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Stand: 28. Februar 2014

Ein Weg zum Marathon

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Erster Teil:   Reif für den Marathon?

Fünf Voraussetzungen für ein erfolgreiches Marathonfinish

1. Motivation

2. Mentale Härte

3. Körperliche Voraussetzungen

4. Ohne ausreichende Rahmenbedingungen kein Marathon

5. Systematisches Training

6. Gegenseitige Beeinflussung der Voraussetzungen

7. Checkliste der Voraussetzungen

Diese Zeilen verfasst einer, den sein erster Marathon in einen Rausch aus Glück und Staunen über die eigene Leistung katapultierte. Einer, der danach alles daran setzte, diese legendäre Strecke immer wieder zu erleben. Auch wenn die Sternstunde des „Ersten“ nicht wiederholbar ist - die „Faszination 42,195 km“ nützt sich nicht ab. Nach dem Marathon ist vor dem nächsten Marathon …

Für jemanden der gerne lange läuft, gibt es kaum ein befriedigenderes Erlebnis als ein Marathonfinish. Darüber sollte kein Zweifel aufkommen, auch wenn in diesem ersten Teil viel von Fehlern und vom Scheitern geschrieben steht. Es ist nicht meine Absicht dir die 42,195 Kilometer auszureden, vielmehr ungeschminkt alle wichtigen Gesichtspunke auf dem Weg zum Marathon zu erörtern. Dann entscheide ein jeder für sich: Bin ich reif für den Marathon? Leider stehen immer wieder Läufer am Marathonstart, die dort (noch?) nicht hin gehören. Unzureichend vorbereitet gehen sie ein gesundheitliches Risiko ein oder bescheren sich eine herbe Niederlage.

So ...

Statistiken, wie viele Läufer bei ihrer Absicht scheitern einen Marathon durchzustehen, stehen nicht zur Verfügung. Auch weiß niemand wie die vordergründig Erfolgreichen ihr „erstes Mal“ empfanden, ob und wie sie davon läuferisch profitierten. Wer zählt jene Marathonas und Marathonis, die ihr erstes Finish mit zwiespältigen Gefühlen verbinden, weil sie sich das „Ganze“ anders vorgestellt hatten. Andere fallen hinterher in ein tiefes Loch, in einen Ozean läuferischer Antriebslosigkeit. Ein erfolgreiches Marathonfinish bedeutet mehr als nach drei, vier, fünf Stunden das Ziel irgendwie zu erreichen. Erfolgreich ist, in wessen Erinnerung sich das Geschehen als ein Lebenshöhepunkt abbildet. Vieles hängt vom Wollen und Können ab, von körperlichen Faktoren, sehr stark auch von geistig-seelischen.

... oder so?

Nach meiner festen Überzeugung lassen sich Misserfolge, vom totalen Scheitern bis zum Finish mit schalem Nachgeschmack, vermeiden, wenn Marathonaspiranten die nötigen Voraussetzungen kennen und sich daran orientieren. Darum beschäftigt sich der erste Teil des „Weges zum Marathon“ sehr ausführlich mit den fünf Vorbedingungen für ein lachendes Gesicht nach 42,195 gelaufenen Kilometern …

Fünf Voraussetzungen für ein erfolgreiches Marathonfinish

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Wer folgende Bedingungen erfüllt, kann sein „Projekt Marathon“ mit großer Aussicht auf Erfolg und Freude in Angriff nehmen.

  1. Motivation: Der Läufer verspürt den intensiven Wunsch einen Marathon zu laufen.
  2. Mentale Härte: Er besitzt einen starken Willen, um sein Ziel gegen Widrigkeiten durchzusetzen.
  3. Körperliche Voraussetzungen: Er ist gesund, verfügt über einen robusten Körper und ausreichende Grundausdauer.
  4. Rahmenbedingungen: Die Lebenssituation bietet den nötigen materiellen und zeitlichen Freiraum.
  5. Training: Durch systematische, methodisch richtige Vorbereitung erwirbt er die nötige Langzeitausdauer.

Die genannten Voraussetzungen beeinflussen sich gegenseitig und der jeweilige Grad ihrer Erfüllung bestimmt die Erfolgsaussichten. Wer sich bei einem dieser Punkte „Fehlanzeige“ eingestehen muss, sollte sein Ziel Marathon selbstkritisch überdenken.

1. Motivation

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1.1 Entschlossenheit

Wann sich die Absicht einen Marathon zu laufen einstellt und wie sie empfunden wird, dürfte vom jeweiligen Naturell abhängen. Sachlich nüchterne Charaktere werden ihren Wunsch nach gründlichem Abwägen in einen Entschluss umformen. Emotionalere Läufer mögen die Distanz 42,195 Kilometer jahrelang als Traum vor sich her schieben, um eines schönen Lauftages zu wissen: „Ich will das jetzt!“. Wie auch immer der Wunsch „Marathon“ reift, ihm sollte kein Rest von Beliebigkeit anhaften. Das Ziel, der Traum sollte mit Entschlossenheit verfolgt werden. Wer sich Hintertürchen offen lässt, schmälert seine Erfolgsaussichten.

Beispiel: „Also ich fang jetzt mal an zu trainieren, dann werde ich schon sehen, ob es geht!?“

Diese Einstellung ist - pardon - Nonsens! Wer die nötigen Voraussetzungen erfüllt, findet auch einen Trainingsplan und damit einen Weg der ihn schlussendlich ins Marathontor bringt.

