Freitag, 30. Juni bis Sonntag, 9. Juli 2017

Und täglich grüßt der Otto   -   10 Marathons in 10 Tagen, Bad Blumau 2017

Warum „10 Marathons in 10 Tagen“?

Mit dem „Spartathlon“ erlebte ich unzweifelhaft meinen läuferischen Höhepunkt. Schon unterwegs auf dem Peloponnes und mit absoluter Klarheit später zu Hause wurde mir bewusst, dass ich mit noch härteren Herausforderungen meine (orthopädische) Gesundheit aufs Spiel setzen würde. Unter anderem deshalb strebe ich keine Wiederholung des „Spartathlons“ an. Künftig wollte ich folglich „kleinere Brötchen“ backen. Mich nur solchen Aufgaben stellen, deren Anspruch ich mutmaßlich und altersgemäß würde erfüllen können.

206 mal stand ich an der Startlinie eines Marathons oder Ultras und kam ebendiese 206 mal auch ins Ziel. Wenn es für diese makellose Serie ein Erfolgsgeheimnis gibt, dann dies: Ich wusste immer, was ich zu leisten im Stande bin, vor allem aber auch, was nicht geht. Jenseits solcher Selbstbeschränkung suchte ich stets neue Herausforderungen. Bislang beschränkte ich mich darauf zwei Marathons oder Ultras an einem Wochenende zu laufen. „10 Marathons in 10 Tagen“ (kurz: „10in10“) hörte sich verrückt genug an, um mich spontan dafür zu begeistern. Zumal ich im „Nach-Spartathlon-Jahr“ die 100 km-Marke im Ultrabereich keinesfalls überlaufen wollte.

Darüber hinaus wurde ich über die Jahre zum Marathonsammler, der mit dem „10in10“ sein „Konto“ flugs auf über 200 Marathons und Ultras würde erhöhen können. Darin solltest du kein Rekordstreben noch Suchtverhalten erkennen. Es macht einfach Spaß an so vielen Schauplätzen der Laufwelt unterwegs zu sein und einen Wettkampf nach dem anderen zu finishen.

Schwierigkeiten

Der ohne Not gefasste, nachhaltiger Regeneration dienende Entschluss in 2017 keinen Einzelwettkampf über 100 Kilometer oder weiter zu bestreiten erwies sich zu Beginn des Jahres 2017 als unausweichlich. Der „Spartathlon“ forderte seinen Preis in Form massiver orthopädischer Schwierigkeiten, die die Trainingsinhalte meiner auf den „10in10“ ausgerichteten Vorbereitung massiv limitierten. Über viele Wochen hinweg war ich zur Quadratur des Kreises gezwungen: Einerseits musste ich die Laufumfänge von jahresanfänglichen 50 bis 60 km pro Woche ständig erhöhen, um meine Startchance für den „10in10“ zu wahren. Zugleich durfte ich Quantität und Qualität nicht übertreiben, um meine Blessuren - vor allem die Achillessehnenentzündung - nach und nach „in den Griff zu bekommen“.

In den letzten Testläufen vor dem „10in10“ zeigte sich mein Fahrwerk friedfertig, insbesondere die Beschwerden an der Achillessehne blieben oft unter der Wahrnehmungsgrenze. Die Angst infolge längsten Laufens über mehrere Tage den „Drachen“ wieder aufzuwecken bleibt natürlich bestehen. Hauptsächliche Hypothek, die einem Gelingen des Abenteuers „10in10“ im Wege stehen könnte, ist jedoch die eingeschränkte Vorbereitung, in der ich weder den einst geplanten Wochenumfang, noch die beabsichtigte Qualität (Tempoanteile im Training) erreichen konnte.

Veranstaltungsort und Laufstrecken

Schauplatz der 10 Marathons ist die kleine schmucke Gemeinde Bad Blumau in der Oststeiermark, etwa 60 km von Graz und unweit der ungarischen Grenze gelegen. Dass der Kämmerer von Bad Blumau nicht auf den Cent, nicht mal den Euro schauen muss, erkennt man an jeder Ecke im Dorf. Alles nur vom Feinsten, alles rausgeputzt, vieles nigelnagelneu: Begrünung und Beflanzung an den Straßen, öffentliche und private Gebäude, Fußballstadion, Schule. Die nahe „Hundertwasser-Therme“ dürfte maßgeblich zum sichtbaren Reichtum des Ortes beitragen. Just an unserem ersten Laufwochenende feierte Bad Blumau das 15. Jahr seiner Erhebung zum „Bad“.

Die „Hundertwasser-Therme“ bildet das künstlerische Glanzstück sowohl der Gemeinde als auch der „10 Marathons in 10 Tagen“. Die Therme entstand nach Plänen des Malers und Architekten „Friedensreich Hundertwasser“. Der im Jahr 2000 verstorbene Künstler wurde bereits zu Lebzeiten von vielen (meine Frau Ines und mich selbst eingeschlossen) für seine unverwechselbaren baulichen Schöpfungen geschätzt. Hundertwasser scheute Rechteckiges, gab der Verspieltheit Raum, fühlte sich allem Natürlichen verpflichtet und sparte wahrlich nicht mit kräftigen Farben. Auf diese Weise verwandelte er nüchterne Zweckbauten unter Beibehaltung ihrer Funktionalität zu Märchenschlössern. Zum i-Tüpfelchen der „10 Marathons in 10 Tagen“ wird die Therme, weil unsere Strecke das Thermengelände einbezieht und ich mir Tag um Tag mehrfach diese Herrlichkeit ansehen darf …

An den Tagen eins bis sieben nutzen wir eine ungefähr 4,5 km lange, neunmal zu durchlaufende Rundstrecke, der eine kurze Auftaktschleife vorgeschaltet wird, um Marathonlänge sicherzustellen. Die drei letzten Marathons werden auf einer knapp 3 km langen Pendelstrecke ausgetragen. Wende 1 entspricht dem Start-/Zielbereich mit der Zeitmessung, Wende 2 befindet sich im Thermengelände. Die Versorgung mit Trink- und Essbarem sponsort die Therme, weswegen sich der Verpflegungspunkt (in Österreich: „Labe“) jeweils vor den Gebäuden der Therme befindet. Abgesehen vom Abschnitt im Thermengelände, entspricht die Pendelstrecke einem Teil der ursprünglichen Runde.

Hinweis: Die Erlebnisse rund um die Marathons eins bis acht schrieb ich jeweils noch am selben Tag als „Rohversion“ auf. Im Nachhinein zeigte sich, dass es ansonsten kaum möglich gewesen wäre das Geschehen der ersten Tage zu rekonstruieren, obschon sich die Läufe durchaus in Einzelheiten, manchmal sogar wichtigen, unterschieden. Diese Aufzeichnungen habe ich lediglich im Ausdruck verändert, wo mein Stilempfinden Unausgegorenes dem Leser nicht zumuten wollte. Die Tage neun und 10 hielt ich nur in Stichworten fest, die erst am heimischen Bildschirm Textgestalt annahmen.

Freitag, Marathon „eins“:   Einmal ist keinmal

„Da kannst du jeden Teilnehmer mit Handschlag begrüßen!“ - Ich spreche es aus und handele danach. Zumindest bei einigen Teilnehmern, deren Konterfei ich kenne, und ganz selbstverständlich, wenn es sich bei den anderen ergibt. Gerade mal 15 Marathonis „stark“ ist das Feld zum Auftakt der „10 Marathons in 10 Tagen“. Und lediglich 12* von uns haben die Absicht alle 10 Läufe durchzustehen. Darunter auch der Veranstalter selbst, Otto Peischl, der die „10in10“ ursprünglich für sich alleine organisieren wollte, bis ihn Susanne Schöberl, gleichfalls am Start, auf die Idee brachte das Ganze als offiziellen Wettkampf auszuschreiben.

*) Im Grunde lautet die magische Zahl „13“, was abergläubischen Läufern schon vorm Start Schweißperlen auf die Stirn getrieben hätte. Allerdings ist Karl-Alfred (kurz: Karl) zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschlossen an allen Tagen anzutreten.

Kurze Vorrede von und Einweisung durch Otto, der den Hauptsponsor, die „Hundertwasser-Therme“, hochleben lässt. Mit einigem Recht, weil ohne deren Engagement, vor allem bei der Teilnehmerversorgung und der Erlaubnis das Gelände der Therme in die Strecke zu integrieren, die Veranstaltung nie ins Leben getreten wäre. Nach ihrem Grußwort obliegt es dann auch der Thermenchefin uns um Punkt acht Uhr auf die Reise zu schicken …

Im Grunde fühle ich mich pudelwohl und bin guter Laune. Der ewige Zweifler in mir hält zu solcher Befindlichkeit allerdings Distanz, um gegen jede Form von Enttäuschung und gleichgültig zu welchem Zeitpunkt gewappnet zu sein. Meine grundsätzlich „positive Vorspannung“ hat mehrere Ursachen. Großen Einfluss nimmt das Wetter: Blauer Himmel und Sonne, noch kühl aber warm genug, um nicht zu frösteln. Außerdem ist Kraxi, mein steirischer Lauffreund, mit von der Partie. Gerade gibt er den Vorausradfahrer für Runde eins, später wird er bei Rundenzählung und Zeitnehmung assistieren. Ursprünglich wollte Kraxi selbst „10in10“ laufen, was sich aber infolge Erkrankung und Trainingsrückstand als nicht sinnvoll erwies. Soweit die „externen Launemacher“. „Intern“ fühle ich mich nach dem erst vor fünf Tagen absolvierten 80 km-Lauf in Karlsruhe gut erholt. Vor allem bin ich guter Dinge, dass mein anfälliges „Getriebe“, in das über Monate immer wieder Sand geriet, nun endlich rund laufen wird …

Die cirka 1,5 km lange Auftaktrunde liegt hinter uns und zu meinem Erstaunen hat sich nur Thomas, der mit Abstand jüngste Mitläufer, um ein paar Meter abgesetzt. Du darfst meine Verblüffung aber auch gerne so formulieren: Udo läuft in der Spitze mit ... Neben Warmwerden bei langsamem Tempo, das ich der inneren Automatik überlasse, betreibe ich fleißiges „Foto-Shooting“ und unterhalte mich mit dem neben mir laufenden Veranstalter Otto. Auch Fotografieren funktioniert mehr oder weniger von selbst, so dass ich mich aufs Gespräch konzentrieren kann. Das hält allerdings nicht lange, weil Otto mein Tempo nicht mitgehen will. Immerhin lange genug, um auch Otto als vormaligen „Spartathlon-Finisher“ zu identifizieren.

Mein Tempo - womit ich bei der wichtigen Frage angekommen wäre, welche Leistung und welche Taktik ich für diesen 10 Tage dauernden Wettkampf ins Auge fasste. Vorausschicken sollte ich, noch bei keinem meiner bisherigen Saisonhöhepunkte im Hinblick auf die Abschätzung „Was geht?“ so im Dunkeln getappt zu sein. Zum einen fehlte meiner Vorbereitung vieles, was mich bisher erfolgreich machte. Vor allem Qualität (Tempoanteile), Umfang (maximal 165 Wochenkilometer) und Biss. Ursache: Erkrankungen und Verletzungen. Mit mangelndem Biss bezeichne ich ängstliches Zurückstecken bei Vorbereitungswettkämpfen und im übrigen Training, weil ich fürchtete die orthopädischen Probleme zu verschlimmern oder nicht in den Griff zu bekommen. Zurückstecken in Situationen, denen ich in den Jahren zuvor nie auswich, mir stattdessen jeweils einen Tritt in den Hintern gab und mich zum Durchhalten zwang.

Weitere Verunsicherung geht von fehlender Erfahrung aus, da ich bislang nie mehr als zwei Marathons oder Ultras an zwei aufeinanderfolgenden Tagen absolvierte. Dieses Jahr mehrmals verschärft durch längere Perioden ohne Laufpause und zusätzliche lange Läufe während der Woche. Erfahrung „garantiert“ mir drei Marathons, auf weitere zwei mache ich mir sicher berechtigte Hoffnungen, was danach kommt entspringt einstweilen blühender Fantasie.

Das Training der letzten Jahre war auf ultralanges Durchhalten ausgelegt. Tempo spielte (fast) keine Rolle. Deshalb bliebe ich derzeit ausgeruht auf flachem Marathonkurs allenfalls knapp unter vier Stunden. Dass sich diese Maximalleistung nicht täglich wiederholen lässt, wird jedem einleuchten. Mehr noch: Ich unterstelle, dass mich auch 10 x 4:15 Stunden überfordern würden. Darum und nun konkret: Ich will versuchen jeden Marathon vom ersten bis zum letzten Kilometer in konstantem Tempo zu laufen, jeweils unter 4:30 Stunden. Summa summarum gestehe ich mir folglich für „10in10“ nicht mehr als 45 Stunden zu.

Auf den ersten 15 Kilometern wechseln Zweifel und Zuversicht in raschem Takt. Wenn meine Achillessehne gerade mal für ein paar Schritte zwickt, scheint mir nicht nur der anvisierte Zeitrahmen „märchenhaft“, dann stelle ich das Unternehmen und mich grundsätzlich in Frage: „Wie kannst du so vermessen sein und … ??“ Kooperieren alle „Teile“ gerade klaglos, bemerke ich überdies die Leichtigkeit, mit der ich mich bewege, muss ich überbordendem Optimismus wehren. Verständlicherweise büßen meine Schritte nach und nach ihre Lockerheit ein und prompt setze ich neuerlich ein Fragezeichen: Kann das wirklich gelingen, über so lange Zeit?

