mittags und gönne mir abends eine KH-reiche Mahlzeit in einem Speiselokal. Inzwischen achte ich strikt auf verträgliche Mengen. Anfänglich interpretierte ich Carboloading so: Kohlenhydrate bunkern bis der Arzt kommt. Und wo geht das besser als in Pastaland? - Pardon: in Italien! Rom Marathon, März 2004: Wir sind schon ein paar Tage früher angereist, wollen einige Kilometer vor den Toren Roms eine Woche Urlaub machen. Wagenradgroße Pizzen und Berge von Pasta verschwinden täglich in meinem Bauch. Das große Fressen! Samstags fahren wir erstmals nach Rom. Nachdem ich das Startpaket in meinen Besitz gebracht habe, geht’s zur Pastaparty (siehe Bild). Und was für eine! Viererlei Sorten Nudeln mit verschiedenen Soßen, dazu ein Gnocchi-Gericht, alles ungemein schmackhaft. Woher ich das weiß? Du ahnst es sicher. Ich meine jede Sorte kosten zu müssen und stopfe mich randvoll … Anderntags, etwa bei Kilometer 30, bekomme ich dann die Quittung: Ein Ziehen im Unterleib setzt ein, verstärkt sich binnen Minuten zu einer Art schmerzhaftem Krampfen. Ich stöhne unter Schmerzen und bereue meine kulinarische Unbotmäßigkeit. Einige Zeit bleibt mir nichts übrig als sehr langsam zu traben. Erst ein paar Kilometer vor dem Finish löst sich der „Knoten“ im Unterleib. Zu spät, um die angepeilte Zielzeit von 3:14:59h noch zu schaffen …

Fazit: Du solltest deinem Magen-Darm-Trakt nur die leichte Form der Kohlenhydrataufladung vor dem Marathon zumuten. Es wird nichts schaden, wenn du an den drei letzten Tagen noch stärker als sonst auf KH-reiche Nahrung setzt. Aber keine Experimente mit ungewohnten Gerichten und vor allem nicht mehr essen als sonst auch! Immerhin verstärkt es das Gefühl gut vorbereitet zu sein, wenn du auf der Checkliste auch vor den Positionen „Carboloading“ und „Pastaparty“ ein Häkchen setzen kannst. Selbst wenn es objektiv betrachtet nichts brächte. Dein Kopf weiß, dass du mit prall gefüllten Glykogendepots auf die Strecke gehst und Marathon läuft man nicht zuletzt mit dem Kopf!