1.2 Freude am Laufen

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Das eigentliche Motiv sich einer monatelangen, harten Marathonvorbereitung zu unterziehen sollte der Freude am Laufen, dem echten Wunsch lange zu laufen, entspringen. Wer das Vorhaben nicht im Wesentlichen um seiner selbst Willen beginnt, riskiert gleichfalls einen Fehlschlag. Zumindest wird ihm die Anstrengung wenig Spaß bereiten.

Beispiele: Manch einer nimmt an einem Marathon teil, weil das so ein „geiles Event“ ist. „Da herrscht so eine tolle Stimmung am Straßenrand.“ Wieder andere haben es auf die damit verbundene Anerkennung ihres sozialen Umfeldes abgesehen, wollen einfach zeigen, was für ein Mordsmolli in ihnen steckt. Ganz Verwegene lassen sich gar zu einer Wette hinreißen. Ob der davon ausgehende Druck reicht, um sie über drei Monate Anstrengung bei der Stange … äh … in den Laufschuhen zu halten? - "Ich will endlich abnehmen!" Auch dieser verständliche Wunsch hat nichts mit dem Laufen an sich zu tun, bildet also keine tragfähige mentale Grundlage (zudem ist diese Absicht mit Risiko behaftet, siehe 3.1).

Ich will nicht bestreiten, dass solche Antriebe auch bei mir hie und da eine Rolle spielten. Das schadet auch nicht. Nur dürfen damit nicht die Hauptgründe schon aufgezählt sein.

1.3 Optimismus

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Ich schaffe das! - Mit dieser Zuversicht und mit Lust auf die Herausforderung solltest du es anpacken. Jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, hat allen Grund für Optimismus. Mit guter Vorbereitung und durchdachtem Trainingsplan ist ein Erfolg sogar wahrscheinlich. Spätere Zweifel sind unvermeidlich. Sie plagen jeden, der sich zum ersten Mal auf eine Strecke von 42.195 Meter Länge vorbereitet. Selbst wenn man schon ein Marathonfinish hinter sich hat und eine anspruchsvolle, persönliche Bestzeit anstrebt, erscheint das Ziel manchmal wie der Griff nach den Sternen. Das liegt einerseits an den „merkwürdigen Übungen“, die einen auf die lange Strecke vorbereiten sollen. Meist läuft man schneller als Marathontempo und vergleichsweise kurz. Nur einmal in der Woche wirklich lange, trotzdem langsamer als letztlich im Wettkampf beabsichtigt, zudem weit unter vierzig Kilometern. Überdies fühlst du dich nach den meisten Laufeinheiten ziemlich fix und alle. Müde Läufer zweifeln an sich. Das ist völlig normal, ja sogar sinnvoll. Zweifler werden gewissenhaft versuchen alle Trainingsaufgaben zu lösen.

1.4 Nur auf die „innere Stimme“ hören

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Ines, meine Frau, lief 2006 in Venedig ihren ersten Marathon. Meine Marathonbegeisterung mag ihren Blick auf die 42,195 Kilometer gelenkt haben. Ihren Entschluss fasste sie jedoch ohne Aufforderung oder gar drängenden Satz von meiner Seite. Es war ihr Wunsch und ihr Entschluss. Es fiel mir schwer sie nicht in diese Richtung zu bequatschen, darum der Hinweis: Lass dich nicht zum Marathon überreden! Natürlich kann man sich anderen Läufern mit demselben Ziel anschließen. Sich in der Gruppe über das Trainingsgeschehen auszutauschen kann helfen, mit Freunden beim selben Marathon zu starten einen weiteren reizvollen Akzent setzen. Aber der eigene, freie Entschluss darf nicht durch Fremdeinfluss, einen befreundeten Läufer etwa oder die Kumpels vom Lauftreff, ersetzt werden. Einen Marathon läuft man, weil eine innere Stimme es fordert. Du willst dir einen Traum erfüllen, zumindest einen heiß ersehnten Wunsch. Das klingt pathetisch, sollte aber tatsächlich so intensiv empfunden werden. Wer sich immer wieder fragt „Will ich das eigentlich?“, „Warum tue ich mir das an?“, oder „Muss ich das haben?“, der sollte den Weg zum Marathon noch nicht einschlagen. Er sollte warten bis seine Absicht zweifelsfrei feststeht.

2. Mentale Härte

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2.1 Durchhaltefähigkeit und Disziplin

Die Überschrift klingt verdächtig nach „alten deutschen Tugenden“ oder Militär. Mag sein, aber exakt diese Eigenschaften sind gefordert. Der Marathon prüft deine Willenskraft ständig während vieler Trainingswochen! Nicht der finale Marathonlauf bildet die eigentliche Hürde vor dem Erfolg, sondern die Monate auszehrender Laufarbeit davor. Mentale Härte meint geistig-emotionale Widerstandsfähigkeit. Es gilt dem mit der Müdigkeit wachsenden Wunsch des Körpers nach Ruhe zu widerstehen - beim Marathon selbst, häufiger im Training. Bett, Couch oder scheinbare Verpflichtungen, die unser cleveres Bewusstsein gern erfindet, die Verführer zu läuferischer Untätigkeit sind zahlreich. Und wenn sonst nichts hilft, mieses Wetter lässt sich immer zum probaten Grund für Faulheit aufblasen. Solche inneren Kämpfe sind kein Zeichen von Schwäche, sondern normale Reaktionen einer normalen Persönlichkeit. Entscheidend wird sein, dass die von Trainingsfleiß und Disziplin errichteten Dämme nicht zu oft brechen.