Der Himmel bleibt mein Verbündeter. Frau Sonne hält mich warm und lässt die Umgebung in kräftigen Farben leuchten. Ich bin überrascht, wie viele reizvolle Bilder die Strecke bereithält. Nicht eine triste, unfrohe Ansicht. So lange ich mich vom Startbereich weg bewege überwiegt das Grün. Zunächst auf einem Joggingpfad - tatsächlich als solcher ausgewiesen - im Kurpark von „Bad Blumau“, der im Dunkeln ohne Stirnlampe nutzbar zu sein scheint. In regelmäßigen Abständen aus dem Boden aufragende Laternen legen den Schluss nahe. Ein Kurpark wird von Architekten geplant, von Gärntnern bepflanzt und von Künstlern ausgestattet. Der Kurpark von Bad Blumau scheint sich in größtmöglicher Naturbelassenheit zu gefallen. Kein Rasen aus der Retorte, dafür Wiesen, mehr oder weniger gemäht, manchmal streifenweise gar nicht, wofür Blumen und letztlich Insekten sich herzlich bedanken. Auch ein mutmaßlich von Menschenhand geschaffener Seerosenteich liegt an der Strecke, dem zum Ausgleich alles Künstliche, wie Randeinfassungen, Fontänen und sonstiger Kurgartenschnickschnack fehlt. Ein paar hundert Meter weiter führt mich der Weg an einer Reitanlage vorbei, auf deren Koppeln zumindest während der anfänglichen Runden viele Pferde dem Treiben der Läufer zusehen.

Der Rückweg zum Ziel verläuft durch Ortschaften und die Therme, weswegen hier Straßen und als Untergrund Asphalt dominieren. Weniger reizvoll wirkt die Passage dadurch nicht. Zunächst geht’s durchs hübsche Schwarzmannshofen, einen Ortsteil von Bad Blumau, in dem man sich mit der Ausgestaltung der Straßenschilder besondere Mühe gab. Mir jedenfalls gefällt das Ergebnis. Auf den Weiler folgt der „Lieferanteneingang“ der Therme. Wir beginnen unsere Hundertwasser-Märchenschloss-Besichtigung im eher publikumsfernen Teil, was dem Kunsterlebnis jedoch keinen Abbruch tut. Sogar im Bereich von Küche und Wirtschaftstrakt sparte der illustre Architekt nicht mit Rundem und Buntem. Die Gerade mag die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten sein, keinesfalls aber die gemäß Hundertwasser wünschenswerte. Vertikal und horizontal wechseln wir mehrmals die Richtung, passieren zudem zwei idyllisch ins Thermengebäude eingepasste Unterführungen, um schließlich den großen, von unterschiedlichen Wasserpflanzen besiedelten Teich der Therme im Halbkreis zu umrunden. An diesem Morgen wird das Gewässer einer gründlichen Unterwasser-Mahd unterzogen. Offensichtlich drohte die moorig dunkle Wasserfläche totaler Verkrautung anheim zu fallen.

Über die mit fantasievoll bunten Fahnen geschmückte Hotelzufahrt verlassen wir das Thermengelände und laufen schließlich durch Bad Blumau. Ein in allen Details noch liebevoller heraus geputztes Dorf ist schwerlich vorstellbar. Blumenrabatte an der Straße, Alleebäumchen sorgsam gestutzt, Häuser im frischen Kleid. Sogar Tankstelle und Tante Emma Laden fügen sich adrett ins Ortsbild ein. Vorm Abbiegen in Richtung Ziel gelingt noch ein Blick zur querab und erhöht stehenden Kirche. Per Holzbrücke über den Safenbach und keine 500 Meter später registriert mich die Zeitnehmung.

Zumindest an diesem ersten Tag kann ich meine Taktik ohne Schwierigkeiten umsetzen. Ich halte das Tempo weitgehend konstant. Bin zwar auf dem einen oder anderen (Asphalt-) Kilometer zu schnell, dafür auf anderen wieder langsamer. Insbesondere die kurzen Verpflegungsstopps kosten ein paar Sekunden. Die Labestelle steht im Schatten des Thermengebäudes und wird von Mitarbeitern der Therme mit gekühlten Getränken, Bananen, Kuchen und sogar Gel bestückt. Während der drei letzten Runden spüre ich natürlich die Distanz in den Beinen, bin aber von wirklichem Kämpfenmüssen meilenweit entfernt. Als ich nach 4:25:03 Stunden durchs Ziel laufe, habe ich mich wie beabsichtigt und erhofft nicht verausgabt.

Kurioses ereignet sich auch:

Samstag, Marathon „zwei“:   Je irrer, umso netter

Körperlich beginnt mein Tag wie jeder Tag nach einem Langdistanzwettkampf: Mit einer gewissen „Steifigkeit“ in allem, was an Vorwärtsbewegung mitwirkt, dazu ein bisschen spürbare Restermüdung. Und anlässlich der ersten Schritte mahnen die Achillessehnen, dass sie sich durchaus einiges bieten lassen, aber eben auch nicht jeden Quatsch mitzumachen bereit sind. Nachdem der Begriff „Muskelkater“ schon eindeutig besetzt ist, musste ich ein neues Wort erfinden und fasse mein physisches Befinden mit „Laufkater“ oder „Nach-Wettkampf-Kater“ zusammen.

Mental beginnt mein Tag - wie sollte es angesichts eines „Laufkaters“ anders sein - mit Zweifeln. Vor allem Zweifel das Tempo von gestern heute reproduzieren zu können. Zwischen Bett und Startbereich bessert sich mein Status: Die Körperampel hat mittlerweile auf Grün umgeschaltet und im Kopf kreist schicksalsergeben das Mantra „Wird schon gutgehen!“

Was ist neu am Start? - Die Ansprache des (selbst mitlaufenden) Veranstalters Otto fällt heute kürzer aus, umfasst lediglich die Begrüßung von vier neuen (Gast-) Läufern und für sie eine Kurzeinweisung in die Strecke. Mit Gastläufern, die nur an einzelnen Marathons teilnehmen, rechne ich vermehrt an den beiden Wochenenden, samstags und sonntags. Insgesamt besteht das nach wie vor überschaubar kleine Feld aus 14 Unentwegten von gestern dazu 4 Neue, also 18 Marathonis.

„Neu“ ist auch das Wetter: Kühle 17°C am Start und ein bedeckter, unentschlossen wirkender Himmel. Natürlich wissen wir es besser. Genauer gesagt erhoffen wir es auf Basis der Wettervorhersage besser: Mit alterndem Vormittag wird die Wolkendecke rasch aufreißen und die Sonne zurückkehren. Ich bin nicht der einzige, dem es heute Morgen eher zu kühl ist. Otto mag auch eher die sonnigen Läufe, ihm scheint Wärme gleichfalls gut zu bekommen. Wie sich das mit unseren Italienern - Frau und Mann - verhält, weiß ich natürlich nicht. Alle anderen atmen sichtbar auf - besser: durch - nicht von Beginn an besonnt zu werden.

Der Auftakt gestaltet sich gleichfalls abweichend. Schon auf den ersten Metern der Einführungsrunde setzt sich einer der Neuen, ein sehr junger Läufer, ab. Ihm folgt der gestern erstplatzierte Thomas, weniger forsch, weil er 10 von 10 zu laufen hat, aber durchaus beschwingt. Dahinter wir anderen mit gebotener Zurückhaltung. Mein „Reinkommen“ vollzieht sich anders, als ich das bisher in der Situation „gestern Marathon und heute wieder“ erlebte. Grob beschrieben war’s immer so, dass in den ersten Minuten Zwicken und Zwacken allüberall vorherrschte und die Beine dem Wunsch zu laufen zähen Widerstand entgegensetzten. Beide Erscheinungen verflüchtigten sich relativ rasch. Nach und nach lief es runder, wenngleich mir natürlich nicht die volle Leistung des Vortages zur Verfügung stand. Heute überwinde ich die ersten Meter eher „locker flockig“ und mein Bewegungsapparat muckt nicht im Mindesten! Kein Ziepen, kein Zwacken, nichts. Rien. Nada. Nothing. Niente.

Mit den Kilometern baut sich allerdings ein gewisser Widerstand auf. Vielleicht narrt mich aber auch nur mein Laufgefühl. Täuscht Hemmungen im Energiestoffwechsel vor, wo es gar keine gibt. Denn mein Tempo von etwas über 6 min/km zu justieren und in der Folgezeit zu halten bereitet mir keine Not. Ich spüre eine gewisse Gegenwehr des Körpers, habe aber keine Mühe sie zu überwinden … Dass das widersprüchlich klingt, weiß ich natürlich, vermag es jedoch nicht anders zu beschreiben.

Den vermeintlichen Widerstand zu fühlen reicht, um den „Oberverdachtschöpfer“ auf den Plan zu rufen. Prompt beginnt er mich mit düsteren Visionen zu nerven: Wie willst du 10 schaffen, wenn es dir beim zweiten in der Anfangsphase schon so zäh vom Fuß geht?

Was dann geschieht, versetzt mich in einiges Staunen: Auf dem nächsten Kilometer bleibe ich eindeutig unter 6 Minuten. ‚Okay, Ausrutscher!’ denke ich mir. Zu schnell, also korrigieren! ‚Langsamer!’ - Normalerweise reicht der Gedanke „Langsamer!“, um langsamer zu werden. Auf diese bisher immer verlässliche Gedankensteuerung setze ich auch heute. Nächster Kilometer um: Neuerlich eindeutig unter 6 Minuten!? - Ich will deine Geduld nicht überstrapazieren und den Verlauf dieses Wettkampfs mit ein paar Sätzen zusammenfassen: Mein „Body“ gibt seine Gegenwehr nach einiger Zeit wieder auf. Genauer gesagt: Das Widerstandsgefühl weicht. Nach etwa einem Drittel des Marathons spüre ich nichts mehr davon. Parallel dazu gelingt es mir nicht das Tempo zu drücken! Bisher hatte ich nie Schwierigkeiten mein Lauftempo nach oben oder unten um ein paar Sekunden zu korrigieren. Mehrfach starte ich den Versuch meine Schritte zu mäßigen, um einen Kilometer später erneut eine alarmierende Zwischenzeit unter 6 Minuten abzulesen. Es ist wie verhext, als wäre mir jegliches Tempogefühl abhanden gekommen.

Neben der gegenüber gestern verbesserten Gesamtlaufzeit von 4:18:56 Stunden, beschert mir diese Tagesmerkwürdigkeit eine etwa anderthalb Minuten schnellere zweite Hälfte. Auch die meisten meiner Mitläufer scheinen sich heute leichter zu tun, wenn ich ihre überwiegend kürzeren Laufzeiten richtig deute. Apropos Mitläufer: Schon am zweiten Tag pflegen wir mehr und mehr „familiären“ Umgang miteinander. Man sagt sich Nettigkeiten, spornt sich gegenseitig an. Wenn Sprachbarriere oder Schwäche mehr nicht zulassen, verschenkt man en passant ein Lächeln oder wenigstens eine grüßende Geste. Nach inzwischen 15 Jahren im Marathon- und Ultra-Laufzirkus bin ich noch nicht vollends überzeugt, sammele aber mehr und mehr Indizien, die auf einen kausalen Zusammenhang zwischen einem hohen Grad läuferischer Verrücktheit und einem sympathisch angenehmem Wesen hindeuten. Oder verständlich ausgedrückt: Je irrer, umso netter.

Schauplätze der gegenüber gestern identischen Runde fehlen in diesem Tagesbericht. Das unterblieb einzig in der Absicht meine „lesende Kundschaft“ nicht mit Wiederholungen zu verprellen. Ich schenke der Umgebung zwar weniger Aufmerksamkeit als gestern, aber nicht aus Gründen rasch erkalteter Zuneigung. Mir gefällt die Runde genauso gut wie gestern. Zumindest eine der Befürchtungen intensiven „10in10-Brainstormings“ ist damit hinfällig: Zig mal denselben Kreisel drehen und ihn alsbald ob seiner Eintönigkeit verfluchen. Zwar machte es mir bisher nichts aus, beispielsweise im Rahmen eines 24 Stunden-Laufes, hundertfach denselben, bisweilen auch reizarmen, dazu kurzen Zirkel zu schlagen. Aus solchen Erfahrungen extrahiere ich jedoch keine Gewähr, dass mentale Stabilität beim Rundendrehen 1:1 auf den 10-Tages-Modus übertragbar ist.

Insgesamt fällt mir der Lauf - ich mag es kaum niederschreiben, weil es so widersinnig klingt - leichter als der erste. Das mag auch an niedrigerer Lufttemperatur und kürzerer Sonnenscheindauer liegen. Erst in der dritten von neun langen Runden kehrt meine strahlende Freundin mit Macht zurück, um sich in der vorletzten erneut hinter quellenden, zuletzt dunkel drohenden Wolken zu verziehen. „Das ist jetzt wieder dein Wetter, Udo!“ ruft mir Otto zu, kurz bevor er mich in Runde drei überholt. Und ein paar nachdenkliche Sekunden und meine Bestätigung später fügt er hinzu: „Eigentlich ist es ja unser Wetter!“

Menschen reden ganz allgemein gerne übers Wetter. Und wenn ihr Wohl und Wehe dergestalt vom Wetter abhängt, wie bei uns Läufern, wohl mit noch mehr Leidenschaft: In (meiner) Runde sechs oder sieben stöhnt Andy Kapui zu mir rüber: „Isses bei dir auch so warm?“ - Das Kraftpaket Andy leidet sichtlich unter der zeitweise sengenden Sonne. Verstellen mag ich mich nicht, auch nicht in so Nebensächlichem wie Temperaturempfinden, also erkläre ich Andy, wie sehr ich Wärme und Sonne begrüße. Anschließend gebe ich mich allerdings solidarisch und äußere Bedauern über den anhaltenden Sonnenschein. Mitgefühl, dass Andy kategorisch ablehnt. Hätte es aber nicht gebraucht, denn mir kühlere Bedingungen tatsächlich zu wünschen, dazu versteige ich mich selbstverständlich nicht …

Derselbe Andy bringt mich nach (meinem) Wettkampfende dann noch herzhaft zum Lachen. Während Thomas und ich, im Kofferraum unserer Autos wühlend, bereits die Abfahrt vorbereiten, geht hinter uns Andy in seine letzte Runde. Halb klingt es wie ein Fluch, halb nach wachsender Verzweiflung, jedenfalls urkomisch, als Andy in breitem Dialekt aufstöhnt: „Die back’n scho zamm und i bin imma no am Sterb’m!“

Sonntag, Marathon „drei“:   Das Uhrwerk

Pfützen und rutschig lehmige Stellen im Streckenrund zeugen von Regen und den Gewittern des vergangenen Abends. Dafür zeigt sich der Himmel heute Morgen wieder in meiner Lieblingsfarbe: Azurblau von Pol zu Pol. Der Stern sticht mit solcher Kraft, dass ich mir vorsichtshalber Schirmkappe und die im heißen Griechenland erprobte Windel als Sonnenschutz bereitlege. Nach dem Startschuss bleibt vom frühmorgendlichen Hitzeempfinden allerdings nichts mehr übrig. In Bewegung kühlt die morgenfrische Luft ausreichend und in den wenigen Schattenzonen der Strecke ist sogar ein klein wenig Frösteln angesagt. 15 Läufer und Läuferinnen sind heute auf der Strecke, davon zwei außerhalb der Wertung „10in10“.

