Stand: 24. Februar 2023       

 

Muskelkater

1. Ist Muskelkater ein „positiver” Schmerz?

2. Was tun gegen Muskelkater?

3. Muskelkater und Immunsystem - Gibt es einen Zusammenhang?

1. Ist Muskelkater ein „positiver” Schmerz?

Wie kann Schmerz etwas „Positives” sein? - Die Frage scheint unsinnig, aber wie meinte einst Franz Beckenbauer?: „Schau'n mer mal ...” - Sicher hattest du schon einmal einen Muskelkater nach sportlich harter Belastung!? Wie hast du diese Beschwerden seinerzeit bewertet? Was hast du für Empfindungen dabei gehabt? - Über Muskelkater habe ich früher nie nachgedacht. Er war für mich eine vollkommen selbstverständliche Folge, wenn ich es am Vortag beim Fußball, Hallenhockey oder bei der Leichtathletik mal wieder so richtig hatte „krachen lassen” ... Der Schmerz in Beinen oder Armen erinnerte mich an den Sportspaß von gestern und war dadurch allemal mit guten Gefühlen besetzt. Sport ist gut für die Gesundheit. Die Muskelschmerzen erinnerten mich an gehabte sportliche Bewegung. Auf diese Weise empfand ich Muskelkater sogar als gesund ...

Geht es dir womöglich ähnlich? - Dann fällst du demselben Irrtum anheim, den ich beging. Nein, ich bin nicht auf dem Weg dir Muskelkater als etwas Schlimmes darzustellen. Als angehender, fortgeschrittener oder langjähriger Läufer sollte dir allerdings die wahre Natur des Muskelkaters bewusst sein. Es handelt sich um einen Summenschmerz, der durch überlastungsbedingte Zerstörungen in der Muskulatur entsteht (genauer ist es im übernächsten Kapitel beschrieben). Mit anderen Worten: Die Intensität des Körpersignals” Muskelkater beschreibt wie sehr sich der Sportler zuvor übernommen hat. Er hat zu viel, zu hart oder zu kurz nach vorangegangener Belastung trainiert.

Wenn dir das als Mitglied einer Thekenmannschaft beim selten stattfindenden Kick passierte, ist es nicht weiter dramatisch. Der Muskelkater ist ja übermorgen wieder weg und Schäden werden nicht bleiben. Anders ist die Angelegenheit einzustufen, wenn du als Läufer ein Programm oder einen Trainingsplan „abarbeitest”. Die Schmerzen in den Beinen sind in dieser Situation ein unmissverständliches Indiz für einen falschen, einen zu harten Trainingsaufbau. Du wirst infolgedessen am Tag nach der übermäßigen Ausbelastung nur einen regenerativen (60-65% HFmax) Lauf oder einen, möglicherweise sogar zwei Ruhetage einlegen müssen. Das ist von deinem Laufniveau und vom Inhalt der Trainingseinheit, die dich überforderte, abhängig.

Fazit: Mir geht es nicht darum, dem Muskelkater irgendwelche Gesundheitsrisiken oder -folgen anzudichten. Nur sollten ihn kontinuierlich trainierende Läufer als Überlastsignal begreifen und mit Trainingsreduzierung und / oder Ruhetag(-en) reagieren.

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2. Was tun gegen Muskelkater?

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass Massagen der betroffenen Regionen keine lindernde Wirkung ausüben. Dagegen stellen heiße Bäder, Sauna oder Tiefenwärme sehr gute Mittel dar, um die Durchblutung zu fördern und so dem Reparatursystem des Körpers bei seiner Arbeit zu helfen.

Dringend geboten ist eine Trainingsreduzierung. Das kann bedeuten den Trainingsplan insgesamt zu „entschärfen” oder eine zusätzliche Regenerationszeit einzubauen. Die Gestaltung der Zwangspause hängt vom Ausdauerniveau des Läufers ab und von der Trainingseinheit, die den Muskelkater hervorrief. Einsteiger sollten auf jeden Fall so lange Ruhetage einschieben, bis die Beschwerden vollständig abgeklungen sind. Ist der Muskelkater schwach und Folge einer harten Intervall-Trainingseinheit eines ambitionierten Läufers, so genügt am Folgetag vielleicht ein mittellanger regenerativer Lauf, um die Ausheilung zu unterstützen.

Als Faustregel gilt: Verzichte bis zur Ausheilung auf das, was dir den Muskelkater beschert hat ...

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3. Muskelkater und Immunsystem - Gibt es einen Zusammenhang?