Knüppel können dir auch aus unerwarteter Richtung zwischen die Beine fliegen: Ein merkwürdiger Blick deines Chefs, weil du wieder mal pünktlich Feierabend machst, um dein Fahrtspiel im Wald noch bei einigermaßen sicheren Lichtverhältnissen abzuschließen. Das enttäuschte Jammern deiner Sprösslinge, mit denen du in letzter Zeit sonntags nichts mehr unternommen hast. Liefst erst zwei, drei Stunden, hingst danach lethargisch in irgendeinem Sitzmöbel ab. Auch beim Partner löste das keine Beifallsstürme aus. Noch sehen sie nicht den strahlenden Marathonhelden in dir, sondern eine zunehmend seltener verfügbare Bezugsperson. Mit der Zeit lockern solche Anfechtungen deinen mentalen Block.

Die schon erwähnten Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit können dich bisweilen härter treffen, als körperliche Anforderungen. Häufig bist du müde, brauchst Minuten, um überhaupt auf Touren zu kommen. Besonders vor dem ersten Marathon bewegt dich dauernd dieselbe Frage: „Wie soll ich das nur schaffen? Wie kann ich 42 Kilometer weit laufen, wenn ich schon nach einer Stunde Training fix und fertig bin?“ Dein läuferisches Selbstbewusstsein wird einer fortwährenden Prüfung unterzogen.

Die notwendige Einstellung zu formulieren ist schwierig. Vielleicht so: Wie verhältst du dich im richtigen Leben, wenn es körperlich oder psychisch dicke kommt? Knickst du schnell ein, oder nimmst du Herausforderungen mutig an? Finde eine ehrliche Antwort auf diese Frage. Training härtet die Psyche (siehe nächster Abschnitt), aber ein gewisses Maß körperlicher und mentaler Anfechtungen sollte man ertragen können. Marathon ist nichts für ängstliche Zauderer.

Um zu zeigen, wie unerwartet einen die Unlust erwischen kann, möchte ich dir eine selbst durchlebte Situation schildern: Im Mai 2006 unternahm ich einen neuen Sturm auf die Festung „Marathon unter drei Stunden“. Meine Vorbereitung von Januar bis weit in den April litt unter dem härtesten, schneereichsten Winter seit Jahren. An Training im Gelände war bis in den April hinein an keinem Tag zu denken. Immer nur Straße und Radwege. Eisige Winde und ständige Schneefälle ließen mich ein ums andere Mal mein Ziel verfluchen. Meine Stimmung sank von Woche zu Woche. Lust raus zu gehen und Spaß am Laufen kannte ich kaum mehr. Als Partner war ich sicher manchmal schwer zu ertragen. Häufig nutzte ich gemeinsame Minuten, um bei Ines meinen Frust über das „Sauwetter“ verbal loszuwerden. Hätten meine Eltern mir nicht ihre ausgeprägte Zähigkeit vererbt, ich hätte vermutlich aufgegeben und mich damit um einen furiosen Lauf und meine bisher beste Marathonzeit gebracht.

2.2 Mentales Training

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Ein bisschen was von einem Weichei steckt in jedem von uns. Stabilisierung oder Verbesserung mentaler Härte ist deshalb auch Gegenstand des Trainings! Innerhalb deiner persönlichen Bandbreite (aus einem geborenen Hasenfuß wird nie ein Löwe!) wird dich das Trainingsgeschehen psychisch abhärten. Du wirst lernen auch dann noch zu laufen, wenn deine Beine müde und schwer geworden sind. Du wirst Tempohärte erwerben, um hinter der berüchtigten 30-Kilometermarke, wo der Marathon erst richtig beginnt, nicht einzubrechen. Systematisch wachsende Trainingsbelastungen bereiten dich mental auf Härteres vor. Deine Aufgabe dabei: Die Mehrzahl der Laufeinheiten des Trainingsplans wie vorgesehen erfüllen und nicht kneifen!

Hinweis: Nicht zu kneifen meint keine Fälle echter Überlastung, noch weniger Schmerzzustände als Folge zu hoher Beanspruchung. Wenn solche Symptome auftreten ist das Training auszusetzen oder wenigstens befristet zu reduzieren.

3. Körperliche Voraussetzungen

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Marathon und mehr noch die Marathonvorbereitung stellen für den menschlichen Organismus eine extreme körperliche Stresssituation dar. Nach jeweils nur kurzer, in der Regel unvollständiger Erholung, folgt einer Trainingsbelastung die nächste. Über Wochen und Monate werden alle Organe des Körpers in Grenzbereichen betrieben, damit sie ihre Leistungsfähigkeit verbessern. Spitzenbelastungen in Form von Tempotraining und sehr langen Läufen - am Ende natürlich der Marathonlauf selbst - ragen aus dem allgemeinen Trainingsgeschehen heraus. Dies nur einem gesunden und robusten Körper zuzumuten ist eine selbstverständliche Forderung. Weniger selbstverständlich ist eine Antwort auf die Frage, wie man herausfinden kann, ob der eigene Körper den Anforderungen gewachsen sein wird.