Auf den ersten Metern zieht Thomas, der in Gesamtwertung Erstplatzierte, unwiderstehlich davon. Seine ersten beiden Marathons finishte er knapp über und unter vier Stunden. Offensichtlich peilt er dieses Zeitspektrum auch heute an. Auf Position zwei bin ich unterwegs, gehe jedoch davon aus, dass sich das noch ändern wird. Mein Tagesziel steht: Unter 4:30 h bleiben. Einstweilen verzichte ich darauf mich in die „Beinarbeit“ einzumischen, nachdem mein Tempogefühl gestern auf ganzer Linie versagte. Mal sehen, was der innere Tempomat an Pace einstellen wird …

Die gestrige Erfahrung des unschwierigen Auftakts wiederholt sich. Unerwartet locker und neuerlich ohne jedes Zwicken „rolle“ ich rein. Die Herrlichkeit währt ziemlich genau zwei Kilometer weit, als sich - gleichfalls wie gestern - mein Körper gegen die abermalige Belastung zu wehren beginnt. Aber nur sachte und eventuell auch wieder als Scheingefecht, das mich schon gestern eine Hürde spüren ließ, wo offenbar keine war. Auch heute sprechen die Zwischenzeiten eine andere Sprache: Allesamt unter sechs Minuten pro Kilometer! Abwarten. Sollte der Protest meines Energiestoffwechsels ernst gemeint sein, kann ich das Tempo immer noch rausnehmen oder werde automatisch langsamer.

Bereits etwa Mitte der ersten langen Runde fühle ich mich „vereinsamt“ und bin es wohl auch. Überraschenderweise will (oder kann?) heute keiner aus dem Feld folgen. Bernhard, der einstweilen Drittplatzierte der Gesamtwertung, und sein nur tageweise mitlaufender Sohn „klebten“ in den ersten Minuten an meinen Hacken, haben sich dann aber zurückfallen lassen. Und Otto soll gestern schon angekündigt haben heute einen Gang zurückzuschalten.

Durch den Kurpark, vorbei an der Reitanlage, am erdig-hellbraun gefärbten Safenbach entlang, das in sonntäglich frühem Frieden schlafende Schwarzmannshofen gewinnend und zurück in Richtung Ziel … Schon bevor ich die in der Hundertwasser-Therme erneut mit Liebe und Bedacht ausgestattete Verpflegungsstelle erreiche, rinnt der Schweiß in Strömen. Auch so ein Widerspruch, den ich mir nicht erklären kann: Obschon sich mein Wärmeempfinden bislang ausschließlich im Bereich zwischen „angenehm“ und „im Schatten kühl“ bewegte, schütten meine Poren unermüdlich Wasser aus!?

Wahrscheinlich kann ich tausendmal durch die Therme laufen, ohne mich an den bunt-verspielten Fassaden, Winkeln und Säulen sattzusehen. Das einzig Regelmäßige, sich Wiederholende in Hundertwassers Schöpfungen ist die Unregelmäßigkeit als Gestaltungsprinzip und natürlich sein unverwechselbarer Stil. Für Läufer nicht die reine Freude, weil gleich zwei grässliche Buckel im Thermenbereich zu überwinden sind - um endlich auch zu erwähnen, dass der Kurs nicht völlig auf Höhenmeter verzichtet*.

*) Mittele ich die GPS-basierten Messungen der sieben auf dem ersten Kurs gelaufenen Marathons, so ergibt das 104 Höhenmeter insgesamt, also etwa elf bis zwölf Höhenmeter pro Runde.

Bad Blumau feiert just an diesem Wochenende sein 15jähriges Jubiläum als Kurort. Der Schwerpunkt der Feierlichkeiten lag wohl auf Samstagnachmittag und -abend. Heute Vormittag gehen in der abgesperrten Dorfstraße jedoch auch geheimnisvolle Dinge vor. Da wir vor der Absperrung abbiegen und eine nahe Fußgängerbrücke über den Safenbach ansteuern, muss ich einstweilen raten und tippe auf „Jahrmarkt“. Diverse Stände mit aus der Ferne nicht bestimmbarem Angebot legen diesen Schluss nahe. Um was es tatsächlich ging, wird uns später im Ziel zugetragen: Die Blumauer haben das längste Frühstücksbuffet der Welt aufgebaut, das sich über fantastische 250 Meter erstrecken soll. Ob die „Bad Blumauer Frühstückstafel“ tatsächlich alles Vorangegangene in den Schatten stellte, wird man künftigen Auflagen des Guinnessbuches der Rekorde entnehmen müssen.

Bereits in Runde zwei rollt die erste Besucherwelle auf die (vermeintlichen) Jahrmarktbuden zu. Nach und nach verschwindet die hübsche Dorfansicht hinter parkenden Rostlauben. Und wieder einmal darf man mit Fug und Recht den Kopf über die Torheit der Menschen schütteln. Genauer: Der Auto fahrenden Menschen. Um möglichst wenige, der entsetzlich anstrengenden Schritte tun zu müssen, befahren tatsächlich einige Dummköpfe den Kurpark und parken ihr Auto neben der Laufstrecke. Man lernt nie aus: Seit heute weiß ich, warum die Wörter „Kurpark“ und „Parkplatz“ eine gemeinsame Silbe besitzen.

Gestrige Dramaturgie kopierend wechseln sich in meinem Kopf über alle Laufstunden hinweg opti- und pessimistische Gedanken ab. Zwischen Grün und Rot, je nach augenblicklicher Befindlichkeit. Immer wieder einmal zwickt irgendwo was oder das Laufen fällt mir für ein Weilchen schwerer. Dann flüstern düster mahnende, von Scheitern faselnde Stimmen. Meistens geht es mir jedoch in jeder Hinsicht gut. Grund genug von einem glorreichen Abschluss heute in einer Woche zu träumen und ihn sich in leuchtenden Farben auszumalen …

Tatsächlich schwerer geht mir das Laufen etwa ab der drittletzten Runde vom Fuß. Um nicht gleich wieder ins Schwarzmalen abzudriften, vergegenwärtige ich mir, noch in jeder Schlussphase eines Marathons die stundenlange Mühe gespürt zu haben. Und zwar unabhängig von Faktoren wie Trainingszustand, Tempo und äußeren Umständen. Die Zwischenzeiten bescheinigen mir überdies Tempokonstanz bis zum Finish. „Du läufst wie ein Uhrwerk.“ - Kraxi sagt es nicht zum ersten Mal und er ist auch nicht der Erste, in 15 Jahren Marathon, dem das auffällt.

Nach 4:18:02 Stunden bleibt die Uhr für mich stehen. Ungefähr dieselbe Zeit wie gestern, wieder erzielt ohne mich zu verausgaben. Zu Beginn überließ ich meinen Beinen die Tempofindung und bin bis zum guten Schluss dabei geblieben. Was spricht dagegen morgen in gleicher Weise zu verfahren?

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Besonderes Vorkommnis: Gegen einen Teilnehmer wird wegen Abkürzens eine Zeitstrafe von einer Stunde ausgesprochen!

Montag, Marathon „vier“:   Skandal und Jubiläum

Verärgert bin ich nicht, dafür erstaunt und unangenehm berührt, dass er die Dreistigkeit besitzt, sich weiterhin an den Start zu stellen, so zu tun, als wäre nichts gewesen, als geschähe ihm großes Unrecht … Der Übeltäter (Anm: Der Name ist der Redaktion bekannt) wurde gestern beim Abkürzen der Strecke ertappt. Einige meiner Mitläufer wissen über den Herrn zu erzählen, er sei bereits mehrfach bei Marathonläufen in Österreich wegen desselben Regelverstoßes aufgeflogen. Wenn ich ihn mir so anschaue, wäre ich beinahe geneigt seinen Unschuldsbeteuerungen Glauben zu schenken: Ein netter, älterer Herr, oft ein Lächeln im Gesicht, auf der Strecke bedächtig Schritt an Schritt reihend, viele Jahre Lauferfahrung. Aber der Betrug steht fest und deshalb wird sein gestriger Lauf zu Recht annulliert. Damit korrigiert das Schiedsgericht seine gestrige, vorläufige Entscheidung der einstündigen Zeitstrafe. Infolge Annullierung fällt er automatisch aus der Gesamtwertung der „10in10“, was ihm jedoch nichts auszumachen scheint. Wie die personifizierte Unschuld steht er unter uns und wartet auf Marathon Nummer vier.

Da hat er jedoch die Rechnung ohne den Vorsitzenden des veranstaltenden Vereins gemacht, der ihn kurz vorm Start in Ringrichtermanier anzählt. Tacheles wird da geredet, was vor allem dem Klima der Veranstaltung guttun sollte, weil es einigen Herzen um mich her Luft verschafft. Kurze Zusammenfassung der Standpauke: Dem Tunichtgut wird - abgesehen von der gestrigen Disqualifikation - verziehen, zugleich jedoch der Ausschluss vom Wettkampf angedroht, falls er neuerlicher Unredlichkeiten überführt werden sollte.

Aus Gesprächen weiß ich, dass meine Mitläufer die vorläufige Entscheidung „Zeitstrafe“ als ungerecht und nicht ausreichend empfanden. Die Korrektur des Schiedsspruches beruhigt die Gemüter - einstweilen. Natürlich wurde und werde auch ich von einigen Mitläufern „einvernommen“, wie ich zur Kausa „Laufbetrug“ stehe. Zuallererst gilt für mich: Solche Freizeitläufer bescheißen vor allem sich selbst. Mich (und die anderen Platzierten) natürlich auch ein bisschen, aber das ficht mich im Grunde nicht an. Normalerweise! Unsere Gesamtwertung verzeichnet aber lediglich zwei Frauen und (bis gestern) elf Männer. Eine kleine Gruppe von Menschen, die sich 10 Tage lang auf ehrliche Weise schinden, um ihren Traum von 10 Marathons in Serie zu verwirklichen. Einer von dreizehn hat ungleich mehr Gewicht, als ein schwarzes Schaf unter mehreren hundert oder tausend weißen. Nicht zuletzt, weil solches Verhalten das Klima negativ auflädt. Das bisher so harmonische, von wohltuendem Miteinander und wachsenden freundschaftlichen Gefühlen geprägte Klima. Eine noch größere Rolle spielt der Betrug für jene, die der Missetäter in der Rangliste hinter sich lässt. Für mich trifft das nicht zu, dennoch kratzt es mich. Weil ich gerade dabei bin, diese sympathischen, laufverrückten Typen ins Herz zu schließen und partout nicht einsehen mag, dass ihr Wettkampferlebnis unter solchem Ärger leiden soll …

Und mein Wettkampferlebnis möchte ich auch nicht geschmälert wissen. Vor allem das heutige nicht! An diesem Montagmorgen stehe ich vorm 200. Marathon! Okay, zugegeben, im Moment stehe ich noch hinter der Startlinie, weit entfernt von Festtagsstimmung, lausche der harschen Zurechtweisung und übe mich in Fremdschämen. Davon abgesehen, dass ich infolge Erwischtwerdens sang und klanglos von der Bildfläche verschwände, versänke ich bei den Worten des Vereinsvorstandes augenblicklich im Boden. Dennoch vermag der „Skandal“ meine ausgesprochen gute Laune nicht nachhaltig zu trüben. Ein lang ersehntes Ziel steht kurz vor der Verwirklichung: 200 Mal mindestens marathonweit gelaufen, oftmals sogar um einiges weiter.

Die „200“ bedeuten mir viel. Vielleicht legst du mir das als Stolz aus und vielleicht, mag sein, bin ich auch ein bisschen stolz auf diese Leistung. Zuvorderst empfinde ich jedoch eine wahnsinnige Freude darüber, mich so vieler wunderbarer Lauferlebnisse erinnern zu dürfen. Neben Freude auch Dankbarkeit, dass mir 200 Marathons vergönnt sind, dass ich körperlich robust genug dafür bin und unter Rahmenbedingungen lebe, die so eine Serie zuließen. Die entscheidende dieser „Rahmenbedingungen“ ist leider nicht bei mir. Noch nicht. Meine Frau Ines wird erst am Samstag anreisen und am Sonntag das „Finish aller Finishes“ miterleben. Ohne Ines wären diese 200 nicht möglich gewesen. Um zu laufen, was ich laufe und zu laufen, wie ich laufe, brauchst du einen Partner, der dich stützt, die dunklen Stunden mit dir aushält, dir zuspricht, deinen Ehrgeiz und Antrieb versteht. Kurzum: Du brauchst jemanden an deiner Seite wie meine wunderbare Frau Ines.

Ein Schild auf meinem Rücken, direkt unterm Vereinsnamen, schafft Klarheit: „200 x Marathon“. Schon vorm Start bekomme ich reichlich Ansporn von allen, die es mitbekommen. Andere - unter anderem unsere italienischen Mitläufer Angela und Michele - erfahren es von meiner Rückenansicht, wenn ich sie nach einiger Zeit überrunde. Und ausnahmslos jeder freut sich mit mir. Als meine Nummer 200 dann nach 4 Stunden 14 Minuten und 37 Sekunden vollbracht ist, darf ich mich zusätzlich über eine Ehrung seitens des Veranstalters freuen.

