Der Wettkampf Vom Start weg suche ich mein Tempo, laufe langsamer als sonst, mache mir bewusst, dass ich heute nur den Laufspaß will, nichts sonst. An der ersten Kilometertafel bin ich wie üblich zu schnell. Die Strecke um den See ist wunderschön, da macht es gar nichts, sie mehrmals laufen zu müssen. In der zweiten Seerunde laufe ich dann schon auf die langsameren Teilnehmer des Halbmarathons auf. Von Minute zu Minute wird das Feld der Halbmarathonis dichter und in den engen Gassen der Stadt ist das Vorbeikommen schwierig. Das bleibt so, bis der Läuferstrom die Stadtgrenze und das sich anschließende Gelände des riesigen Golfplatzes passiert hat. Auf freier Strecke ist genügend Platz für Überholmanöver. Eine Weile laufe ich zusammen mit einem anderen Marathoni. Er lotet aus, ob es Sinn macht zusammen zu laufen. Seine Wunschzeit um 3:15 ist mir heute zu schnell und ich erkläre ihm auch warum. Schon nach kurzer Zeit ziehen dicke Quellwolken auf, weht ein leichter Wind über die wellige Landschaft, es wird deutlich kälter. Es macht einfach Spaß durch diese schöne Landschaft zu laufen. An jedem Abzweig sind Streckenposten stationiert, hie und da warten Rotkreuzhelfer auf "Kundschaft", die hoffentlich nicht kommt, Polizisten bewachen die nötigen Straßenabsperrungen und immer wieder Verpflegungsstationen. Ich fühle mich hier gut beschirmt und hervorragend betreut. Schon im Vorfeld konnte ich auf einer Skizze studieren, wie Getränke und Verpflegung auf den Tischen sortiert sein werden: Erst Wasser, dahinter ein isotonisches Getränk, dann Bananen und abschließend nasse Schwämme. Iso-Getränk an jedem (!) Stand. Das hatte ich auch noch nie. Es sind genügend helfende Hände verfügbar, so dass mir die Becher meist sogar übergeben werden. Einfach fantastisch, was die hier aufbieten! Dass es dieselbe Strecke wieder zurück geht, hat auch seinen Reiz, kann ich doch schon bald die ersten entgegen kommenden Halbmarathonläufer studieren. Ich habe mir vorgenommen noch mehr zu trinken als in Wien und nutze an jedem Stand das Iso-Getränk, um der Dehydrierung und dem Verlust von Mineralien vor zu beugen. Der Wendepunkt ist erreicht. Ein kleines Dorffest wird dort zelebriert und sogar eine Gruppe Cheerleader muntert die Läufer auf. Mir geht es super. Der Rückweg kommt mir kurz vor, scheint überhaupt nicht anstrengend. Schon bin ich zum dritten Mal auf der kleinen Seerunde und laufe an der fotografierenden und anfeuernden Ines vorbei (Sie schafft tatsächlich beides). Ca. bei Kilometer 23 passiere ich wieder den malerischen Stadtkern, mit dem Start-/Zielbereich am wunderschönen Rathaus. Aus den Lautsprechern höre ich meinen Namen. So etwas ist ungewohnt und es motiviert, ob ich will oder nicht. Und wieder hinaus aus der Stadt, vorbei am Golfplatz. Mein Unterbauch muckert etwas. Das erinnert mich an Rom, wo mich Unterleibsschmerzen in langsameres Tempo zwangen. Kommt es vom vielen Trinken? Oder vertrage ich das Iso-Getränk nicht? Ich beschließe von jetzt an auf Wasser um zu steigen. Allerdings verhindert das auch nicht den Druck, der sich da unten aufbaut. Ich werde doch nicht etwa … Nein undenkbar, wo soll ich hier auf freier Strecke? Und selbst in den kurzen Waldstücken, wie soll das gehen? Noch zwei Kilometer bis zum Wendepunkt. Langsam wird es kritisch. Das Gefühl kenne ich, weiß, dass ich nun nicht mehr lange durchhalte, ohne mich in die Büsche zu schlagen. Ich hoffe auf den Wendepunkt, eigentlich MÜSSEN dort Mobiltoiletten stehen … Der Wendepunkt, ich höre meinen Namen, liege wohl auf Platz 12, ist mir egal, ich halte Ausschau nach den toi-toi-Häuschen. Dort!! Zwischen einem Haus und einer Scheune. -- Hat es lange gedauert? Zwei Minuten, drei? Ausgerechnet heute Durchfall. Egal. Es ist vorbei. Zurück auf die Strecke, vorbei am Sprecher, den ich mit meinem neuerlichen Auftauchen verwirre. Er unterstellt eine lange Trinkpause. Wenn der wüsste … Weit voraus sehe ich einige Marathonis, die zuvor hinter mir lagen. Ohne die Halbmarathonis ist das Läuferfeld sehr übersichtlich. Ich suche meinen Laufrhythmus neu. Seit einiger Zeit gibt sich auch die Sonne die Ehre und heizt mir nun bis zum Schluss tüchtig ein. Ein Restgrimmen ist da unten noch aber es stört nicht mehr. Zwei, drei Läufer überhole ich in den folgenden 20 Minuten. Vielleicht 5 km vor dem Ziel kann ich etwa 800 Meter Strecke überblicken: Da ist niemand mehr vor mir. Gut so. Das lässt meinem Ehrgeiz keine Chance. Ich kann das Tempo beibehalten und in aller Ruhe den Lauf zu Ende bringen. Merkwürdig. Heute kommen die Kilometermarken wie von selbst entgegen. 28, 30, 33, 35, 37 … und einer lässt sich überhaupt nicht blicken: Der Hammermann. Sicher spüre ich die Kilometer in den Beinen aber es gelingt mir tatsächlich das "Ding" mit Lockerheit zu Ende zu bringen. Ich genieße die letzten Kilometer, mische mich auf der Seerunde unter die Triathleten. Auf den Pflastersteinen der Schlussgeraden jubelt mir Ines zu. Automatisch beschleunige ich für die letzten Meter. Noch ein paar Jungs abklatschen, die mir ihre Hände hinhalten, dann bin ich im Ziel. Das war’s. Eine wunderschöne Nummer Sieben ist nach 3 Stunden und 25 Minuten zu Ende. Im Ziel treffe ich meinen Laufkameraden wieder. Er ist auf der Schlussetappe eingebrochen, wie er sagt und hat in 3:21 abgeschlossen. Dann wieder die üppige Versorgung: Wasser, Iso-Getränk, Apfelschorle, Bananen, Äpfel, leicht gesüßtes Brot, Joghurt und auch Riegel wollen eingenommen werden. Es ist wirklich alles im Überfluss vorhanden …
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