Ein offenes, ehrliches Wort vorweg: Auch wer alle gesundheitlichen Vorkehrungen trifft, einen sanften, ausreichend vorbereiteten Trainingsaufbau wählt und durch begleitende Maßnahmen die Regeneration nach den Trainingseinheiten unterstützt, kann zu Schaden kommen. Es besteht immer ein Risiko für Verletzungen am Bewegungsapparat, was in seiner Konsequenz noch erträglich scheint. Lebensbedrohlich und durch keine Vorkehrung vollkommen auszuschließen sind auch akute Erkrankungen an Herz und Kreislauf. Überlastungen dieser Organe durch unerkannte Defekte, falschen Ehrgeiz, verschleppte Infekte oder extreme Witterungsbedingungen sind selten, aber real. Was also tun?

3.1 Gesundheits-Check

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Vor dem Einstieg in eine belastende Marathonvorbereitung sollte man sich einem Sportarzt zur Untersuchung vorstellen. Durch diagnostische Maßnahmen (z.B. Belastungs-EKG oder Blutbild) sollen unerkannte Erkrankungen ausgeschlossen werden. Allgemein wird der Gesundheits-Check spätestens ab dem 35. Lebensjahr empfohlen. Gesunder Menschenverstand verlangt mehr: Ein Herzfehler kann angeboren sein und bedroht damit die Gesundheit eines 20jährigen in ähnlicher Weise, wie diejenige eines älteren Läufers. Aus diesem Grund sollte jeder seiner Marathonvorbereitung das ärztliche „Go“ voran stellen.

Die Untersuchung sollte jüngeren Datums sein. Blutwerte und Herzkurven, die einige Jahre alt sind, bieten keine Gewähr. Du solltest dich auch nicht blind auf die Diagnostik eines Arztes verlassen. Es genügt zum Beispiel nicht, wenn er dir mit dem Stethoskop zu Leibe rückt, dich im übrigen jedoch „in Ruhe lässt“. Manche Schwächen zeigen sich nur unter Belastung. Der Allgemein- oder Hausarzt kann in diesem Falle nur Anlaufstelle für eine Überweisung sein.

Ein zusätzliches Risiko gehen Marathonaspiranten ein, die rauchen, Alkohol regelmäßig in größeren Mengen konsumieren, schon einmal mit Bluthochdruck zu kämpfen hatten oder ein erhebliches Übergewicht mit sich schleppen. Wer sich hier beschrieben findet, sollte mit erhöhter Vorsicht und nur nach ärztlicher Freigabe seinen Weg zum Marathon einschlagen!

3.2 Robustheits-Check

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Der Marathonwunsch wird sich eher selten bei Nichtläufern einstellen. Häufig findet man ihn allerdings bei ehrgeizigen Sportlern, die sich vor wenigen Wochen oder Monaten erstmals die Laufschuhe zubanden und nun vom glorreichen Finish fantasieren. Aber: Das wichtigste Sportgerät des Läufers ist sein Körper! Jede Blessur gefährdet das Ziel und schmälert den Spaß an der Sache. Je rascher man die Umsetzung des Marathontraumes vorantreibt, umso höher ist das Risiko für Verletzungen. Projekte, wie zum Beispiel die medienwirksam inszenierte Kampagne „Von Null auf 42“, lehne ich ab. Wer sich innerhalb eines Jahres vom Nichtläufer zum Marathoni quält, mutet seinem Körper risikoreiche Belastungssteigerungen zu. Davon solltest du Abstand nehmen, denn du hast nur diesen, einen Körper!

Allgemein wird empfohlen mit speziellem Marathontraining erst nach anderthalb bis zwei Jahren kontinuierlichen Lauftrainings zu beginnen. Was ist kontinuierliches Lauftraining? - Kontinuierlich bedeutet ohne längere Unterbrechungen und regelmäßig. „Regelmäßig“ heißt grundsätzlich dreimal pro Woche laufen. „Ohne längere Unterbrechungen“ meint Zeiträume, die etwa über den Urlaub oder eine Erkrankung hinausgehen. Vor allem haben sich Marathonaspiranten von der bequemen, äußerst beliebten Winterlaufpause zu verabschieden.

In zwei Jahren fortwährender Laufaktivität gilt es den Körper nach und nach an wachsende Ausdauerleistungen zu gewöhnen. Dies geschieht am besten durch stufenweise Zielsetzungen. Ein Nichtläufer könnte sich zunächst vornehmen 30 Minuten ohne Unterbrechung zu laufen. Ist das erreicht, mag ihn die Teilnahme an einem 10-km-Volkslauf zu weiteren Anstrengungen motivieren. Nach diesem Erfolg könnte er eine Weile an seinem Lauftempo arbeiten, um schließlich auch einmal eine längere Strecke wie den Halbmarathon anzupeilen. Ein derart zielorientierter Trainingsaufbau verfolgt hauptsächlich die Absicht die maximale Laufstrecke bzw. -dauer zu verlängern. Sinnvoll, wenngleich von untergeordneter Bedeutung, ist auch die Entwicklung des Lauftempos.