Ich vermag die vielen wunderbaren zwischenmenschlichen Momente dieses Marathons gar nicht aufzuzählen. Inzwischen sind wir bereits zu einer Art Familie verwachsen, in der jeder dem anderen den Erfolg wünscht. Eine Gemeinschaft, in der man sich grüßt, ermuntert und beglückwünscht. Vor und nach dem Wettkampf, aber auch bei jeder Begegnung während die Stoppuhr läuft … Inzwischen weiß ich auch, wer sich mit Kopfhörern musikalisch dopt und bin nicht mehr irritiert, wenn mein akustischer Gruß auf taube Ohren stößt. Entweder brülle ich ein „Weiter so!“, „Halt durch!“, manchmal auch „Komm gut an!“ oder begnüge mich mit einer Geste. Für unsere italienische Amazone Angela bemühe ich meine spärlichen, laufspezifischen Italienischkenntnisse, bedenke sie mal mit einem „Brava Angela!“ oder sporne sie mit „Forza!“ an … Natürlich übersehe ich auch Michele nicht. Das „Bravo Michele!“ klingt allerdings meist verhaltener, was nicht von weniger Achtung kündet. Im Gegenteil. Der Mann ist über 70 Jahre alt, da meine ich - weiß der Himmel warum - ein bisschen mehr Distanz wahren zu müssen.

Beinahe müßig zu erwähnen, dass auch keiner der anderen sich lumpen und mir reichlich Motivation zuteil werden lässt. Besonderen Eindruck hinterlässt Michele Rizzitelli, der nach seinem Zieleinlauf auf mich zumarschiert und mir herzlich zum Laufjubiläum gratuliert. Ausgerechnet Michele, der selbst weit über 700 Marathons auf dem Konto hat!

Ach so, der Wettkampfverlauf … diesmal im Stenogrammstil:

Wetter: Sehr durchwachsen. Bedeckt zunächst, 18°C um 8 Uhr; zum Start reißt es auf, nach anderthalb Runden verdüstert sich der Himmel jedoch und binnen einer halben Stunde fängt es an zu nieseln. Zweimal ein paar Minuten lang, kaum der Rede wert. Im Regen fröstele ich allerdings ein wenig. Die beiden Schlussrunden erleben dann aber wieder den Sieg der Sonne über die Wolken …

Befinden: Als Jubilar bin ich ohnehin gut drauf. Als dann auch noch Runde um Runde Energie stetig fließt, als wäre in den vergangenen drei Tagen nichts gewesen, und mein Fahrwerk ohne Murren kooperiert, muss ich meine Begeisterung regelrecht an die Kandare nehmen: Zweihundertster Marathon - gut und schön. Allerdings erst der vierte von zehn in diesem Wettkampf! Vor mir liegt noch ein weiter und harter Weg …

Sportliche Leistung: Mental gut drauf und über mehrere Runden kühlem Wetter ausgesetzt zu sein beschleunigt meine Schritte abermals. Wieder gelingt mir ein negativer Split: Für die zweite Hälfte brauche ich etwa drei Minuten weniger als für den ersten Halbmarathon, insgesamt 4:14:37 Stunden.

Kräftediagramm: Anfangs locker und leicht, ab Kilometer drei etwas zäh. Etwa nach einem Viertelmarathon läuft es dann wieder besser … im Grunde kaum anders wie schon an den Vortagen …

Dienstag, Marathon „fünf“:   Honig im Kopf

Es geht nicht um Leben oder Tod, dennoch durchzuckt mich ein Anflug von Panik. Sekunden später nur noch flammender Ärger über die eigene Schusseligkeit. Honig im Kopf: Ich habe vergessen einen neuen Karton Gelportionen in meine Ausrüstungskiste zu packen!???? Ein einsames Gelpäckchen schaut verloren aus der Tiefe der Kiste zu mir auf … Ein Gel? Was nun? - Kraxi, Zeitnehmer, Rundenzähler, Mädchen für alles und vor allem Freund, rettet meinen Tag. Er requiriert einige Päckchen - ich will gar nicht wissen wo - und schon verziehen sich die düsteren Wolken über meinem Haupthaar …

Leider kehren sie auf der ersten Runde zurück - am Himmel. Ein paar verirrte Sonnenstrahlen zum Start, dann verhüllt sich der Stern. Wie gestern mit solcher Rasanz, dass ich einen neuerlichen Regenguss befürchte. Übrigens nicht das Einzige, vor dem ich mich fürchte. Ungewohnt „unfrisch“ fühlen sich meine Knochen heute an. Die liebgewonnene „Zwei-Kilometer-Lockerheit“ zu Beginn bleibt aus. Wer, dem sich solcher Unwillen im Gebein widersetzt, ginge nach vier Marathons in Serie nicht selbstverständlich davon aus seine Grenzen zu spüren? Vermutlich werde ich die überzogenen Sub4:15 Stunden von gestern mit alsbaldigem Tempoverlust sühnen müssen …

Thomas setzt sich wie üblich an die Spitze, begleitet von einem „Gastläufer“ und Kraxi. Kraxi hat sich außerhalb der Wertung zwei Trainingsrunden vorgenommen. Eine zum Aufwärmen, die Zweite als Tempolauf. Dietmar - ein weiterer „Gastläufer“ -, Bernhard (Drittplatzierter) und ich joggen lange Zeit als Trio durch die Au beidseits des Safenbachs. Mit einigem Erstaunen registriere ich Fräulein Forerunners Meldungen am Handgelenk: Sämtliche Zwischenzeiten deutlich unter meiner Schallmauer 6 min/km! Wie kann das sein? - Einerseits der zähe Beginn, die scheinbar verschlechterte Regeneration, andererseits diese - für mein Leistungsniveau und nach vier Marathons - atemberaubenden Zwischenzeiten? - Vielleicht will ich es wirklich darauf ankommen lassen, die „Wahrheit“ laufend ergründen. Möglicherweise verführt mich aber auch verbliebenes Konkurrenzdenken zu diesem Tempo: „Als Gesamtzweiter ist es sicher nicht unklug den Dritten im Auge zu behalten.“ Wie dem auch sei - einmal mehr praktiziere ich Nichteinmischung, überlasse meinen Beinen die Temporegie …

Mir ist unklar, ob du, verehrter Leser, mir die Vokabel „Nichteinmischung“ wirklich abnimmst, mich nicht eher der Koketterie verdächtigst. Ob du dich in diese Laufsituation, in das Laufgefühl des „laissez faire“, überhaupt einfühlen kannst. Heiliger Eid bei allen Göttern des Laufsports: Es ist wirklich so! Ich überlasse die Beine sich selbst. Schon gestern und vorgestern regelten sie die Geschwindigkeit auf einem Level, der mich anstrengt, offenbar aber nicht überfordert. Inwieweit das augenblickliche Laufen im Trio unbewusst Tempo verschärfend wirkt, lasse ich mal dahingestellt …

Keine meiner Befürchtungen erfüllt sich. Weder öffnet der Himmel seine Schleusen, noch werden meine Beine schwerer. Im Gegenteil: Auf den schnelleren Abschnitten des Kurses lese ich Zwischenzeiten ab, die mir noch vor zwei Tagen spontane Schnappatmung verursacht hätten. Warum - wirst du dich zu Recht fragen - tritt er nicht auf die Bremse? - Wie oben angerissen, scheine ich mich ein wenig herausfordern zu wollen. Was geht tatsächlich? Und falls ich die Kraft dazu haben sollte, wird meine Beinautomatik dieses Tempo gnadenlos durchziehen. Ziemlich konstant sogar. Darauf konnte ich mich in der Vergangenheit stets verlassen. Bei ausreichend geladenen Akkus blieb die nach drei, vier Kilometern eingeschwungene Geschwindigkeit konstant bis zum Finish.

Ich mag diese Rundstrecke und weiß unterdessen auch warum: Alle paar Schritte schiebt sich ein neues Bild ins Sichtfeld. Seit vier Tagen renne ich hier im Kreis herum und der wird einfach nicht langweilig. Seltener hebe ich inzwischen den Blick, schaue auch weniger bewusst umher. Doch wenn, dann belohnt mich der Kurs verlässlich mit kurzweiligen Bildern. Da ist zum Beispiel das Areal der Reitanlage, das wir von Bäumen beschirmt passieren. Während anfänglicher drei bis vier Runden grasen die Pferde noch auf den Koppeln, wo sie wohl auch die Nacht verbrachten. Zweimal wurde ich bereits Zeuge, wie ein Pferdepfleger sie nach und nach in den Stall führt. Wenn mich mein Halbwissen der Reiterei nicht täuscht, dann werden die Pferde auf diese Weise rechtzeitig vor blutsaugendem Geschmeiß in Sicherheit gebracht. Vielleicht führt man sie aber auch nur zum Futtertrog!?

Nach einer Weile setzt Bernhard sich ab: „Lass dich von mir nicht aus der Ruhe bringen! Später wird’s wieder warm und jetzt läuft es!“ - „Ich muss sowieso meinen Stiefel durchziehen“ gebe ich zurück und damit sind wir für heute geschiedene Leute. Als sich schließlich Dietmar zurückfallen lässt, kreist der Satellit Udo fortan alleine im Orbit.

Die weitere Entwicklung ist rasch erzählt: Recht bald „fange“ ich Bernhard wieder ein, denn es wird tatsächlich warm, was ihm sichtbar nicht behagt. Nach und nach fällt er zurück, verliert am Ende eine gute Viertelstunde auf mich. Für die drei Schlussrunden kehrt die Sonne mit Macht zurück. „Endlich wird es wieder warm!“ rufe ich Kraxi im Vorbeiflug zu und er lacht über den vermeintlichen Scherz. Der wahre Kern im Witz: Mir war’s während der ersten Runden entschieden zu kühl.

Ach ja, die weitere Entwicklung: Dietmar kämpft sich immer wieder heran, vermittelt den Eindruck vorbeiziehen zu wollen, bleibt aber hinter mir. Offenbar „missbraucht“ er mich als Pacemaker. Mir wäre es zu mühsam beim Verpflegen (oder warum auch immer) die Tuchfühlung zu verlieren und anschließend wieder Boden gutmachen zu müssen. Dietmar schafft es. In der letzten Runde vereinen wir uns sogar wieder zum Duo und bringen trotz des (zumindest mich) fordernden Tempos auch noch ein gedeihliches Gespräch zustande. Meiner Aufforderung einen rasanten Endspurt hinzulegen - was er ohne weiteres drauf hätte - kommt Dietmar nicht nach, weil er morgen und möglicherweise bis Freitag mehrere Läufe mit uns bestreiten will. Nach 4:06:45 Stunden setzen wir Seite an Seite den Fuß über die Ziellinie.

Zum fünften Mal schneller als am Tag zuvor. Diesmal gar ein Quantensprung von acht Minuten, nach immerhin fünf Marathons in Serie. Vordergründig nehme ich das Ergebnis mit Gleichmut hin, mache mir offen gestanden auch keine allzu großen Sorgen nun etwa den Bogen überspannt zu haben. Im Innersten bin ich allerdings verblüfft wie selten über meine unerklärliche Serie und die heute abgelieferte Zeit. Woher nehme ich die Ausdauer für solche Laufzeiten? Was geschieht da mit und in mir? Erleide ich demnächst einen Einbruch? Und, wenn ja: Wann?

Wohl und Wehe meiner Mitläufer interessieren mich mittlerweile gewaltig und zwar ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des herzlichen und kameradschaftlichen Miteinanders. Andy kämpft heute gegen innere Dämonen, zeigte beim Anfeuern selten und schwache Resonanz. Kraxi hörte ihn schon zu früher Frist den „Sch…tag“ verfluchen. Alle anderen liefern Ergebnisse im Rahmen ihrer bisher gezeigten Leistungen ab. Mehr als bei allen 200 Marathon- und Ultraveranstaltungen zuvor genieße ich hier in Bad Blumau die Zugehörigkeit zur Gruppe, jeden mit Vornamen zu kennen und unterwegs anzufeuern. Ich wünsche mir von Herzen, dass wir das Finale am Sonntag noch immer als Gemeinschaft der Zwölf feiern können. 12 Läuferinnen und Läufer, um deren Hals 10 Medaillen hängen werden … heute ehrt uns die fünfte.

Mittwoch, Marathon „sechs“:   Und täglich grüßt das Murmeltier

„Und täglich grüßt das Murmeltier“ - Wie ich in diesen Tagen lebe erinnert an Szenen des berühmten Films, dessen in einer Endlosschleife gefangener Hauptdarsteller allmorgendlich bei null beginnt … Um 5:45 Uhr gibt Handy eins Signal, um 5:46 Uhr das Sicherheits-Handy zwei. Was übrigens an keinem der Morgen nötig gewesen wäre, weil ich schon einige Zeit wach liege und lediglich vor mich hin döse. Da ich zuvor schlafe, wie das eingangs zitierte „Murmeltier“, traumlos und unweckbar tief, scheint mir das zeitige Erwachen beweiskräftig für zwei Sachverhalte: Erstens gelingt es dem vegetativen Nervensystem ganz ausgezeichnet meinen Körper für den nächsten Wettkampf wiederherzustellen. Und zweitens lebe ich im Wettkampfmodus. In wettkampffreien Zeiten komme ich nach längeren Läufen plus anschließendem Saunabesuch (den ich mir in Bad Blumau täglich gönne) kaum aus der Schlafkiste, von vorzeitig selbständigem Aufwachen gar nicht zu reden. Ein weiteres Rätsel, das mir die Allianz Körper-Geist in diesen Tagen aufgibt. Vermutlich währt ein Menschenleben nicht lange genug, um mit allen Mysterien der eigenen Biomasse konfrontiert zu werden. Es sei denn, der körperliche Verfall beginnt mangels Bewegung bereits unmittelbar nach Ende der Pubertät …

Jeden Morgen derselbe, von Laufvorbereitungen bestimmte Ablauf, dieselbe Abfahrtszeit zum Wettkampfort, dort angekommen dieselben Handgriffe - falls ich nichts vergesse, wie gestern das Gel … Täglich dasselbe Bangen, ob Füße und Beine mich neuerlich schmerzfrei und ausreichend „reloaded“ über 42.195 Meter tragen werden. Physisch empfinde ich zwischenzeitlich eine gewisse Gewöhnung. Immerhin stelle ich meine „Hardware“ jeden Morgen mit ungefähr derselben Leistungsfähigkeit an die Startlinie - so man die bisherigen Laufzeiten als Beleg ansieht. Im Läuferhirn - der „Software“ - tritt leider kein solcher Effekt ein, weil es jeden Pieps und jede noch so kleine Schwierigkeit sofort als Bedrohung des großen Ganzen interpretiert.

