Einen Marathon in Rom zu laufen ...  

... ist ein Traum!

Januar 2004: Für mich brach ein neues Marathonjahr mit neuen Vorsätzen und Zielen an. Erstmals im Ausland sollte er sein und natürlich noch schneller als der Letzte. Ich entschied mich für Rom, obwohl ich die Stadt nicht kannte. All diesen weltberühmten Sehenswürdigkeiten im Lauf zu begegnen - das muss doch ein tolles Gefühl sein! Anders als in München sollte dieser Lauf aber keine Quälerei sein und dies führte zum wichtigsten aller Vorsätze: Abnehmen! Der 12-Wochen-Trainingsplan begann schon am 5. Januar. Mit der Präzision und Verlässlichkeit eines Schweizer Uhrwerkes spule ich eine Trainingseinheit nach der anderen ab. Alle Testläufe verlaufen erfolgreich und lassen mich hoffen, das neue Zeitziel (unter 03:15:00)  an spektakulärer Stätte zu schaffen. Dabei habe ich einen gewaltigen, grimmigen Gegner bei dieser Vorbereitung - Das Wetter! Frost, eisige Winde, Schnee, Schnee und noch mal Schnee und immer wieder Schnee ... Dieser Winter ist einer der härtesten der letzten Jahre. Im Februar schlägt mir "Väterchen Frost" gewaltig auf die Stimmung. Ich hatte alles mögliche erwartet, dass ich vielleicht die schnellen Trainingsintervalle nicht schaffe oder meine Achilles-Sehne, die mich seit Jahren plagt, wieder mal verrückt spielt... Aber DAS nicht: Ich entwickelte richtige Wutanfälle gegen das beständig eisige Schlechtwetter, schreie wie ein Irrer gegen den beißenden Wind ... Manchmal "kotzte" es mich regelrecht an, schon wieder 'raus zu müssen (sorry für den Ausdruck, aber er widerspiegelt meine Gefühle absolut authentisch!)! So gut es auch im übrigen laufen mochte, gegen die Witterung hatte ich gewaltig zu kämpfen. Und dennoch: Ich fühle, dass ich schnell bin. Ich habe gewaltig abgenommen, so 6 bis 8 Kilo. Nie zuvor war ich so schlank.

Und dann Rom! Zunächst ein Hoch auf die Organisation: Von der Anmeldung (on-line ging schief dafür per Fax und Telefon), über die Marathonmesse und das Abholen der Startunterlagen,

 

die Pasta Party, Durchführung, Verpflegung (!!!) - alles sehr gut und superfreundlich vorbereitet. Vorsicht vor der Pasta-Party: Drei verschiedene Nudel- und Gnocchi-Gerichte, dermaßen schmackhaft und reichlich, dass ich viel zu viel aß. Sowas rächt sich ...

Sonntag 28. März 2004 - Endlich ist es soweit. Die letzten Tage hatte ich ziemliches Lampenfieber. Die Sonne scheint aber es ist lausig kalt am frühen Morgen. Viel zu früh (!) passiere ich den Checkpoint am Eingang zum "Startkäfig". Das ist nicht so toll: Da drin biste eingesperrt, frierst bis zum Start und kannst nicht mehr pinkeln gehen. Folglich muss ich beim Startschuss schon wieder und spüre auch meine Beine kaum vor Kälte. Egal: Nach 20 Minuten sind sie warm und ich komme auf Touren, schließe zu den 3:15-Pacemakern auf und genieße den flotten Lauf... Wahnsinn, was da alles an mir vorbei zieht, was ich nur von Bildern kenne: Engelsburg, der Petersdom, die Spanische Treppe, römische Tempel, Fontana di Trevi ... einen Marathon in Rom zu laufen ist ein Traum!

Meine Notdurft verrichte ich hinter einer Mülltonne und es ist mir sowas von egal, ob mich jemand sieht. Tolles Gefühl! Aber leider sind die Pacemaker ein Gutstück weg. Und nun wieder ein taktischer Fehler von mir: Innerhalb weniger Minuten hole ich die laufenden Luftballons wieder ein, vergeude dabei übermäßig Reserven! Doch einstweilen halte ich Anschluss. Dann, so etwa bei Kilometer 30, vor ein paar Minuten lief ich noch lächelnd an meiner Frau vorbei, sticht es mir in den Unterleib. Ein sich schnell verstärkender Unterleibsschmerz zwingt mich unbarmherzig langsamer zu laufen! Spätere Analyse: Zu viel Pizza und Pasta gegessen! Carbo Loading übertrieben! Mist!

Weg sind die Pacemaker und weg ist auch meine Zeit unter 3:15. Deutlich langsamer als zuvor und mit nur langsam abflauenden Krämpfen im Bauch, kämpfe ich mich dem Ziel entgegen. Bei 03:16:35 bleibt für mich die Uhr stehen! Überglücklich hole ich mir die Medaille und mein Finisher-Shirt ab ... einen Marathon in Rom zu laufen ist ein Traum!