Viele Läufer, die sich zum ersten Mal auf die 42,195 km vorbereiten, haben diese Entwicklung längst hinter sich. Ungeduldigen in Laufschuhen möchte ich sie dringend empfehlen. Einerseits setzt die schrittweise Steigerung auf schonende Anpassungsreize, die Gefahr von Überlastungen bleibt niedrig. Zugleich kannst du diesen langen Prozess als einen Test deines Körpers auf Robustheit betrachten. Wenn sich über zwei Jahre stetig gesteigerter Anforderungen keine Verletzungen oder Beschwerden im Bewegungsapparat bemerkbar machten, hast du alle Chancen auch im Marathontraining davon verschont zu bleiben.

Dies gilt nicht für stark übergewichtige Läufer, selbst wenn die biologischen Systeme - vorwiegend der Bewegungsapparat - die Anforderungen bisher klaglos ertrugen. Marathontraining führt dich in den Grenzbereich dessen, was dein Körper aushalten kann. Unter anderem deshalb birgt die Absicht, per Marathontraining zu schaffen, was dir mit bisherigem Laufumfang nicht gelang, endlich nachhaltig abzunehmen, ein gesteigertes Verletzungsrisiko. Umgekehrt wird daraus ein Schuh: Erst abnehmen, dann für den Marathon trainieren!

Hinweis: Es geht hier nicht um ein paar Kilo Kummerspeck. 8, 10, 15 oder mehr Kilo über Normalgewicht sind jedoch definitiv zu viel für Marathonaspiranten! Exakte Angaben, wie viel zu viel ist lassen, sich natürlich nicht machen. Das hängt von Körpergröße und Veranlagung ab.

3.3 Ausdauer-Check

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Ideale Einstiegsvoraussetzungen für die 12-wöchige, spezifische Marathonvorbereitung böte ein gerade erfolgreich absolvierter Halbmarathon. Über die Reife für ein Marathontraining verfügt jedoch auch, wer mehrere Wochen hintereinander ein Pensum von etwa 30 Kilometern an drei Trainingstagen ohne nennenswerte Probleme absolviert. Dazu gehört pro Woche eine längere, in minimalem Tempo gelaufene Einheit über mindestens 90 Minuten.

3.4 Was tun bei körperlichen Einschränkungen?

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Deckte bereits die moderate Steigerung der Laufumfänge körperliche Schwächen auf, so muss das nicht unbedingt das Aus für deine Marathonambitionen bedeuten. Du solltest auf jede Form körperlicher Beschwerden allerdings mit einem Bündel zusätzlicher Maßnahmen reagieren:

3.5 Gibt es eine Altersgrenze für den Marathon?

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Ganz entschieden: Nein! Laufen allgemein und langes, langsames Laufen im Speziellen kennen keine Altersgrenze. Meinen ersten Marathon lief ich im "zarten" Alter von 48 Jahren. Danach verbesserte ich meine persönliche Bestzeit in mehreren Anläufen um fast eine Dreiviertelstunde und dehnte meine Reichweite im Ultrabereich mit 54 Jahren auf über 200 Kilometer aus. Selbstverständlich haben ältere Läufer auf ihre zwischenzeitlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit Rücksicht zu nehmen. Ab welchem Lebensalter lässt sich nicht generell festlegen, ich möchte es jedoch jedem über 50jährigen ans Herz legen. Der Weg zum Marathon wird zeitlich länger und ehrgeizige Zielzeiten sollte man sich verkneifen, wenn schon die Enkel an der Strecke stehen und anfeuern … Ältere Menschen trainieren anders: Insgesamt verringert sich der Anteil schnellerer Läufe im Training und auf Einheiten mit hohen Intensitäten (z.B. Intervalltraining) sollte weitgehend verzichtet werden. Dagegen braucht der Kilometerumfang pro Woche gegenüber ähnlich leistungsfähigen Jüngeren nicht reduziert zu werden.

4. Ohne ausreichende Rahmenbedingungen kein Marathon

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In der Marathonvorbereitung wird die Notwendigkeit ausreichender Rahmenbedingungen am wenigsten bedacht. Wichtige Einflussgrößen verbergen sich hinter den Schlagworten „Geld“, „Unterstützung“ und „Zeit“.

4.1 Geld: Ein Marathonfinish gibt’s nicht zum Nulltarif

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Laufen ist preiswert und es liegt in der Natur dieses Sports, ihn fast jederzeit und überall ausüben zu können. Man braucht weder Mitläufer noch Trainer und keinerlei Infrastruktur. Grundsätzlich gilt das auch für die Vorbereitung auf einen Marathon. Dennoch steigt der materielle und mit ihm der finanzielle Aufwand.

Ausrüstung: Spätestens Marathonläufer in spe verbringen viele Stunden in nicht immer angenehmer Witterung im Freien. Selten kann man sich die Trainingszeit, noch seltener den Trainingstag aussuchen. Da draußen triffst du auf Nässe, Kälte, Wind oder Hitze. Diese Bedingungen erfordern eine Grundausstattung an zweckmäßiger Funktionsbekleidung. Sofern nicht schon vorhanden, wandern dafür die ersten Geldscheine über den Ladentisch. Unentbehrlich für jeden Läufer sind für seine Füße geeignete Laufschuhe. Sicher hast du welche. Aber wie viele Paare und wie alt sind die? In drei Monaten Marathontraining fallen, abhängig von der Zielzeit, zwischen 600 und 1200 Laufkilometer an. Die sollten sich auf mehrere Paar Laufschuhe verteilen. Faustregel hierzu: Für jeden Trainingstag pro Woche sollte ein Paar Laufschuhe im Schrank stehen. Lass es mich ein wenig relativieren: Wer plant, nach dem Marathontraining wieder seinen alten Rhythmus mit weniger Trainingstagen aufzunehmen, kommt auch mit weniger Schuhen aus. Aber zwei, drei Paar Laufschuhe sollten es schon sein.