Außerdem warte ich auf das „Loch“! Das „mentale Loch“, in das ich glaube während eines über so viele Tage andauernden Wettkampfs unweigerlich fallen zu müssen. Tag zwei und drei boten sich dafür an, weil gelaufene 42 Kilometer unweigerlich Spuren im Gebein hinterlassen und das hehre Ziel noch so weit entfernt scheint wie der Nordpol. Nicht einmal ein Hauch von „Depri“, der mich an jenen Tagen heimgesucht hätte … Tag vier könne dem Nervenkostüm hart zusetzen hörte ich vor Ort: Alle Fasern bereits hochgradig gestresst, Zwicken da und dort und immer noch erschreckend viele Kilometer „to go“ … Am vierten Tag feierte ich aber meine „Nummer 200“ und randvoll mit Freude hätte mich rein gar nichts umsäbeln können. Auch gestern nirgendwo dunkle Wolken im Oberstübchen und seitdem ist Halbzeit. Sollte eventuell der heutige sechste Lauf dazu ausersehen sein mir mental ans Schienbein zu treten?

Ach was! Wie könnte ich durchhängen an einem Tag, der mich unterm blauesten aller denkbaren blauen Firmamente empfängt? Wie könnte ich Kleinmut im Herzen ausbrüten inmitten einer bestens gelaunten Läuferschar, die sich zum sechsten Mal vollzählig und pünktlich an der Startlinie eingefunden hat? - Und täglich grüßt der Otto! Otto Peischl, Veranstalter und Läufer der „10in10“ in Personalunion, heißt einmal mehr alle willkommen. Seine kurze Ansprache, nach der Otto Wort und Startpistole an eine Vertreterin des Sponsors „Hundertwasser-Therme“ übergibt, wird jeden Tag kürzer. Was sollte er uns auch noch ans Herz legen, das wir nicht schon wüssten? Selten ist ein Neuer dabei und wenn, dann nimmt ihn meist einer der „Gestandenen“ unter seine Fittiche.

Wir sind wieder unterwegs. Wie gewohnt verteilt bereits die Auftaktrunde die späteren Rollen. Vorneweg Thomas, dann viel steiermärkische Luft, bis Dietmar, Bernhard und ich ins Bild laufen. Als Trio bleiben wir allerdings auch nur ein paar Minuten zusammen, in denen ich dem Gespräch der beiden anderen lausche. Alsbald mahnt meine „Schrittautomatik“ mehr Tempo an und schafft Distanz. „Schrittautomatik“ deutet bereits darauf hin, dass ich keineswegs mit der Absicht einer abermaligen persönlichen Wettkampf-Bestzeit unterwegs bin. Okay, wer würde nicht mit einer Serie „jedes Mal schneller“ liebäugeln, wenn es so gut läuft wie bisher. Letztlich wäre das jedoch nicht mehr als ein kosmetisches Aufhübschen meines Gesamtergebnisses, nützte mir weder wettkampftaktisch noch in sonstiger Weise.

Phasen sind heute keine mehr unterscheidbar. Vom Start bis ins Ziel sorgt eine leichte physische „Blockade“* dafür, dass es nicht zu einfach wird. Eine negative Ausnahme bildet Runde sechs, in der mir - warum auch immer - die Beine schwerer werden. Doppelt einerlei, weil davon kein Einfluss auf meine Pace ausgeht und das Empfinden sich bis zur Folgerunde wieder normalisiert. Insgesamt - und mein bis auf eine halbe Minute mit gestern zeitgleiches Finish von 4:07:23 Stunden führt den Nachweis - absolviere ich auch Marathon Nummer sechs mit vernachlässigbar geringen Schwierigkeiten.

*) Ich versuche „kreativ“ immer wieder andere Wortkombinationen oder Beschreibungen für meine Befindlichkeit zu verwenden. „Leichte Blockade“, „physischer Widerstand“, „Restmüdigkeit“ - es handelt sich jeden Tag um dieselbe Empfindung. Nur versteht nicht jeder Mensch jede Wortwahl in derselben Weise. Die Pluralität im Ausdruck lässt vielleicht einige Leser mehr verstehen, was ich tatsächlich meine.

Das „Murmeltier“ grüßt über vier Stunden aus allen Abläufen und Details. Gewohnt liebevoll bestückt die Thermenverwaltung das Läuferbuffet mit Leckereien und diversen Getränken. Mit gewohnter Zuwendung, in keinem Fall grußlos, begegnen wir Läufer uns unterwegs. Und gewohnt zuverlässig verschafft mir die tolle Rundstrecke Ablenkung.

Apropos Ablenkung: Immer wieder jubeln uns Kinder vom Streckenrand aus zu. In einer kleinen Gemeinde wie „Bad Blumau“ kennt jeder jeden. Veranstalter Otto deshalb offensichtlich eine Lehrerin (Schulleiterin?) der dem Start-/Zielbereich unmittelbar benachbarten Volksschule. Kurzerhand und mit dem ihm eigenen Charme forderte er sie vorm Start auf, doch ein paar Kinder zum Applaudieren vorbeizuschicken. Für besagte Lehrkraft offensichtlich kein Ding der Unmöglichkeit - nicht zuletzt, weil in der Steiermark in drei Tagen die großen Ferien beginnen und die verbleibenden Stunden wohl kaum noch zur Wissensvermittlung genutzt werden … In den Schulpausen schallt nun also ehrlicher und lauter Jubel aus Kinderherzen herüber. Dann und wann wandert auch eine Schulklasse mit ihrem „Klassenvorstand“ (heißt so in Österreich) stückweit am Laufkurs entlang …

Ganz ohne Murmeltier: Was ist heute anders? - Vor allem die Gnadenlosigkeit mit der meine strahlende Freundin hernieder brennt. Die Luft ist frisch und oft spüre ich auch ein kühlendes Lüftchen. Doch die gewaltige Strahlungswärme im Juli heizt uns tüchtig ein. Mir macht sie nicht zu schaffen, ich genieße das schöne Wetter. Bernhard erlebt allerdings an diesem Tag einen bösen Einbruch (hängt wohl auch mit Schmerzen im Oberschenkel zusammen), außerdem kämpft Andy mit dem zweiten überaus harten Tag in Folge …

Donnerstag, Marathon „sieben“:  „Füa mi war's da Dod!“

Der Lauftag beginnt und endet mit Ehrungen. Vorm Wettkampf unter uns Läufern, danach auch noch offiziell durch den Veranstalter. Andy Kapui, der gestern gegen gewaltige Widerstände kämpfte, gratuliere ich zum 100. Marathonsieg. Er hielt es geheim, wir erfuhren es erst hinterher. Bravo Andy! - Karl-Alfred Erber (kurz: Karl) steht heute vor seinem 50. Finish und dafür wünschen ihm alle einen guten Lauf. Und dann ist da noch der 70jährige Michele Rizzitelli aus Italien. Gestern feierte er seinen 750. Marathonsieg!!! Eine unglaubliche, mit Hektolitern an Schweiß erkämpfte Zahl. Wer wüsste diese Leistung besser zu würdigen, als einer, der selbst - vergleichsweise - bescheidene 200 Mal das Glück eines Marathonsieges genoss?

Und wenn ich schon mal mit Zahlen um mich werfe: Auch Angela Gargano ist in Bella Italia beileibe keine Unbekannte. Auf ihrem Konto stehen mehr als 765. Marathonsiege zu Buche. Und damit ist Angela in Italien Spitzenreiterin!*

*) Nachträglich eingefügt, weil ich erst nach dem Wettkampf im Internet darauf stieß: Für das Laufjahr 2002 wurde Angela Gargano mit einem Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde geehrt, weil sie in jenem Jahr sagenhafte 100 Marathons erfolgreich abschloss … Und noch ein Nachtrag aus dem Jahr 2021: Inzwischen durchbrach Angela Gargano die Marathonschallmauer von 1.000 Marathonsiegen!!!

Heute ist weniger „Murmeltier“ als an den Vortagen. Zunächst setzt die benachbarte Volksschule „Jubeln für Marathonis“ auf den Lehrplan: Kurz vorm Start nehmen Lehrerinnen und Schüler in mehrfacher Klassenstärke Aufstellung und so treibt uns auf den ersten Metern das Juchhu! aus vielen Kehlen vorwärts … Auch mein Freund Kraxi überrascht mich, hängt spontan und für heute seinen Zeitnehmerjob an den Nagel, um einen kompletten Marathon mitzulaufen. Damit verliert jegliche Spekulation ihren Sinn, wer diesen 7. Marathon am Ende für sich entscheiden wird … Tatsächlich übererfüllt Kraxi alle Erwartungen - vor allem seine eigenen - mit einem furiosen Lauf in 3:14:32 Stunden. Niemandem gönne ich den in dieser Deutlichkeit unerwarteten Erfolg mehr als dem zu Saisonbeginn von Verletzung und Krankheit heftig gebeutelten Hannes Kranixfeld …

Nach dem allmorgendlichen „Otto“ ergreift ein Vertreter der Gemeinde das Wort und die Startpistole. In seiner Bewunderung für unser verrücktes „Zehntagesgeschäft“ bleibt er nicht hinter seinen Vorrednern der letzten Tage zurück. „Füa mi war’s da Dod!“ meint er unter allseitigem Schmunzeln noch, bevor er uns nach Countdown und Startschuss zum täglichen Longjogg entlässt. Vorbei am Kinderjubel und ab auf die Strecke, die sich über Nacht verwandelt hat. Damit meine ich nicht den Umstand, dass es heute noch wärmer ist als gestern und außerdem schwül. Nach und nach trocknet die Sonne die von gestrigen, ergiebigen Regengüssen feuchte Erde und pumpt den Dampf in die Atmosphäre. Die Verwandlung betrifft das Areal rund um den Start-/Zielbereich, der nun einem Campingplatz gleicht. Zelte und Wohnmobile haben sich die besten Plätze reserviert. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Morgen früh beginnen die Weltmeisterschaften im „Triple Ultra Triathlon“, was noch einigermaßen harmlos klingt. Umschrieben ist damit ein Dreifach-Ironman, also 11,4 km Schwimmen, 540 km Radfahren und zum Abschluss die dreifache Marathondistanz. Ab morgen wird sich der WM wegen auch unsere Laufstrecke ändern, sie entspricht dann derjenigen der Dreifach-Eisenmänner.

Also nehme ich heute Abschied von meiner innig geliebten 4,5-Kilometer-Runde. Die neue Strecke wird zwar einen Teil der bisherigen nutzen, die „Ausruhabschnitte“ auf Asphalt werden jedoch fehlen. Die gehören ab morgen zum Radrundkurs der Triathleten. Neun Runden bleiben mir, um ein letztes Mal den gewohnten raschen, nie langweiligen Bilderwechsel zu genießen. Neun Runden, die mir gleich schwer fallen. Vom ersten Schritt an spüre ich Protest von beanspruchten Beinen, die sechs Tage hintereinander einen Marathon abgeliefert haben. Wenn ich eine Zeit lang etwas weniger Widerstand zu spüren meine, dann belehren mich die folgenden Minuten gleich wieder eines Besseren. Insgesamt muss ich heute mehr beißen als an allen Tagen zuvor - vom ersten einmal abgesehen (am ersten Tag war alles neu, den weiß ich nicht recht einzuordnen).

Zur gefühlt höheren Belastung trägt sicher auch das Wetter bei. Frau Sonne macht heute Ernst und sticht, sticht, sticht. Die kompletten 4:07:47 Stunden über, die ich am Ende brauchen werde. Die Zahl offenbart, dass ich trotz Beißenmüssens keinen Einbruch erleide. Unerklärlicherweise kann ich mein Tempo wieder gleichmäßig vom ersten bis zum letzten Kilometer durchziehen. Frau Sonne brät uns von allen Seiten schön braun durch und das in viel eigenem Saft. Rasant steigt das Quecksilber in Richtung Tageshöchstwert, der jedoch erst in den Nachmittagsstunden erreicht sein wird, wenn ich längst wieder in der Hundertwasser-Therme meine „Wunden lecke“ und regeneriere.

Ich kann mein Tempo halten - an sich schon staunenswert genug unter den gegebenen Bedingungen. Was mich jedoch heute wie alle Tage zuvor entspannt und optimistisch laufen lässt, sind ausbleibende Schmerzen. Nullkommanull orthopädische Probleme! Wenn ich im Vorfeld mangels Erfahrung meine Fantasie bemühte, um mir „10in10“ vorzustellen, dann gehörten früher oder später einsetzende Schmerzen stets zu den wahrscheinlichen Heimsuchungen. Nicht weil ich mich als zu wenig robust einschätzen würde. Ich hegte jedoch die Befürchtung, dass die zuletzt weitgehend befriedete Achillessehne und andere Zipperlein, die mich in der Nach-Spartathlon-Zeit plagten, nur auf so eine Gelegenheit permanenter Hochlast warten, um mich neuerlich leiden zu lassen. Und nun rein gar nichts. Gut so. Ich bräche in lauten Jubel darob aus, lägen nicht noch weitere drei Tage Marathon vor mir …

Schweiß rinnt unablässig. In unregelmäßigen Intervallen lupfe ich die Brille und wische über Stirn und Schläfen. Lästig. Aber auch nicht mehr. Keine Sekunde Sonne möchte ich missen. Manchmal scheint mir, dass ich der einzige im Feld bin, der sich dieses Wetter wünscht und keine Klage anstimmt. Sogar unsere italienische Amazone hörte ich schon stöhnen und sah sie dabei aus aufgestellten Eimern Wasser und Eis schöpfen, um sich Kühlung zu verschaffen.