Hartnäckig hält sich im geschriebenen wie gesprochenen Wort die Legende von der Übersäuerung der Muskulatur als Ursache für den Muskelkater. Milchsäure (Laktat) ist ein Stoffwechselzwischenprodukt, das bei Muskelarbeit anfällt. Laktat entsteht bei einem chemischen Prozess zur Energiebereitstellung in den Muskelzellen. Es ist eine chemische Reaktion für die kein Sauerstoff benötigt wird. Eine geringe Menge Milchsäure ist jederzeit im Blut nachweisbar, weil diese Art der Energiegewinnung in der Zelle auf sehr niedrigem Niveau immer beteiligt ist. Je stärker die Belastung, umso höher ist die Laktatkonzentration im Blut, weil der Anteil der sauerstofflosen Kraftbereitstellung immer weiter zunimmt. Zugleich ist unser Organismus in der Lage, Milchsäure zu verstoffwechseln und damit den Laktatpegel zu senken. Läufer, die sich im Sauerstoffgleichgewicht bewegen (= aerobes Laufen),  haben einen erhöhten aber konstanten Laktatspiegel. Steigende Belastungen, bei denen nicht ausreichend Sauerstoff zugeführt werden kann (= anaerobes Laufen), treiben den Laktatwert in die Höhe. Schwere, dicke Beine und das Gefühl unrunder, eckiger Bewegungen sind die Folge. Zuletzt geht gar nichts mehr. Die „Fesselung” eines Sportlers durch eine total übersäuerte Muskulatur muss man aber auch als Schutzmechanismus begreifen. Lange bevor der Herzmuskel kollabieren kann, zwingt der überhohe Milchsäurepegel in der Muskulatur zur Ruhepause. Gesunde Menschen können ihr Herz durch sportliche Betätigung daher nicht überlasten (Das trifft nicht zu, wenn eine grippale Infekte oder andere unerkannte organische Erkrankungen vorliegen!).

Am Tag nach solcher Be- oder Überlastung kommt der Muskelkater. Eine Messung der Milchsäure zu diesem Zeitpunkt erbringt jedoch annähernd normale Werte. Es besteht also gar keine Übersäuerung mehr, die für die Schmerzen im Bewegungsapparat verantwortlich sein könnte!

Wenn nicht das Laktat, was macht mir dann die Muskelschmerzen am Tag danach? Muskelkater ist eine schwache Form belastungsbedingter Strukturzerstörungen in der Muskulatur. Dabei muss in zellulären oder gar molekularen Dimensionen gedacht werden. Von feinen Muskelrissen zu sprechen wäre übertrieben. Es handelt sich um mechanisch hervorgerufene Einrisse durch Überlast an den Verankerungsstellen von Muskelfasern. Dabei werden Bruchstücke freigesetzt, die winzige Entzündungen und damit die typischen Muskelschmerzen hervorrufen.

Die Protein-(Eiweiß)-Bruchstücke müssen abgebaut werden und hier betritt das Immunsystem die "Szene". Es identifiziert sie zwar als körpereigen, behandelt sie aber wie eingedrungene Fremdstoffe  und beginnt sie zu neutralisieren. Insoweit leuchtet ein, dass Sportler neben Bewegungsapparat und Kreislauf auch ihr Immunsystem permanent auf Trab halten. Kontinuierliches, aerobes Training fördert das Immunsystem und beugt so der Anfälligkeit für Krankheiten insgesamt vor. Das ist wissenschaftlich gesichert und ich kann es mit meiner Erfahrung bestätigen: So lange ich fortwährend trainiere, kenne ich keine Erkältungskrankheiten. Mein letzter Schnupfen liegt Jahre zurück.

Andererseits gilt es zu beachten, dass nach sehr hartem Training oder Wettkämpfen das körpereigene Schutzsystem für ein bis drei Tage so sehr mit dem Abbau muskulärer Zerfallsprodukte beschäftigt ist, dass eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infekten bestehen kann. Nach brutalem Intervalltraining oder eben auch dem Marathon selbst, ist es daher wichtig, sich vor Auskühlung zu schützen. Oft dauert es elend lange, bis man sich mit einer wärmenden Schale umgeben hat. Endlich im Ziel, denke ich an vieles, nur nicht an die Wärmejacke im Rucksack. Ich lasse mir Zeit, das wunderbare Gefühl des Erfolges auszukosten. Natürlich bin ich auch einfach restlos fertig. Will nur sitzen, trinken, was essen. In Florenz war eine ziemliche Distanz zu überwinden, bis man endlich vor den Bussen mit den Bekleidungssäcken stand ... Also schnellstmöglich zum Bekleidungsdepot und die nassen Laufklamotten loswerden!

Wissenschaftler haben jüngst beobachtet, dass von Kohlenhydraten (KH), die der Läufer während des Marathonlaufes zu sich nimmt, eine positive Wirkung hinsichtlich der Anfälligkeit des Immunsystems nach der Belastung ausgeht. Man spricht von einer „Abschwächung der Stressreaktion” des Immunsystems auf die Strapazen eines Marathons. Dabei ist es unerheblich, ob die KH den Getränken beigemischt, als Energiegel oder in fester Form - etwa Bananen - zugeführt wurden. - Nun aber nicht auf die Idee kommen, während langer Läufe im Marathontraining etwas Ähnliches zu versuchen. Diese Läufe dienen ja dem Zweck, durch die umfassende Ausschöpfung des KH-Haushaltes des Körpers den Fettstoffwechsel zu aktivieren. Esse ich während des Trainings oder habe KH in meinem Sportgetränk, wirke ich dem Trainingserfolg entgegen!


Quelle zum Zusammenhang Muskelkater - Immunsystem:
Dr. Johannes Zeibig, Bad Hofgastein,
Wie belastbar ist unser Immunsystem? in MaxFun.cc Magazin 2005, Österreich Ausgabe

Quelle zur Wirkung der KH-Aufnahme während langer Ausdauerbelastungen auf Immunsystem:
H. Striegel, A.M. Niess,
„Sportgetränke”; in Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Jahrgang 57, Nr. 1 (2006)

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