Ein Pulsmesser ist nicht zwingend erforderlich, erleichtert jedoch die praktische Durchführung des Trainings. Er ermöglicht die bei vielen Einheiten unentbehrliche Kontrolle der Belastung durch das Einhalten von Herzfrequenzbereichen. Unsere Trainingspläne basieren auf dieser Art der Trainingssteuerung. Hierfür genügt jedes Einstiegsmodell mit Stoppuhrfunktion, ganz ohne technischen Schnickschnack.

Startgebühr: Veranstalter von Laufbewerben verlangen ausnahmslos eine Startgebühr. Regionale, weniger aufwändige Marathons sind durchaus auch mal für 20 bis 30 Euro zu „haben“. Einen solchen mag ich dir als Marathondebütant aus folgenden Gründen jedoch nicht empfehlen:

Das Erlebnis „erster Marathon“ ist nicht wiederholbar und wahrscheinlich richtungweisend für deine läuferische Zukunft. Such dir deshalb eine attraktive Veranstaltung aus, bei der du alle oben genannten Vorteile auf deiner Seite hast. Wer es sich leisten kann und mag, steigert den Erlebniswert durch eine Reise. Berlin ist für Marathonis immer eine Reise wert: Ausgezeichnete Organisation, mehr als 40.000 Gleichgesinnte und eine Million Zuschauer entwickeln ein unvergleichliches Flair. Mit Marathonträumen der touristischen Art beschenkten mich Städte wie Rom, Madrid, Florenz, Venedig, Monaco, Wien oder Prag.

4.2 Unterstützung: Wie und wo trainieren?

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Es dauerte bald zwei Jahrzehnte bis ich mir den zuletzt intensiven Traum vom Marathon erfüllte. Über 40 Kilometer auf hartem Asphalt schienen mir ohne irreparable Körperschäden nicht möglich. Ebenso wenig vermochte ich mir vorzustellen, wie man sich auf diese Megadistanz vorbereitet. Dabei hatte ich alle Voraussetzungen in vielen Läuferjahren längst erworben. Drei- bis fünfmal pro Woche trabte ich auf wechselnden Strecken in der Natur, bisweilen länger als zwei Stunden. Ein Gespräch mit marathonbegeisterten Freunden klärte grundsätzliche Fragen. Notwendiges Grundwissen und einen Trainingsplan entnahm ich ihrer Buchempfehlung.

Marathontraining ohne minimale Kenntnis von Systematik und Zusammenhängen mag ich mir nicht vorstellen. Dir sollte wenigstens klar sein, wie man die erreichbare Zielzeit festlegt, welchen Zweck diverse Trainingseinheiten verfolgen und woran man eine grundsätzliche Über- bzw. Unterforderung erkennen kann. Auch hinsichtlich des Verhaltens vor und beim Marathonwettkampf gibt es eine Menge zu wissen. Marathontraining greift massiv in die Lebensführung des Läufers ein. Hinweise zur Optimierung der Regeneration helfen die Auswirkungen auf Körper und Geist besser zu verkraften und damit die Verzahnung des Trainings mit Familien- und Berufsleben zu erleichtern.

Wo findet man Unterstützung? Einen Ort nutzt du gerade, allerdings ist es nicht jedermanns Sache stundenlang am Monitor zu hocken. Dann also Marathonbücher? Erforderliches Wissen und Trainingsvorschläge Büchern zu entnehmen ist eine Methode mit Vor- und Nachteilen. Vorteil: Jederzeit, an jedem Ort in gut verträglichen Dosen verfügbar. Nachteil: Fragen, Zweifel bleiben offen. Weiterer Nachteil: Trainingsformen, die zum Beispiel auf 400, 800 oder 1.000 Meter-Abschnitten basieren, lassen sich in nicht vermessener Umgebung schlecht absolvieren. Man muss sich in diesem Fall durch Abmessen mit dem Fahrradtacho, dem Auto oder teurer Geräte behelfen.

Eine bessere Alternative, nicht nur in dieser Hinsicht, bieten Laufvereine. Dort steht dir eine Laufbahn zur Verfügung und erfahrene Trainer führen dich auf den rechten Trainingsweg. Manchmal werden sogar Marathonkurse für Einsteiger angeboten, in denen man unter Gleichgesinnten das große Ziel anvisiert. Eine dafür eventuell zu entrichtende Gebühr ist gut angelegtes Kapital.

Laufseminare stellen eine weitere Möglichkeit dar, die sich in den letzten Jahren wachsender Beliebtheit erfreut. Urlaub in Form einer Laufwoche zu investieren kann eine reizvolle Abwechslung sein. Allerdings sollte man sich vorab über die Qualität des Kurses bzw. des Trainerteams Gewissheit verschaffen.

Ergänzend zum Training in Vereinen und Seminaren solltest du dich im Internet oder aus Büchern mit Wissen versorgen.