Auch die Zufahrt zur Therme, die Allee mit den bunten Fahnen, wird mir morgen fehlen. Von hier ist das Dorf Blumau hinter viel Grün schon zu ahnen. Der über die Bäume lugende Kirchturm winkt mir in der Schlussrunde zum 7 x 9 = 63. Mal zu: „Komm schon, nur noch 1,3 km bis ins Ziel!“ Es folgt der sanft abfallende, glatte Asphalt der Dorfallee. Rundes kraftsparendes Laufen, vorbei an Blumenrabatten, die heute von einer Gemeindebediensteten gepflegt werden. Und - Ach ja! - gestern konnte ich einen Gemeindearbeiter dabei beobachten, wie er die Pflanzen sorgsam wässerte. Tschüs Allee! Zum letzten Mal versuche ich die Ideallinie zu erwischen. Bei Sonnenschein entspricht sie nicht der kürzesten Strecke, sondern jener Route, die die meisten Baumschatten schneidet. Baumschatten, die von Runde zu Runde kleiner werden. Überhaupt könnte ich dir zu schwindenden und wachsenden Baumschatten auf dem 4,5 km-Kurs aufschlussreiche Vorträge halten. Mittlerweile kenne ich jeden Stein, jede Grassode, nahezu alles auswendig. Dennoch und eigentlich unfassbar: Noch immer langweilt mich die Runde nicht. Noch immer schaue ich mich gerne um.

Von der Sau muss ich noch berichten. Nein, von keinem neuen, noch niederträchtigeren Betrüger, von einer echten Sau. Möglicherweise handelt es sich auch um einen Eber, auf jeden Fall und geschlechtsunabhängig um ein noch nicht ausgewachsenes Tier. Die Nachwuchssau mit dunklem Bauchstreifen muss mir jeden Tag zugesehen haben. Etliche Male trabte ich auf ihr mit Maschendraht umzäuntes „Domizil“ zu, ohne sie zu entdecken. Dass sie Freiluft atmen darf, ist famos, freut mich als Tierfreund, bezeichnet allerdings nicht das eigentlich Kuriose meiner Wahrnehmung: Das Borstentier wohnt im Hühnerhof! Lebt also in Eintracht mit etlichen Exemplaren scharrender Eierleger …

Auch den schmutzig braunen Fluten des Safenbachs gilt heute mehrmals mein Interesse. Das Flüsschen führt deutlich mehr Wasser als an den Vortagen. Gestern Nachmittag und bis in die Abendstunden tobten in der ganzen Steiermark schwere Gewitter, die gewaltige Regenmengen niedergehen ließen. Ach ja und das noch: Über Nacht stellte ein Unbekannter Motivationstafeln an der Strecke auf. „Ihr seids a Wahnsinn“ steht auf einer und eine andere meint: „Wenns ned weh tuat is net richtig“. Mutmaßlich ein Gag der Thermen-Besatzung denke ich bei mir, kann mir aber nicht erklären, wieso man damit bis Tag sieben wartete. Nach dem Lauf stellt sich heraus, dass Bernhards Sohn, am letzten Wochenende selbst zweimal Teilnehmer, für die Schilder verantwortlich zeichnet.

Nach 4:07:47 Stunden laufe ich ins Ziel und der siebte Marathon gehört mir. Fast schon Routine, „Murmeltier“ eben. Abgesehen vom vierten Tag, an dem ich mein Jubliäum „200 x Marathon“ beging, stellte sich nie die übliche „Ration“ Zufriedenheit und Glück mit Überschreiten der Ziellinie ein. Wie sollte das auch gehen? Denn alltäglich gilt: Nach dem Marathon ist ungefähr 19 Stunden und 50 Minuten vor dem nächsten Marathon! Ich warte weiter auf die Erlösung, auf Marathon Nummer zehn! Ab jetzt nur noch drei!

Freitag, Marathon „acht“:    Gegenverkehr

„Pendelstrecke“ klingt nach maßloser Langeweile. Schon deshalb fiel mir der Abschied von meiner geliebten Rundstrecke schwer. Inzwischen bin ich allerdings schon ein paarmal „gependelt“ und positiv überrascht. Ein Großteil des neuen Kurses war bereits Bestandteil der Rundstrecke und das Pendeln erlaubt mir zum ersten Mal die teilweise idyllischen Etappen in Gegenrichtung zu sehen. Mit anderen Worten: Auch die Pendelstrecke gefällt mir!

In Sichtweite der Seerosenteiche untermalt also auch heute gelegentliches Quaken unser Ringen um Kilometer und gegen Grad Celsius. Quaken? - Wieso quaken die Kröten eigentlich tagsüber? Bisher galten mir Froschkonzerte als Abend- oder Nachtveranstaltungen!? Lachen uns die Viecher aus? - Verdächtig still verhält sich heute die Vogelwelt im dichten Gebüsch um den Safenbach. Tag um Tag und an verschiedenen Stellen erfreuten mich Pirole mit ihrem unverkennbaren „Tüdelü“. Wahrscheinlich ist es heute schlichtweg zu heiß und zu schwül zum Singen.

Vorweg und unmissverständlich: Ich mag Hitzeläufe, liebe sie sogar. Missdeute die folgende Klarstellung also nicht als Klage! Aber wie soll ich dir die wahren Verhältnisse nahebringen, wenn ich mich heute neuerlich auf Jubelgesänge zum azurblauen Himmel beschränke und in verharmlosenden Formulierungen ergehe. Also: Vom Start weg pumpen die Poren mit Volllast. Anfangs, da die Luft ungemein schwül ist, alsbald, weil die Lufttemperatur raketengleich in die Höhe schnellt. Auch das bislang so verlässlich wehende, häufig Erleichterung verschaffende Lüftchen macht sich heute rar. Etwa ab der Hälfte der Distanz würde sogar ich mich nicht mehr gegen Formulierungen wehren, die von einem „heißen Sommertag“ berichten …

Was die Hitze angeht, kommt uns die 2,94 km lange Pendelstrecke entgegen, weil wir nun 14 statt nur neunmal die Verpflegungsstelle zum Trinken (und manche auch zum Kühlen) nutzen können. Was das liebgewonnene kameradschaftliche Miteinander angeht, stellt der Kurs zumindest mich vor ein ziemliches Problem: Jede und jeden meiner Mitstreiter sehe ich jetzt zweimal pro Runde. Gruß und Anfeuerung beschränken sich da meist auf kurze Handzeichen …

„Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ der ersten Tage ist Vergangenheit und ich rechne nicht damit, dass sich das bis Sonntag noch mal ändert. Das wäre sicher nicht anders, wenn die Quecksilbersäule ein paar Grad tiefer stehenbliebe. Muskeln, Sehnen, Gelenke - einfach jedes Gramm Biomasse südlich der Gürtellinie fühlt sich verhärtet, weniger beweglich und steifer an. Heute mehr als gestern und schon gestern mehr als vorgestern. Auf dem ersten Kilometer* schmerzen meine Füße. Unspezifisch überall. Wie erwartet gibt sich das rasch wieder, macht völliger Schmerzfreiheit Platz. Was sich hartnäckig hält und über 14 Runden kaum Schwankungen unterliegt sind schwere Beine. Beständig fühlbarer Widerstand, Steifheit, Unfrische, fehlende Lockerheit.

*) Nach 14 Pendelrunden zu je 2,94 km fehlt grob gerechnet ein Kilometer zur Marathondistanz. Dieses Fehl wurde als verkürztes Pendeln unmittelbar nach dem Start realisiert. Nach ca. 500 Metern, in Höhe des Taubenhauses, steht ein Pylon als Wendemarke.

Auf mein Tempo hat das jedoch, wie gehabt, keinen Einfluss. Zwar drehe ich meine Runden im Schnitt einige Sekunden langsamer als an den Vortagen, das dürfte allerdings der Hitze und den fehlenden schnellen Asphaltpassagen geschuldet sein. Trotz dieser Widrigkeiten stellt der „Tempomat“ eine passable Pace ein, die ich bis zum Zieleinlauf konstant durchhalte. 4:09:48 Stunden sind mein mit viel Schweiß bezahlter Lohn.

Darauf, dass die Ergebnisse der „10in10-Gruppe“ angesichts etwas erschwerter Bedingungen keine himmelstürmenden Verbesserungen erfahren können, hätte ich gewettet und … verloren: Schuld ist Harald Wurm! Der erinnert mit jeder Runde mehr an den Durazell-Hasen … Was hat Harald heute gefrühstückt? Das will ich auch haben! Nach etwa einem Drittel der Strecke, auf dem wir eine Runde gemeinsam und plaudernd verbrachten, zieht er unwiderstehlich davon. Steigert sein Tempo mehrmals und holt schlussendlich den mit gewohnter Konstanz an der Spitze laufenden Thomas ein. Harald hat heute einen Lauf beim Lauf, den er sich selbst nicht erklären kann.

Am Ende steht auch für mich der Erfolg: 4:09:48 Stunden im achten Marathon am achten Tag. Ein harter Kampf ging voraus. Und damit meine ich nicht nur die bloßen vier Laufstunden unter glühender Sonne mit gestressten Beinen. Noch immer und unvermindert ist die Zeit zwischen Aufwachen und Loslaufen von nagenden Zweifeln geprägt: Werde ich heute wieder einigermaßen rund laufen können? Wird es Probleme geben? - Außerdem verstärkt sich mit jedem Aufwachen der Wunsch dem „täglichen Murmeltiergruß“ nun bald zu entkommen, endlich mal wieder ohne Vorbereitungen und totale Fixierung auf einen anstehenden Wettkampf den Tag zu beginnen. Es ist wohl so: Nachdem ich von physischen Durchhängern, dem befürchteten „mentalen Loch“, bisher verschont blieb, bildet der nervige, stets gleiche Tagesablauf die größte Hürde für mich - wenn auch nur eine mentale …

Samstag, Marathon „neun“:   Pacemaker für den Vizeweltmeister

Wo will das Quecksilber heute hin? - Schon bei der Ankunft im Startbereich, um kurz nach sieben, lese ich 22°C ab, fünf Grad mehr als an den Tagen zuvor um diese Zeit. Dazu gesellt sich morgendliche Schwüle wie in den Tropen. Nicht die einzige Abweichung heute: Auf der Straße vorm Startbereich surren und rauschen immer wieder Triathleten auf ihren Rennmaschinen vorbei. Bei einem erkennt man die Stirnlampe am Sturzhelm. Ich blende kurz Sonne und Tageslicht aus, stelle mir das Geschehen der vergangenen Nacht vor und schaudere. 540 km auf dem Rad, ein Großteil davon in der Dunkelheit, 147 Runden auf einer nur 3,7 km langen Strecke. Absolut entsetzlich diese Vorstellung. - Noch etwas ist anders: Kraxi gibt neue Startnummern aus, dazu einen Chip, der mit Klettband am Knöchel fixiert wird. Obwohl von derselben Zeitmessfirma, verträgt sich der bisherige Chip in der Startnummer offenbar nicht mit dem neuen, den auch die „Triples“ nutzen.

In den ersten Laufminuten spüren wie sich Füße und Beine anfühlen - was in den vergangenen Tagen höchste Priorität genoss, geschieht nun nur noch beiläufig. Ich vertraue meinem Körper. Er hat mich noch nie im Stich gelassen, wenn es darauf ankam. In schwierige Situationen gebracht allenfalls, aber immer durchgehalten. Auch wenn ich es nicht ausspreche, mir allzu kühnes Denken mal um mal untersage - mein Selbstbewusstsein geht längst von einem Erfolg aus. Das Ding ist im Kasten! Und heute bin ich von noch mehr Entschlossenheit beseelt als acht Mal zuvor. Noch rasch dieses „Marathönchen“ zu Ende joggen, dann kann ich endlich meine Ines in Graz am Bahnhof abholen …

Ich erzähle Harald davon, der mich eine Weile begleitet. Wir bauschen die „Sache“ zum Scherz auf, indem ich darauf bestehe nicht länger als gestern zu brauchen, um rechtzeitig um 14:14 Uhr auf dem Bahnsteig zu stehen. „Das geht sich locker aus!“ rechnet Harald mir mehrmals vor, auch wenn du später im Ziel bist. „Erzähl mir nicht so was! …“ entgegne ich mit gespielter Entrüstung „ … du zerstörst meine Motivation!“ Unser Lachen ist noch nicht verklungen, da fällt mein Blick auf den in der Sonne schillernden Seerosenteich mit seinen gelben Blüten … großartige Stimmung, herrliche Natur, fantastisches Wetter, der Kreis der Laufkameraden - „another day in running-paradise …“

Einmal mehr spüre ich keinerlei Beschwerden, was mir nun schon beinahe selbstverständlich erscheint, es aber keineswegs ist. Dafür fühlen sich meine Beine noch ein bisschen schwerer an als gestern. Als hätte mein Stoffwechsel über Nacht ein paar Prozent Erholung weniger vollbracht. Vermutlich macht sich schleichender Substanzverlust auf diese Weise bemerkbar. Irgendwie verschmelzen die Eindrücke der verflossenen Lauftage miteinander, so dass es mir schwerfällt eine Tendenz auszumachen. Doch an diesem Tag bin ich sicher: Erstmals signalisiert mein Körper, dass ihn diese Marathonserie auch energetisch schlaucht. Noch einmal acht Tage wären kaum möglich, zumindest nicht auf dem bisherigen Niveau. Und doch vermag ich mir indes vorzustellen, wie man noch längere Serien, auch mit Ultradistanz, bewältigen kann. Dazu müsste ich die Pace allerdings drastisch senken.

Von der ersten Runde an pendeln zwei Triathleten auf der Strecke. Der führende Däne Michael Plahn und die (früher gestartete) Deutsche Katrin Burow. Der Modellathlet, ein Hüne von Mann und das eher unauffällige Persönchen. Es dauert tatsächlich ein, zwei Umläufe, bis ich Katrin registriere. Kapiere, dass da eine Landsfrau von mir nach dem Weltmeistertitel greift. Rekapituliere, was dieses schmale Fräulein bereits hinter sich hat: 456 Bahnen im 25 m-Becken schwimmen und 146 Runden zu je 3,7 km mit dem Rad. Ergibt: 11,4 km Wasser- und 540 km Radstrecke … Zaghaft beginne ich anlässlich unserer Begegnungen damit sie anzufeuern. Dass ich es beim Dänen meist unterlasse, hat nichts mit falsch verstandenem oder übersteigertem Patriotismus zu tun. Der sieht einfach nicht so aus, als bräuchte er meinen hochgereckten Daumen, um in Weltrekordzeit zu finishen. Denn genau das hat er im Sinn, wie ich später erfahren werde … Die eher schutzbedürftig als athletisch wirkende Katrin scheint Unterstützung schon eher nötig zu haben. Und sie bekommt sie von mir, alsbald auch lauthals und energisch. Wenn du nun bedenkst, dass die Strecke hin wie zurück nur etwa 1,5 km misst, nach und nach weitere „Triples“ vom Radfahrer zum Fußgänger werden, zudem meine 10in10-Mitläufer unablässig pendeln, dann stelle dir einen unablässig motivierenden Udo vor …

Schon an den Vortagen drängte sich mir bisweilen die Frage auf, wieso mir die (vollkommen neue) Rolle als permanenter „Grüßaugust“ nicht auf den Wecker geht. Die Antwort stellt sich heute ein, spontan, als ich gerade mal wieder Katrin Burow mit einem energischen Spruch bedenke. Ich profitiere selbst davon! Je heftiger ich die anderen anfeuere, je mehr Emotion ich in meine Worte lege, umso leichter fällt mir selbst das Rundendrehen. Ich brauchte 15 Jahre im Wettkampfgeschehen, über 200 Marathons und Ultras und einen Mehrtageswettkampf, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Wie viele Marathons muss ich noch laufen, bis ich es nicht mehr schaffe mich selbst zu überraschen?

Immer mehr Triathleten kreisen unterdessen im Orbit. Zu viele, um alle mit Beifall zu bedenken. Ihr Tempo differiert teilweise erheblich. Der Däne rennt am schnellsten, verkürzt jedoch über mehrere Runden kaum den Abstand zu mir. Immer wieder gönnt er sich längere Pausen an der Verpflegungsstation, schüttet sich Wasser über Kopf und Körper, kühlt sich mit Eis. Ganz unscheinbar kreist da einer im blauen Dress, wirkt langsam, was jedoch lediglich seinem überaus effizienten Laufstil geschuldet ist. Das wird mir klar, als er mich irgendwann locker (!) trabend überholt und rasch den Vorsprung vergrößert. - „Kennst du dein Tempo?“ - Die Frage verwirrt mich ein bisschen, weswegen sie der Triathlet im gelben Dress mit ein paar Sätzen erläutert, während er von hinten heran laufend an meiner Seite erscheint. „5:45 plus/minus ein paar Sekunden!“ antworte ich wahrheitsgemäß, noch immer nicht den Sinn seiner Frage verstehend. Schließlich stellt sich heraus, dass ihn seine Laufuhr im Stich gelassen hat (oder so ähnlich …) und meine Pace sich mit seiner ungefähr deckt. Also laufe ich eine Weile Seite an Seite mit Peter Brandenburger und wir kommen ins Gespräch …

Ein Gespräch, das von gegenseitiger Achtung vor der Leistung des anderen geprägt ist. Peter mag sich nicht vorstellen, was es bedeutet, 10 Tage lang immer wieder bei null zu beginnen und mit zunehmend beanspruchten Füßen den jeweils nächsten Marathon anzugehen. Im Resümee zu unseren Sportarten erzielen wir spielend Einigkeit: Alle Langzeitathleten müssen ein bisschen verrückt sein, um zu tun, was sie tun …

Als wir dem „unauffälligen“ Triathleten im blauen Dress begegnen, stellt er ihn mir als Richard Jung aus Deutschland vor, der „sonst immer alles abräumt“, heute aber wohl seinen Meister im Dänen gefunden habe. Was Peter zu diesem Zeitpunkt nicht wissen kann: Als ich den Dänen am späten Nachmittag wieder sehe, bewegt er sich bereits eckig und ungeschlacht wie ein Roboter. Nichts erinnert mehr an den strahlend blonden Helden des Vormittags. Und am Abend muss Michael Plahn völlig dehydriert abbrechen … Also holt sich mein Landsmann Richard Jung doch den Weltmeistertitel. Was Udo zu diesem Zeitpunkt noch viel weniger wissen kann: Peter Brandenburger schafft es auf den zweiten Platz in einer Gesamtzeit von knapp 37 Stunden. Mit anderen Worten: Einmal im Leben waren mir Glück und Ehre beschieden einem Vizeweltmeister als Pacemaker zu assistieren!

Wie ergeht es meinen Mitläufern heute? - Otto führt den Nachweis, dass man durchaus in zwei Wettkämpfen parallel antreten kann. Heute Nacht fuhr er für seine Ultra-Triathlon-Staffel mal eben 40 km mit dem Rad. Wer nun meint, das müsse unweigerlich seine Laufleistung schmälern, wird eines Besseren belehrt: Otto realisiert an diesem Tag die schnellste seiner zehn Marathonzeiten … Und weil das noch nicht reicht, übernimmt er am späten Nachmittag noch ein paar Laufrunden für die Triathlon-Staffel. Wie Peter und ich bereits feststellten: Alle Langzeitathleten sind ein bisschen „gaga“ …

Andy wirkt gelöst wie selten in diesen Tagen. An weniger Hitze und mangelnder Anstrengung kann es nicht liegen, dass ihm mehrfach ein Lächeln übers Gesicht huscht, wenn ich mit einem „Super Andy!“ seine innere Einkehr unterbreche. Vermutlich ist der Stein, der ihm bisher auf dem Herzen lag, nun endgültig vom Herzen gekullert … Gestern fehlte der „Stein des Anstoßes“ bereits am Start und heute glänzt er wieder mit Abwesenheit. Keinem ging der Betrug beim dritten Marathon so an die Nieren wie Andy.

Harald rennt neuerlich wie aufgezogen. Nach anfänglicher Zurückhaltung rückt er Thomas immer näher auf die Pelle, überholt ihn schließlich. Thomas wirkt dagegen gehemmt. Sein anfänglicher Vorsprung schmilzt von Runde zu Runde bis wir schließlich in der zweitletzten Runde gleichauf laufen. Seinem Vorschlag die letzte Runde gemeinsam zu bestreiten stimme ich gerne zu. Exakt in diesem Geist des Miteinanders haben wir „Zwölf“ nun neun Marathons gemeinsam erkämpft. Unterschiedliche Menschen, unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft, die in ihrer Auffassung vom Laufsport dennoch kaum differieren. Wie es Thomas dabei geht, weiß ich nicht, mir fällt die letzte Runde trotz fortgeschrittener Müdigkeit und enormer Hitze leicht …

Kurz vor der Zielgeraden holen wir Andy ein und Thomas beschließt spontan mit Andy über die Ziellinie zu laufen. Ich überhole zunächst, überlege es mir dann aber anders. Auch wenn es niemand fotografisch verewigt: Es müsste ein noch grandioseres Bild abgeben, wenn wir zu dritt, Andy in der Mitte, das Ziel erreichen … Und genauso geschieht es dann, für Thomas und mich nach 4:08:26 Stunden.

Sonntag, Marathon „zehn“:   Vollzählig

Der Zehnte zählt nicht. Der Zehnte läuft von selbst. Neun sind „Pflicht“, der Zehnte Kür. Den Zehnten laufe ich zum reinen Vergnügen. - So und ähnlich freue ich mich seit Tagen auf den letzten Marathon, habe ihn nicht wirklich auf der Rechnung. Und mit Thomas, der sich ähnlich äußerte, weiß ich mich in dieser Einstellung einig. Der zischt dann auch davon als wollte er heute seine persönliche Marathonbestzeit in den steiermärkischen Boden stampfen. Wenn ich ihm begegne, wirkt er ungeheuer fokussiert, in sich gekehrt und kein bisschen „schlusstag-entspannt“ … Anscheinend setzt Thomas um, womit ich selbst im Verlauf der Woche immer wieder einmal liebäugelte: Am letzten Tag alles „reinpacken“, was noch da ist!

Was mich angeht, so wird dieser Tagtraum bleiben, was er neun Tage lang war: Ein Gedankenspiel. Alle Umstände sprechen dagegen. Außer „mit Anstand ankommen“, also mit etwa 4:15 h die bisherigen Zeiten bestätigen, steht mir kein Ziel mehr vor Augen. Meine selbst gesetzte Vorgabe habe ich übererfüllt. Die ursprünglich anvisierten 45 Stunden um ein paar weitere Minuten zu unterbieten hat in etwa denselben Reiz wie ein Regentag im November … Auch Platzierungsgeplänkel vermag meinen Ehrgeiz nicht zu wecken. Die Rangfolge in Marathon Nr. 10 ist ohnehin gleichgültig und mein zweiter Gesamtplatz steht felsenfest. Also weithin nicht der winzigste Funke in Sicht, um meinen Ehrgeiz zu entzünden.

Auch spontan aufwallender Ehrgeiz steht nicht zu erwarten. Mein „Tageslaufgefühl“ pustet mir solche Tempoflausen von Beginn an aus dem Kopf. Meinen Vorstellungen zum Trotz wird der Zehnte weder zum Selbstläufer, noch beschert er mir pures Laufvergnügen! So müde und von den Waden abwärts gestresst stellte ich mich keinem der neun Marathons zuvor. Außerdem handelte ich mir gestern die erste und einzige Blase an der linken Ferse ein. Das kommt selten vor. Im Training nie und bei Wettkämpfen eigentlich nur auf sehr langen Distanzen. Blasen so zu versorgen, dass ich am Tag danach beschwerdefrei auftreten kann, war nie nötig. Also habe ich auch keine Erfahrung darin. Klingt für einen mit 200 Marathons komisch, ist aber so. Ich pappte ein Blasenpflaster drauf und hoffte, den Versprechungen auf der Packung willig Glauben schenkend, Ruhe zu haben. Habe ich aber nicht. Ich hätte die Blase entgegen der Empfehlung auf der Pflasterpackung aufstechen müssen, wie ich das ohne Blasenpflaster bisher immer handhabte. Schon dieser kleine stete Schmerz an der Ferse verhindert Tempoexperimente …

Wer nun meint, der Finaltag wäre mir infolge Fußproblemen vergällt, irrt sich und zwar gewaltig. Rein gar nichts kann mir heute die glänzende Laune verderben. Und dann steigt auch noch Ines zur verabredeten gemeinsamen Runde ein. Nach und nach stelle ich ihr die wunderschönen Flecken des Kurses vor, den wir nun schon seit Tagen belaufen … Kurpark - Taubenhaus - Seerosenteich - Blumenwiese - Flussaue … Wie erwartet zeigt sich Ines auf Hin- und Rückweg der Pendelstrecke begeistert. Wir brechen zu einer zweiten gemeinsamen Runde auf. In Höhe des Reitstalls zweigt Ines dann auf die alte Strecke ab, um deren Reize, vor allem das Hundertwasser-Märchen der Thermengebäude mit eigenen Augen zu erleben …*

*) Wieder zu erleben, denn wir waren 2008 schon einmal für ein paar Tage als Hotelgäste hier. Siehe Trainingsbericht von damals.

Klimatisch wiederholt sich der Vortag und es wird niemanden mehr überraschen, dass mir die Hitze eher angenehm als lästig ist. Im Grunde kann ich mein Wetterglück kaum fassen. Zehn Tage Wärme und Sonnenschein, nur einmal für kurze Zeit ein bisschen Nieselregen. Zehn Tage lang mein Wetter. Nicht einmal musste ich meine Schlecht- und Kaltwetterausrüstung bemühen. Welcher Anteil Wärme und Sonne an meinem Erfolg zukommt, kann ich natürlich nicht beziffern. Doch zehn Mal Marathon in Folge ist vor allem Kopfsache. Und mit Sonne im Kopf laufe ich nun einmal freudiger und motivierter als unter anderen Bedingungen.

Dass meine Mitkämpfer die Hitze nicht so gut vertragen ist mir bewusst. Besonders Bernhard leidet seit Tagen. Sein flottes Tempo zu Beginn und langes Siechtum in den späten, heißen Vormittagsstunden spricht Bände. Selbst „unsere“ Italiener stöhnen über die Hitze. Besonders Angela unternimmt immer wieder den Versuch an der Labestelle den Körper mit Wasser und Eis runterzukühlen. Noch brutaler setzt das Klima den verbliebenen Triathleten zu. Von den Einzelstartern läuft niemand mehr. Gehen, Schlurfen und Stolpern sind angesagt. Zum Beispiel beim finster dreinschauenden Franzosen Emmanuel Seloi. Bei jeder der zahlreichen Begegnungen bin ich geneigt einen weiten Haken um den missmutigen Gesellen zu schlagen (erst auf seiner Schlussrunde, strahlt er dann übers ganze Gesicht …). Oder Fabio Flauti, der Italiener, stets mit gesenktem Kopf unterwegs … der scheint bisweilen sogar zu torkeln. In keinem meiner über 200 Wettkämpfe über lange Distanzen, nicht einmal bei den 246 Kilometern auf griechischer Erde, war ich so „alle“ wie dieser Italiener.

Und dann ist da noch Mario Walter aus Regensburg. Der scheint zumindest im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte: „Ah! Aus Augsburg!“ ruft er meiner Rückenansicht hinterher. Laufen kann allerdings auch „Super Mario“ nicht mehr. Ich werde sicher nie erfahren, ob er von Natur aus so breitbeinig geht oder sich über Stunden einen Wolf gelaufen hat. „Super Mario“ nennen sie ihn erst später, lange nach Ende unserer Veranstaltung, weil er mehrfach unterbricht, aufzugeben scheint, auch mal ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt, dann aber doch bis zum glücklichen, allseits umjubelten Ende durchhält. Dass er nach fast 58 (!) Stunden Wettkampf Letzter wird, stört niemanden. Ihn selbst wohl auch nicht, wenn ich sein glückliches Lächeln inmitten zahlloser Huldigungen richtig deute.