4.3 Zeit: Ohne ausreichend freie Zeit kein Marathon

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Über ein bestimmtes Quantum Zeit musst du frei verfügen können. Wie viel das ist, ergibt sich aus dem Anspruch des Trainingsplans bzw. der angestrebten Zielzeit. Wer diese freie Zeit nicht hat, sollte sich einen Gefallen tun und das Ziel Marathon nicht ansteuern. Verschärft wird die Zeitsituation durch die Trainingsmethodik. Grob umrissen muss man folgende zeitliche Forderungen in seiner beruflichen und familiären Beanspruchung unterbringen:

Oben wurde bewusst die Formulierung „freie Zeit“ und nicht „Freizeit“ gewählt. Dein Arbeitsleben mag dir aus gegenwärtiger Sicht die meisten Hindernisse in den Weg stellen. Den meisten Berufstätigen bleibt nur die Freizeit vor oder nach ihrer Arbeit. Je nach Jahreszeit heißt das im Dunkeln mit Stirnlampe laufen und möglicherweise Mahlzeiten entgegen sonstiger Gewohnheiten verschieben. Das kann die Lebensführung kräftig durcheinander wirbeln.

Aber bilden berufliche Einschränkungen, auf 12-wöchige-Dauer spekuliert, wirklich deine größte Schwierigkeit? Ist für dich „Freizeit“ tatsächlich „freie Zeit“ für Lauftraining? Wie werden Ehefrau, Freundin, Kinder, Eltern, Freunde auf deine ungewohnt häufige und lange Abwesenheit reagieren? Wird das soziale Umfeld deine Pläne unterstützen (= Idealfall) oder wenigstens tolerieren? Es sind durchaus „psycho-soziale Horrorszenarien“ denkbar in denen dein Chef mit Stirnrunzeln auf den in letzter Zeit überpünktlichen Feierabend reagiert und deine Familie mit Nörgeln oder Streit zusätzlich Druck aufbaut. Nur Egomanen und extrem sture Böcke halten in solchem Sturm Kurs. Und sehen wir es realistisch: Du bist kein Berufssportler. Ein Marathonfinish wäre es nicht wert dafür Job oder Familienleben aufs Spiel zu setzen.

Also was tun? Eine ehrliche, zeitliche Bestandsaufnahme sollte dem Entschluss zum Marathontraining voraus gehen. Ein Gespräch mit dem Chef kann dessen Akzeptanz verbessern, dir darüber hinaus einen höheren Stellenwert verschaffen. Ich kenne Läufer, deren Betriebsführung Startgebühren übernimmt und sich offensiv hinter die sportlichen Aktivitäten ihrer Mitarbeiter stellt. Nach Beweggründen braucht man nicht lange suchen. Schließlich sind Ausdauersportler in der Regel gesündere Menschen mit weniger Ausfalltagen …

Auch in der Familie dürfen keine Missverständnisse über den tatsächlich erforderlichen Trainingsaufwand aufkommen. Papa wird jeden Samstag oder Sonntag für Stunden auf seiner Laufstrecke verschwinden und danach regelmäßig zu nichts mehr nütze sein … Die Zeitblockade arbeitender Mütter mag um ein Vielfaches komplizierter zu durchbrechen sein. Das hängt vom Verständnis des Ehemannes ab und wie sehr die Familie noch dem traditionellen Rollenverständnis zwischen Mann und Frau entsprechend lebt.

Jede Bedrängnis, gleich von welcher Seite, führt letztlich zu schludrigem Training. Du wärst versucht zusätzliche lauffreie Tage zu nehmen und Trainingseinheiten zu kürzen. Mit einem drängenden Termin im Nacken, zu wissen, dass man in einer Stunde schon wieder geduscht im Auto sitzen muss, ist unbeschwertes Laufen schwerlich denkbar. In der Summe stellen Anfechtungen dieser Art das Ziel in Frage.

Darum: Wer absehbar über zu wenig freie Zeit verfügt, sollte sich nicht auf das Abenteuer Marathon einlassen, es könnte wahrhaft abenteuerlich enden.

5. Systematisches Training

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Der Planung und Durchführung erfolgreichen Marathontrainings widmen sich die Teile zwei und drei des „Weges zum Marathon“.

6. Gegenseitige Beeinflussung der Voraussetzungen

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Die dargelegten fünf Voraussetzungen für den Marathon beeinflussen sich gegenseitig. Zwei Beispiele, die so oder so ähnlich für viele Läufer zutreffen, sollen das verdeutlichen.

Beispiel 1: „Der überredete Marathoni“

Zwei Kumpels haben ihm den Berlin Marathon schmackhaft gemacht. Er war skeptisch, fühlte sich einer solchen Herausforderung noch nicht gewachsen. Andererseits wollte er die Freunde nicht enttäuschen und willigte ein. Hinsichtlich des inneren Antriebes befindet er sich in keiner guten Ausgangslage. Einer seiner Freunde ist allerdings ein alter Hase und versteht es seine Leistungsfähigkeit richtig einzuschätzen. Er wählt einen passenden Trainingsplan, steht mit Rat und Tat zur Seite und so verlaufen die Trainingswochen recht viel versprechend. Ab und an - vor allem beim wöchentlichen langen Lauf - musste er heftig „beißen“. Marathontraining ist eben kein Zuckerschlecken. Andererseits ist er kein Typ, der schnell klein bei gibt, kann einiges an Härte vertragen. Sein anfängliches Zögern hat er längst vergessen, freut sich wahnsinnig auf den Lauf in Berlin …

Fazit: Anfänglich schlechte Motivation, aufgefangen durch sehr gute Unterstützung, gutes Durchhaltevermögen und methodisch richtiges Vorgehen. Ausgezeichnete Verhältnisse bei drei anderen wichtigen Forderungen vermochten das anfängliche Defizit im Bereich der Motivation auszugleichen.

Beispiel 2: „Mama goes Marathon“

Lisa ist 42, verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von sieben und zehn Jahren. Vormittags arbeitet sie vier Stunden in einem Callcenter. Vor der Geburt der Kinder lief sie regelmäßig, hatte auch Spaß bei diversen Volksläufen bis hin zum Halbmarathon. Die Mutterrolle kostete Kraft, physisch und psychisch. Zusätzlich musste sie den ungeliebten Halbtagsjob annehmen, nicht ihrem Beruf entsprechend, aber die Familie braucht das Geld. Einige Jahre blieb Lisa keine Energie mehr übrig, um sie auf Laufstrecken zu investieren - dachte sie jedenfalls. Vor drei Jahren, in einer Phase großer Niedergeschlagenheit, schnürte sie eines Sonntags aus gar nicht heiterem Himmel ihre alten Laufschuhe. Ein kurzer, aber unglaublich befriedigender Lauf entfachte die alte Leidenschaft neu. Seitdem schafft sie es zwei-, manchmal dreimal pro Woche auf die Laufstrecke. Am Wochenende auch mal länger, wenn ihr Mann sich um Kinder und andere Verpflichtungen kümmern kann.

Lisas Traum vom Marathon ist alt. Schon vor Heirat und Kindern hatte sie mit dieser Strecke geliebäugelt, irgendwelche Hindernisse stellten sich aber immer in den Weg. Mal beanspruchte sie ihre Ausbildung, dann war die kranke Mutter zu pflegen. Schließlich lernte sie ihren Mann kennen und andere Träume drängten den Marathon ins Abseits. Seit sie wieder läuft malt sie sich oft aus, wie es wohl wäre nach 42.195 Metern ins Ziel zu laufen. Nach einem 20-km-Traumlauf an einem regnerischen Sonntag ist sie entschlossen: Ich will das Marathonfinish!

Lisa hat läuferisch einiges auf dem Kasten. Ausdauertalent bescherte ihr vor Jahren Halbmarathonergebnisse im Bereich von 1:40h. Eine Marathonzeit von deutlich unter vier Stunden wäre für Lisa sicher erreichbar, auch wenn sie derzeit der alten Form hinterher hinkt. In zwei, drei Trainingstagen pro Woche geht eben nicht mehr. Dem festen Willen zum Marathonsieg widersetzt sich ihre prekäre zeitliche Situation. Fünf- bzw. sechsmal pro Woche zu trainieren, um ihre Leistungsfähigkeit voll auszuschöpfen, ist für eine berufstätige, verheiratete Mutter pure Illusion. Sie bespricht ihre Pläne mit der Familie, trifft auf Verständnis und die Bereitschaft für die Zeit des Marathontrainings zu unterstützen. Vor allem Max, ihrem Mann, gefällt die Idee. Seit Lisa wieder läuft, „läuft“ es auch in Ehe und Familie besser. Allerdings findet der Familienrat recht schnell des Pudels Kern: Viermal pro Woche Lauftraining ist das Äußerste. Freitag am Spätnachmittag und sonntags, wenn ihr Mann zu Hause ist, kann sie terminlich unbedrängt laufen. Dienstags und mittwochs wird sie den Lauf von Fall zu Fall zeitlich variieren. Meist wird es auf die Abendstunden hinaus laufen. Die Kinder sind dann in der Obhut von Max, das Abendbrot wird sie nachmittags vorbereiten.

Bei realistisch vier Lauftagen pro Woche, wovon der eine oder andere sicher auch mal Unausweichlichkeiten zum Opfer fallen wird, bescheidet sich Lisa mit einer Zielzeit von 4:30h. Einen entsprechenden Trainingsplan findet sie im Marathonbuch, das der Mann einer Freundin ihr ausgeliehen hat. Von ihm kann sie sich auch beraten lassen.

Lisa trainiert seit vier Wochen mit wachsendem Spaß. Besondere Freude bereiten ihr die langen Läufe. Vor allem, wenn, wie letzten Sonntag, ihre Familie auf dem Rad Begleitung und Betreuung übernimmt. Das Projekt „Mama goes Marathon!“ wurde zum Familienunternehmen und so kann Lisa sich auf die Ausdaueranforderungen ihres Trainingsplans konzentrieren.

Fazit: In Teilen schlechte Rahmenbedingungen, werden vom starken Motiv und dem methodisch richtigen Vorgehen mehr als ausgeglichen. Der Verzicht auf eine ehrgeizige Zielzeit stellt das Gleichgewicht zwischen Trainingsaufwand und tatsächlich verfügbarer freier Zeit her.

7. Checkliste der Voraussetzungen

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Motivation

Mentale Härte

Körperliche Voraussetzungen

Ausreichende Rahmenbedingungen

Systematisches Training

 

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