Anlässlich des absolvierten Halbmarathons blicke ich erstmals zur Uhr. 2:09:xx h zeigt die an und dieser Wert - so unwichtig er auch sein mag - hinterlässt mich ein wenig unzufrieden. Unter 4:15 h hätte ich den letzten Marathon schon gerne beendet. Inneres Stirnrunzeln und Unzufriedenheit genügen, um fortan ein wenig flotter und gänzlich ohne Zeitverschwendung Schritte zu setzen. Vielleicht blockieren diese Spuren wiederbelebten Ehrgeizes auch die Schmerzwahrnehmung: Fortan spüre ich die Blase an der Ferse kaum noch …*

*) Es wird zunächst in der überschäumenden Freude zum Gelingen der „10in10“ untergehen. Erst viel später werde ich realisieren, dass mir im zehnten von zehn Marathons noch ein (vor allem mich selbst beeindruckender) negativer Split gelingt: Um die Endzeit von 4:12:44 h zu realisieren muss ich den zweiten Halbmarathon in etwa 2:03:xx h gelaufen sein. Sechs Minuten weniger als für die erste Hälfte.

Kraxi läuft an meiner Seite. Zum Abschluss der Serie möchte er jeden von uns noch ein Stück begleiten. Wie schade, dass er sich auf die Rolle des gelegentlichen Mitläufers beschränken musste. Ab und zu ein paar schnelle Runden als Training und an Tag sieben einen vollständigen Marathon. Der schnellste Einzelmarathon der gesamten Veranstaltung übrigens. Kraxi überraschte sich selbst mit 3:14:32 h. Das zeigt, wie gut er nach seiner Zwangspause schon wieder drauf ist … Als wir auf die Zeitnehmung zuhalten fragt er mich: „Willst du nachher mit Flagge einlaufen?“ - Die Triathleten bestreiten ihre letzte Runde mit den Farben ihres Landes in der Hand. „Warum nicht?“ gebe ich zur Antwort, „Aber nur die letzten Meter!“

Menschen verändern sich - rein äußerlich natürlich nur -, wenn sie den Laufdress gegen Straßenkleidung tauschen. Ich schaue einmal hin, zweimal, dann bin ich sicher: Am Streckenrand kommt mir Peter Brandenburger entgegen. Jener Triathlet, dem ich gestern die Pace ansagen durfte. Peter Brandenburger, der sich seit gestern Abend über seinen zweiten Platz freuen darf. „Hallo Peter! Wie fühlt sich das an #Vizeweltmeister#?“ - Freudestrahlend grüßt er zurück und ich setze scherzend noch eins drauf: „Ist mir eine Ehre dem Vizeweltmeister eine halbe Runde die Pace gemacht zu haben!“

Kraxi lieferte mir vorhin eine Erklärung für Thomas’ Eile: Der will seine 10 Marathons insgesamt unter 40 Stunden finishen. Inzwischen hat er mich längst überrundet, behält sein Höllentempo aber weiterhin bei. Vielleicht fühlt er sich durch die Anwesenheit seiner Familie beflügelt!? Er wird die Marathonserie mit einer 3:42:42 h beenden und auf höchst eindrucksvolle Weise demonstrieren, dass keinem anderen als ihm die Krone des besten „10in10-Läufers“ zusteht!

Mein Wettkampf geht in die vorletzte Runde. Ein - wenn auch vorläufiges - Fazit drängt sich auf: Abgesehen von meinem eigenen, in dieser Klarheit nicht erwartbaren Erfolg, freut mich am meisten, worauf ich ebenso wenig gewettet hätte: Alle zwölf angetretenen Läuferinnen und Läufer haben bis zum Ende durchgehalten. Damit geht ein Wunsch in Erfüllung, der in meinem Empfinden von Tag zu Tag mehr Raum einnahm. Für mich liegt genau hierin die Besonderheit, das Charakteristische, das einen über so viele Tage andauernden Wettkampf von anderen langen Laufveranstaltungen unterscheidet: Der Wettkampf, das sportliche Ringen, wird rasch zur Nebensache. Im Mittelpunkt steht die (kleine) Gruppe, verbunden mit der Hoffnung, alle mögen bis zum wunderbaren Schluss durchhalten …

Und genau diesem wunderbaren Schluss renne ich nun entgegen … Ich renne wirklich. Kann und will mich auf den letzten Kilometern nicht mehr zurücknehmen … 5:20 Minuten lese ich hinterher für den Schlusskilometer ab. Zum letzten Mal an der Verpflegungsstelle bedanke ich mich für 10 Tage toller Versorgung mit Flüssigem und Festem, werde mit Glückwünschen überschüttet. Und nun zurück, durch den Kurpack, über die Holzbrücken und ein allerallerletztes Mal vorbei am Seerosenteich … „Schluss ist!“ - mehrfach rufe ich es Mitkämpfern und Zaungästen zu … Euphorie erfasst und trägt mich … ich schnappe mir die Deutschlandfahne und überwinde die letzten 100 Meter … Beifall und Jubel empfangen mich im Ziel … und vor allem meine Frau Ines!

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Wir warten auf die Siegerehrung. Andy, Karl, Ewald, Angela … alle haben das Ziel längst erreicht. Wir stoßen mit einem Siegerbier an. Karl liegt überwältigt von Anstrengung und Glück in einem Liegestuhl. Zufriedenheit in allen Gesichtern. Ich weiß nicht, worüber ich mich mehr freuen soll, mein Ergebnis oder die Gewissheit diese Prüfung ohne ernsthafte Blessuren überstanden zu haben … Bin ich erschöpft? Wahrscheinlich. Nein, ganz bestimmt sogar. Aber ich spüre es nicht. Rein physisch beanspruchte mich der zehnte von allen Marathons am meisten. Vorhin, in den letzten Runden, wurde mir klar, dass ich eine Grenze erreicht habe, hinter der mit jedem Tag das Verletzungsrisiko stiege. Mit jedem weiteren Marathon würden die Beschwerden in den Füßen wachsen, die Waden weiter verhärten. Und die guten Laufzeiten - auch das stand mir zweifelsfrei vor Augen - wären auf bisherigem Niveau nicht zu halten.

Noch immer warten wir auf die Siegerehrung. Keiner hat es eilig. Diese Minuten mehr oder weniger stiller Besinnung, der von Zufriedenheit erfüllten Gespräche, des selbstverständlichen Beisammenseins dürfen sich gerne dehnen. Ich fühle mich wohl in Gegenwart der anderen elf, wie all die Tage zuvor.

Und dann geschieht etwas ganz Außergewöhnliches. Etwas sensationell und gewaltig Sportliches. Unglaublich, unerhört und vieles relativierend, was ich an Unschönem auch Kommerziellem im Ausdauersport erlebte! Plötzlich ist der Däne wieder da! Du erinnerst dich? Gestern Abend, 29 km vor Schluss, den Weltrekord vor Augen, musste er völlig dehydriert abbrechen. Nun steht Michael Plahn wieder im Startbereich und bittet darum seinen Wettkampf zu Ende bringen zu dürfen!!! Michael will sein Finish und es ist ihm gleichgültig, dass er abgeschlagen auf einem der letzten Plätze im Klassement landen wird. Unter dem frenetischen Beifall aller Augenzeugen geht er auf die erste von verbleibenden 10 Runden …

Einer nach dem anderen besteigt das Siegerpodest und lässt sich ehren. Die anderen skandieren seinen Namen, jubeln, freuen sich über den Erfolg der Laufkameradin, des Laufkameraden. Zuletzt ein Gruppenfoto. Alle haben durchgehalten. Wir sind vollzählig, wie am ersten Tag!

 


 

Fazit zum Wettkampf

Selten war ich so unsicher, für welche Leistung mein Training ausreichen würde. Mein Ziel, insgesamt 45 Stunden, jeder einzelne Marathon unter 4:30 Stunden, war ein Schuss ins Blaue. Wahrscheinlich realisierbar, aber sicher war ich keineswegs. Rückblickend steht fest, dass ich bereits Nummer eins hätte flotter absolvieren können. Dennoch bewerte ich die Vorsicht des ersten Tages als sinnvolles Verhalten. Abgesehen vom letzten Marathon, fiel mir der erste am schwersten. Er stellte eine Art „Einlaufen“ dar, das mir mit mehr Tempo womöglich nicht so gut geglückt wäre. Letztlich absolvierte ich die 10 Marathons in 42:09:30 Stunden und unterbot damit die anvisierte Gesamtzeit um 2:50:30 Stunden. Das ergibt eine mittlere Laufzeit von 4:12:57 Stunden pro Marathon. Ein Ergebnis, das ich mir keinesfalls vorab zugetraut hätte (Alle Ergebnisse im Überblick findest du auf der Seite des Veranstalters).

Entscheidend für den positiven Ausgang der „10 Marathons in 10 Tagen“ war das an allen Tagen gelungene Umschalten von Belastung zu Regeneration und neuerlicher Belastung. Die knapp 20 Stunden der Erholung reichten jeweils aus, um energetisch und orthopädisch erholt wieder an der Startlinie zu stehen. Wohltuend war in diesem Zusammenhang der Besuch der Therme an sieben von zehn Tagen nach dem Wettkampf. Unterschiedlich temperierte Bäder, darin auch Massagedüsen und jeweils zwei Saunagänge lösten Verspannungen und beschleunigten die Regeneration.

Dass ich mich über 10 Tage im Wettkampfmodus hielt, lässt sich am Schlafrhythmus festmachen. Ich schlief in jeder Nacht erholsam tief und für ziemlich genau sechs Stunden. Jeden Morgen erwachte ich vor dem Wecksignal und fühlte mich erfrischt und ausgeschlafen. Das ist umso erstaunlicher, als ich im (Trainings-) Alltag höchst selten von selbst aufwache.

Literweise Flüssigkeit infolge der hohen Tagestemperaturen, zusätzlich womöglich der Genuss von Energiegel über mehrere Wettkampftage (sechs Portionen Gel pro Marathon), brachten meinen Verdauungstrakt ab Marathon vier ein bisschen durcheinander. So sehr, dass ich an jenem Tag panikartig die Büsche konsultieren musste. Bereits am darauf folgenden Tag hatte ich das jedoch im Griff, bis mein Körper - ohne jede Ernährungsumstellung übrigens - selbst ausreichend gegensteuerte.

Während der Marathonläufe ereilten mich weder physisch noch mental Schwächephasen, mit denen ich eigentlich fest gerechnet hatte. Selbstverständlich war es hart zehnmal in Folge die Leistung für 42,195 Kilometer abzurufen, jedoch nicht so beanspruchend, wie ich mir das im Vorfeld vorgestellt hatte. Was mich viel mehr belastete, war der „Und-täglich- grüßt-das-Murmeltier-Effekt“. Der ging mir gehörig auf den Wecker, bedeutete die eigentliche mentale Belastung. Auch allabendlich mit müden, beanspruchten Füßen nagender Zweifel „Wird es morgen wieder so gut laufen wie heute?“ hat mir zugesetzt. Obschon mir jeder Marathon die Frage neuerlich mit „Ja!“ beantwortete, stellte sich in dieser Hinsicht keine Gewöhnung ein.

Den unerwartet überzeugenden Erfolg wertend, gehe ich davon aus, trotz verletzungsbedingter Rückschläge im Vorfeld weitgehend richtig trainiert zu haben. Insbesondere zwei einwöchigen Phasen, in denen ich täglich trainierte und dabei mehrmals hohe Umfänge bewältigte, messe entscheidende Bedeutung bei.

 

Fazit zur Veranstaltung

Bad Blumau als Veranstaltungsort darf mit Fug und Recht als Glücksfall betrachtet werden. Einerseits bietet der Ort die Möglichkeit zu Rundstrecken, die nie langweilig werden. In Kurpark und Thermengelände, entlang des Safenbaches und im Ort selbst boten sich alle paar Meter neue Eindrücke. Der veranstaltende Verein, MSC Rogner Bad Blumau, repräsentiert vom selbst teilnehmenden Otto Pöschl, dem mehrfach anwesenden Vorstand und mehreren Helfern mühte sich nach Kräften und sehr erfolgreich beste Wettkampfbedingungen zu schaffen. So entstand ein Klima des Miteinanders, in dem sich offensichtlich alle wohlfühlten. Dank der entschiedenen Reaktion des Schiedsgerichtes auf den Betrug eines Teilnehmers blieb uns dieses Klima erhalten.

Meine anfängliche Skepsis, zwei hochkarätige Wettbewerbe, „10in10“ und „Triple Ultra Triathlon“, zeitgleich auszutragen, wurde mit sehr viel persönlichem Einsatz aller Helfer zerstreut. Es erwies sich sogar als bereichernd und abwechslungsreich, zeitgleich mit den „Triples“ auf der Strecke unterwegs zu sein.

Ein uneingeschränktes Lob gilt auch dem Hauptsponsor der Veranstaltung, der Hundertwasser-Therme Bad Blumau. Immer wieder bewiesen Vertreter des Sponsors durch ihre Anwesenheit beim Start ihr Interesse. Und die sehr emotionale Ansprache der Verwaltungschefin der Therme bei der Siegerehrung wird mir im Gedächtnis bleiben. Erwähnt werden sollte auch die Möglichkeit des täglichen Thermenbesuchs zu einem erheblich ermäßigten Eintrittspreis und die von der Therme gut bestückte und gemanagte Verpflegungsstelle.

Es liegen 10 Tage mit einer fantastischen Stimmung zwischen allen Beteiligten hinter mir. Wenn man etwas verbessern kann, dann allenfalls im Detail. Insgesamt und ohne Einschränkung verdient sich die Veranstaltung die Bestnote.

Fazit: Wer 10 Marathons in 10 Tagen schafft, wird schwerlich einen besseren Ort dafür finden als Bad Blumau in der Steiermark!

 


 

Und hier alle 12 Finisher der „10 Marathons in 10 Tagen Bad Blumau“ mit der Anzahl ihrer bisherigen Marathons und Ultras im Überblick:

Läuferin/Läufer   Marathon-/
Ultraläufe
Susanne Schöberl

153
Angela Gargano

> 765
Thomas Lanz

33
Udo Pitsch

206
Harald Wurm

186
Bernhard Bruckner

70
Otto Peischl

211
Michele Rizzitelli

754
Werner Kroer

178
Ewald Zauchinger

43
Karl-Alfred Erber

53
Andy Kapui

105